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Knochenfinder

Knochenfinder

Titel: Knochenfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Lahmer
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Ballern, Kickern, Chatten. So etwas in der Richtung. Stattdessen sammelt er Fotos, die auf den Index gehören.«
    Lorenz, der sein Gegenüber schon eine ganze Weile anstarrte, sog hörbar die Luft zwischen den Zähnen ein. »Und was sagt Niklas zu all dem?«
    Winterberg beugte sich vor und stützte seinen Kopf in den Händen ab. »Ich habe noch nicht mit ihm darüber gesprochen. Als ich das gestern Abend entdeckt habe, war er nicht da. Ich war außer mir; das kannst du dir gar nicht vorstellen.« Er sah seinen Kollegen an. »Ich war so wahnsinnig wütend ... Ich glaube, ich hätte ihn verprügelt, wenn ich ihn zwischen die Finger bekommen hätte. Stattdessen habe ich seinen Rechner ausgestöpselt und mitgenommen.« Er wies auf den Tower neben seinem Schreibtisch. »Ich denke, ich werde ihn Hanke geben. Der soll mal schauen, was er alles noch auf der Festplatte findet.«
    »Und was wirst du dann tun?«, fragte Lorenz, der mittlerweile aufgehört hatte, ihn so anzustarren.
    Wahrscheinlich merkte er selbst, in welcher Zwickmühle sie sich gerade befanden, dachte Winterberg. Das, was Niklas trieb, stand höchstwahrscheinlich in direktem Zusammenhang zu ihrem aktuellen Fall. Unter diesen Umständen würde Winterberg nicht weiter die Ermittlungen leiten können.
    Lorenz trank den Kaffee aus und stellte die leere Tasse auf Winterbergs Schreibtisch. »Ich weiß erst mal von nichts. Ich muss ohnehin noch die Besprechung vorbereiten.« Er blickte auf die Uhr und stand auf. »Wir haben gleich halb sieben, dann treffen wir uns alle im Besprechungsraum. Ich denke, wir werden heute einen großen Schritt weiterkommen.«
    Winterberg nickte müde. Hoffentlich würde Lorenz recht behalten!

Kapitel 42
    Er wachte schweißgebadet auf. Sein Hals fühlte sich rau an. Hatte er etwa schlecht geträumt und im Schlaf geschrien?
    Doch an den Traum konnte er sich nicht erinnern. Er spürte nur dieses vage Gefühl von Bedrohung, das er nicht abschütteln konnte. Bilderfetzen zogen blitzschnell vor seinem inneren Auge vorbei und verschwanden, bevor er sie deutlich erinnern und einordnen konnte.
    Er warf einen Blick auf den Wecker: fünf Uhr achtundvierzig; in wenigen Minuten würde er klingeln. Durch den schmalen Spalt zwischen Fenster und Rollo konnte er das Morgengrauen erkennen. So, wie er sich im Moment fühlte, war diese Bezeichnung recht treffend. Morgengrauen: das Grauen vor dem Morgen, der wieder nur aus Aufgaben, Pflichten und Alltagstrott bestand. Und aus Missachtung. Er hatte es so satt! Wann würden die Leute ihn endlich ernst nehmen und ihn so sehen, wie er wirklich war – intelligent und charmant?
    Da war es wieder: das flaue Gefühl im Magen. Heute würde er den Rechner am liebsten ausgeschaltet lassen. Er wollte es nicht sehen, dieses Schmähwort. Gestern hatte er es im Internet entdeckt. »Schnippler« nannten sie ihn! Es war wirklich unglaublich.
    Dennoch setzte er sich an seinen Computer und wartete auf die Internetverbindung. Er wollte unbedingt sehen, was sich in der vergangenen Nacht alles getan hatte. Gestern waren die bedeutenderen Medien endlich auf ihn aufmerksam geworden. Seltsamerweise erschienen die ersten Berichte am frühen Morgen in den Online-Nachrichten von RTL2 und VOX. Offensichtlich waren die Fernsehreporter schneller als die Zeitungsfritzen hier aus der Region. Auf deren Internetseiten waren die ersten Artikel erst mittags erschienen. Das lag sicher auch daran, dass die Internet-Community der Geocacher schneller reagierte als die Journalisten vor Ort. Unter den Cachern hatte man schon ab Dienstag eifrig über die Fingerfunde diskutiert und sich gehörig aufgeregt. Aber nun war hoffentlich allen klar, dass er es ernst meinte.
    Er spürte wieder dieses Gefühl von gestern. Das »große Gefühl«, wie er es nannte. Nach dem ganzen Stress, den er gestern gehabt hatte, war das auch mehr als verdient. Endlich wurde er so beachtet, wie es ihm eigentlich zustand. Schade nur, dass die Leute so etwas nicht von allein bemerkten und immer erst mit der Nase darauf gestoßen werden mussten.
    Er gab wieder seine Suchbegriffe ein. Eine gewisse Vorfreude stellte sich ein; er musste unbedingt sehen, was es Neues gab. Er wollte sich an den Spekulationen und, wenn er ganz ehrlich war, auch an den Schmähungen ergötzen. Dann konnte er das Gefühl des Andersseins richtig auskosten. Genießen.
    Die ersten Links erschienen. Und da war es wieder! Er beugte sich nach vorne, um besser sehen zu können. Starrte auf den Bildschirm und

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