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Knochenerbe

Knochenerbe

Titel: Knochenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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das Wort „schuldig“ hätte sich mir deutlich sichtbar auf die Stirn gebrannt.
     

     
    Gegenüber luden immer noch Polizisten Möbel aus. Als ich sah, wie ein großer Karton mit dem bunten Bild einer Wiege darauf ins Haus getragen wurde, wären mir fast die Tränen gekommen. Aber ich hatte keine Zeit für Selbstkasteiung, ich durfte mich nicht mit dem Gedanken an Arthurs Abkehr geißeln. Zumal dieser Kummer inzwischen einen leicht schalen Geschmack hatte.
    Ehe ich mich auf die Suche nach Janes Papieren machte, musste ich die Unordnung in ihrem Schlafzimmer beseitigen. Ich trug meine Kartons ins Haus, suchte und fand die Kaffeemaschine und setzte Kaffee auf den, den ich am Morgen weggeschleppt hatte, brachte ich wieder zurück. Im Haus war es kühl und so ruhig, dass mich leichte Ermüdung überkam. Um wach zu bleiben, schaltete ich das Radio auf Janes Nachttisch an, das jedoch auf einen Sender mit flotter Dudelmusik eingestellt war. Igitt. Nach einigem Suchen fand ich den öffentlich-rechtlichen Sender und durfte zum Klang von Beethoven Kleidung zusammenlegen. Ehe ich die Kleidungsstücke in Kartons packte, durchsuchte ich jedes einzelne. Immerhin bestand, wenn auch leider nur sehr vage, die Möglichkeit, etwas zu finden, das mir Hinweise auf die näheren Umstände des versteckten Schädels gab. Ich mochte einfach nicht glauben, dass Jane mir ihre Probleme hinterlassen haben sollte, ohne auch nur eine einzige Erklärung dazu abzugeben.
    Hatte sie gedacht, ich würde den Schädel nie finden? Nein. Jane war davon ausgegangen, dass ich ihn früher oder später finden würde. Vielleicht nicht so rasch, aber irgendwann. Wenn es den Einbruch und die Löcher im Garten nicht gegeben hätte (ich durfte nicht vergessen, sie mir anzusehen!), hätte ich Bubba Sewells mysteriöse Anspielungen vielleicht erst gar nicht beachtet und mir keine Gedanken gemacht.
    Plötzlich fiel mir das Sprichwort vom geschenkten Gaul ein, dem man nicht ins Maul schaute. Der Schädel grinste, daran erinnerte ich mich nur allzu deutlich, und bei der Erinnerung an dieses Grinsen konnte ich nicht anders, ich fing an zu lachen.
    Über irgendetwas musste ich einfach lachen.
    Janes Kleidung zusammenzupacken dauerte nicht so lange, wie ich gedacht hatte. Wenn mir etwas davon gefallen hätte, hätte es mir nichts ausgemacht, es zu behalten. Jane war eine sehr bodenständige Frau gewesen, was in gewisser Hinsicht vielleicht auch auf mich zutraf. Aber außer zwei Strickjacken, die so anonym waren, dass ich beim Tragen nicht ständig daran denken würde, dass sie Jane gehört hatten, fand ich nichts, was ich haben wollte. Also wanderten all die Kostüme, Blusen, Mäntel, Schuhe und Röcke, die sich in den Schränken befunden hatten, fein säuberlich verpackt in die Kartons, die ich zur Altkleidersammlung bringen wollte. Mit einer lästigen Ausnahme: ein Morgenmantel, der mir vom Bügel glitt und auf dem Boden landete, wo ich ihn erst entdeckte, als alle Kartons randvoll waren. Ich ließ ihn liegen, wie er gefallen war. Nachdem ich die Kartons im Kofferraum verstaut hatte, beschloss ich, eine Pause einzulegen und mir den Schaden anzusehen, den der Schädelsucher im hinteren Garten angerichtet hatte.
    Das Gärtchen hinter Janes Haus machte einen ebenso schönen und gepflegten Eindruck wie der Vorgarten. Zu beiden Seiten einer Vogeltränke, die inmitten von Schlangenbart stand, waren zwei Betonbänke platziert. Um den Schlangenbart würde man sich bald kümmern müssen, er schien mir etwas zu wild zu wuchern. Die Idee hatte vor mir wohl schon jemand gehabt, denn ein dickes Büschel des Bodendeckers war ausgerissen. Mit Schlangenbart kannte ich mich aus, ich konnte die Beharrlichkeit des unbekannten Gärtners nur bewundern. Aber nein, hier war kein Gärtner am Werk gewesen! Hier handelte es sich wahrscheinlich um eine der „aufgebuddelten“ Stellen, die Torrance Rideout wieder gefüllt hatte. Als ich mich umsah, entdeckte ich noch weitere solche Stellen, sowohl dicht bei einigen Büschen als auch unter beiden Bänken. Mitten auf der Rasenfläche hatte niemand gegraben, was mich erleichterte. Hatte wirklich jemand geglaubt, Jane hätte in ihrem Garten ein Loch gegraben und einen Schädel hineinversenkt? Ich schüttelte den Kopf. Hatte dieser Jemand wirklich gedacht, er könnte nach all der Zeit hier im Garten noch fündig werden?
    Dem Schädelsucher schien es ernst zu sein – ein ernüchternder Gedanke. Verzweifelte Menschen tendierten nicht gerade zu

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