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Knochenfinder

Knochenfinder

Titel: Knochenfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Lahmer
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typische Friseurin vorstellte. Sie war zwar blondiert, aber ihre Frisur sah ziemlich punkig aus: Die Schläfen waren ausrasiert, und im Nacken hing, fast wie ein Schwänzchen, eine schmale Strähne. Aber Tine war auch so, wie er sich eine beste Freundin für Natascha vorstellte: quirlig, fröhlich und ein bisschen verrückt.
    Gemeinsam begaben sie sich zu Nataschas Wohnung. Simon hoffte, dort auf etwas zu stoßen, das ihm helfen könnte, Natascha aufzuspüren.
    »Warum fährst du nicht mit Nataschas Kollegen hierher?«, fragte Tine, während sie die Haustür öffnete.
    Die Tür war nur angelehnt, was offensichtlich öfter passierte. Ansonsten wäre Tine sicher irritiert gewesen, vermutete Simon.
    »Beide müssen diesen verschwundenen Schüler suchen. Sie würden bestimmt ohnehin eine Streife hierher schicken. Und dann kann ich auch selber gucken.«
    Er und Tine gingen die Treppe hoch. Die meisten Stufen knarzten vernehmlich: Sie waren alt und verschlissen, aber sie hatten Charakter. So wie das ganze Haus, in dem Natascha lebt, dachte Simon.
    »Aber warum mit mir?«, wollte Tine wissen. »Wir kennen uns doch gar nicht!«
    »Weil du mich verstehst. Hatte ich zumindest gehofft. Wenn ich mit einem meiner Kollegen hergekommen wäre, hätten wir geklingelt, die Nachbarn befragt und wären dann wieder gefahren. Aber das ist mir zu wenig.«
    Tine hatte den ersten Stock erreicht und stand nun vor Nataschas Wohnungstür.
    »Du hast recht. Ich verstehe dich.« Sie schwieg einen kurzen Moment, dann sah sie ihn an. »Wir haben gestern Abend telefoniert, und es war ein sehr schönes Telefonat. Sie hat mir von dir erzählt.« Sie lächelte. »Und ich glaube, sie würde von uns beiden genau das erwarten, was wir jetzt vorhaben. Und das sage ich nicht, um unser Tun zu rechtfertigen!«
    Neben dem Eingang zu Nataschas Wohnung befand sich noch ein zweiter, und Tine klingelte nun an der Nachbartür.
    Sie war genauso nervös wie Simon; das sah er an der schmalen Strähne in ihrem Nacken, die ständig zitterte. Allerdings konnte Tine ihre Sorge um Natascha besser überspielen als er. Aber sie musste sich auch keine Vorwürfe wegen Nataschas Verschwinden machen. Er jedoch schon.
    Die Tür öffnete sich ein wenig, und eine kleine, weißhaarige Frau spähte durch den Spalt. Sie hustete und stützte sich auf einen weißen Gehstock. Zigarettenrauch zog in das Treppenhaus.
    »Ja, was wollen Sie?« Sie schaute von Tine zu Simon und richtete sich sogleich ein wenig auf.
    Das lag an der Uniform, diesen Effekt kannte er zur Genüge. Als er an sich hinabblickte, sah er Fichtennadeln in seinen Socken und schmutzige Flecken auf beiden Knien. Offensichtlich war auch eine schmutzige und zerschlissene Uniform noch vertrauenerweckend.
    »Guten Tag, Frau Hornbach. Ich bin Tine Wagner, die Freundin von Natascha Krüger. Wir haben uns einmal drüben in ihrer Wohnung kennengelernt. Vielleicht erinnern Sie sich noch. Wir hatten eine Pyjamaparty gemacht und waren wohl ein wenig laut.«
    Frau Hornbach öffnete die Tür weit, streckte ihren Kopf nach vorne und musterte Tine. »Sie sind die junge Frau mit diesen Tigerpfoten an den Füßen, richtig?«
    Tine lächelte höflich. »Ja, genau die. Ich wusste, dass Sie sich noch an mich erinnern!«
    »Na hören Sie mal, junges Fräulein«, erwiderte die Nachbarin empört, »so alt, wie mich mein Gehstock macht, bin ich noch gar nicht!«
    »Ich weiß, Frau Hornbach.«
    Die alte Frau kam weiter ins Treppenhaus und zeigte mit ihrem Gehstock zu Nataschas Wohnung. »Wollen Sie zu Frau Krüger? Die ist nämlich nicht da. Jedenfalls habe ich noch nichts aus ihrer Wohnung gehört. Ist denn was passiert?« Sie sah ängstlich zu Simon.
    Ihm war es momentan lieber, wenn ausschließlich Tine mit der Nachbarin redete. Der Small Talk mit der alten Frau gelang Nataschas Freundin gut, während ihm gerade nur Floskeln aus der Polizeischule einfielen. Außerdem wollte er die Nachbarin nicht unnötig beunruhigen. Und so sagte er bloß: »Nein«, und sah Tine auffordernd an.
    Sie blickte die Nachbarin erneut mit einem gefälligen Lächeln an und zeigte gleichzeitig mit der offenen Hand auf ihn. »Das ist Herr Steinhaus, ein Kollege von Natascha; er hat zufällig ihr Fahrrad gefunden.« Frau Hornbach nickte ihm respektvoll zu, während Tine fortfuhr: »Und jetzt möchten wir gern sichergehen, dass Natascha nichts passiert ist. Nicht, dass sie jetzt in ihrer Wohnung liegt und wir uns hinterher vorwerfen müssen, uns zu spät um sie gekümmert

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