Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knochenerbe

Knochenerbe

Titel: Knochenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
Sanftmut.
    Ich schnüffelte im Garten herum, sah mir die Löcher bei den Büschen an, die den unansehnlichen Schulzaun vor Janes Blicken verborgen hatten, und bekam langsam aber sicher mit, dass sich im Garten der Rideouts etwas regte. Nicht sehr, aber doch so, dass es mir auffiel: Auf dem großen Sonnendeck räkelte sich eine Frau im Liegestuhl und ließ sich die Sonne auf die Haut scheinen. Der halb bekleidete Körper, der sich dort präsentierte, war lang und schlank, tief gebräunt und steckte in einem Bikini, der die Farbe eines Feuerwehrautos hatte. Ein farblich auf den Bikini abgestimmtes Haarband hielt das kinnlange, gebleichte, weißblonde Haar zusammen, und selbst die Fingernägel der Frau erstrahlten feuerwehrrot. Für ein Sonnenbad auf der eigenen Veranda war die Dame des Hauses ziemlich schick zurechtgemacht – vorausgesetzt, es handelte sich um Marcia Rideout.
    „Wie geht’s denn so, neue Nachbarin?“, rief sie, die eine Hand träge in der Luft, in der anderen ein Glas Eistee, das ein schlanker, brauner Arm gerade an ihre Lippen hob. Das war die Bewegung, die ich halb unbewusst registriert hatte.
    „Wunderbar“, log ich selbstverständlich, ganz wie es sich gehörte, „und selbst?“
    „Geht so.“ Ebenso nonchalant, wie sie mich begrüßt hatte, winkte sie mich zu sich. „Kommen Sie doch ein Minütchen rüber. Plaudern wir ein bisschen.“
    Als ich es mir in einem Stuhl neben ihr gemütlich gemacht hatte, streckte sie eine kleine Hand aus und sagte: „Marcia Rideout.“
    „Aurora Teagarden.“ Ich schüttelte ihr die Hand und durfte zusehen, wie leichte Belustigung über ihr Gesicht huschte, um gleich wieder zu verschwinden. Marcia nahm die Sonnenbrille ab und fixierte mich. Ihre Augen waren blau, sie war es auch – oder auf dem besten Wege dorthin. Anscheinend hatte sie gesehen, dass ich ihr auf die Schliche gekommen war, denn sie setzte die Sonnenbrille sofort wieder auf. Ich bemühte mich, nicht in ihr Glas zu sehen, hegte ich doch den Verdacht, dass sich Bourbon und kein Eistee darin befand.
    „Möchten Sie auch etwas trinken?“, erkundigte sie sich.
    „Nein danke“, sagte ich hastig.
    „Sie haben also das Haus geerbt. Wollen Sie hier wohnen?“
    „Ich weiß nicht.“ Ich sah ihren Fingern zu, die am beschlagenen, tropfenden Glas auf und ab fuhren. Sie trank noch einen Schluck.
    „Ich trinke manchmal“, gestand sie offen.
    Dazu fiel mir nichts ein.
    „Aber nur an den Tagen, an denen Torrance nicht heimkommt. Ein- oder zweimal die Woche muss er auswärts nächtigen. An den Tagen, an denen er nicht kommt, trinke ich. Sehr langsam.“
    „Es wird dann wohl recht einsam.“
    Sie nickte. „Das wird es sein. Carey Osland, auf der einen Seite von Ihnen, und Macon Turner, auf der anderen Seite von mir, die beiden sind nicht einsam. Macon schleicht sich in manchen Nächten durch die hinteren Gärten rüber.“
    „Er muss von der altmodischen Sorte sein.“ Es sprach nichts dagegen, dass Macon und Carey die Gesellschaft des jeweils anderen genossen. Macon war geschieden, und Carey wohl auch, nahm ich an. Es sei denn, Mike Osland war tot. Womit ich wieder bei meinem Schädel war, den ich angenehmerweise einen Moment lang vergessen hatte.
    Marcia fand meine Bemerkung witzig. Ich sah ihr beim Lachen zu. Sie zeigte mehr Falten, als ich im ersten Augenblick bemerkt hatte. Rasch setzte ich das Alter, auf das ich sie im Geiste geschätzt hatte, um gute sieben Jahre höher an. Jahre, die man ihrem Körper allerdings nicht ansah.
    „Früher hatte ich dieses Problem nicht“, erklärte Marcia, nachdem sie wieder ernst geworden war. „Früher haben wir das Apartment vermietet.“ Sie wies auf die Garage mit dem Zimmer darüber. „Einmal war es eine Lehrerin von der High School, die mochte ich. Aber sie erhielt eine andere Arbeitsstelle und zog aus. Dann lebte Ben Greer dort, das Ekel, das im Supermarkt an der Fleischtheke arbeitet – kennen Sie den?“
    „Ja. Er ist wirklich ein Ekel.“
    „Bei dem war ich froh, als er umzog. Dann hatten wir einen Maler, Mark Kaplan …“ Sie schien einzunicken, und ich meinte zu sehen, wie sich hinter den dunklen Gläsern ihre Augen schlossen.
    „Was wurde aus ihm?“, fragte ich höflich.
    „Oh. Er war der Einzige, der eines nachts verschwand, ohne die Miete zu bezahlen.“
    „Er ist einfach abgehauen? Ganz ohne Sack und Pack?“ Möglicherweise noch ein Kandidat für den Schädel.
    „Ja. Na ja, er hat ein paar Sachen mitgenommen. Aber den Rest hat

Weitere Kostenlose Bücher