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Knochenfinder

Knochenfinder

Titel: Knochenfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Lahmer
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Schimmer, was ihr passiert war. Aber es hing bestimmt irgendwie mit dem Vermisstenfall zusammen. Und deshalb mussten sie sich jetzt, verdammt noch mal, beeilen, endlich vorwärtszukommen!
    Winterberg fuhr in Richtung Wache und fühlte, dass er noch einen langen Tag vor sich haben würde.

Kapitel 50
    Simon lief wie ferngesteuert durch den Wald. Verzweifelt suchte er nach Natascha und hoffte, zumindest Hinweise auf ihren Verbleib zu entdecken. Dichtes Gestrüpp erschwerte das Durchkommen, Himbeersträucher und wilde Rosen wucherten dicht nebeneinander. Immer wieder blieb er mit seiner Hose an Dornen hängen, die kleine Löcher in den Stoff rissen. Doch je weiter er in den Wald hineinkam, desto lichter wurde es am Boden. Nach einiger Zeit konnte er sogar zwischen den Stämmen der Fichten hindurchschauen. Alles wirkte dunkel und nackt: In Reih und Glied waren die Bäume angeordnet, alle Stämme standen in einem Abstand von zwei Metern voneinander entfernt. Das war Monokultur in Reinform.
    Er bückte sich, um seine Augen vor den Ästen zu schützen, während er durch die Baumreihen ging. Irgendwo weiter vor ihm knackte es, dann kam ein Geräusch von der rechten Seite: dumpf, als sei ein Stein auf den weichen Waldboden gefallen. Simon schalt sich einen schreckhaften Idioten. Die Anspannung machte ihn überempfänglich für die Geräusche des Waldes. Er schlich in gebückter Haltung weiter, blickte nach links und nach rechts, zwischen den Baumstämmen hindurch. Herabgefallene Nadeln hingen in seinen Socken und piksten in die Füße. Er versuchte erst gar nicht, die Fichtennadeln zu entfernen, es kämen ja doch immer wieder neue hinzu.
    Simon dachte, dass er Pfadfinder hätte werden sollen. Dann wäre er vielleicht in der Lage, natürliche Spuren zu finden, und wüsste, ob abgeknickte Äste oder Veränderungen am Waldboden auf einen Kampf oder die gewaltsame Verschleppung einer Person hindeuteten. So aber sah er zwischen all den Bäumen nur das Offensichtliche – und das war Müll.
    Er bückte sich und hob ein orangefarbenes Stück Plastik auf. Es sah aus wie der Schraubverschluss einer Flasche. Angetrockneter Schlamm und etwas Grünes, wahrscheinlich Moos, hingen im Schraubgewinde. Am liebsten hätte er den Deckel weit von sich geschleudert, irgendwohin, wo er ihn nicht mehr sehen musste. Aber ein letzter Rest ökologischen Gewissens hinderte ihn daran, und er steckte das Stück in seine Hosentasche. Dort befand es sich bald in guter Gesellschaft mit den Resten einer alten Bierdose und einem angerosteten USB-Stick. Diese Dinge hatten offensichtlich nichts mit Nataschas Verschwinden zu tun. Es hatte ja doch alles keinen Zweck, dachte Simon, drehte sich um und ging zum Grillplatz zurück, vorbei an all den Fichtenstämmen und Wildrosenbüschen.
    Grübelnd stand Simon auf dem Schotterplatz neben dem Streifenwagen und warf einen Stein gegen die Metallplatte des Grills. Das Blech schepperte, und für einen kurzen Moment schienen die Geräusche um ihn herum zu verstummen. Doch nach einer Schrecksekunde setzten das Keckern der Vögel und Zirpen der Grillen wieder ein.
    Er fühlte sich gleichzeitig hilflos und schrecklich wütend. Nachdem er und sein Kollege auf das Fahrrad gestoßen waren, hatten sie sofort in der Zentrale angerufen. Von dort aus wurde die Suche organisiert; und als Erstes hatte man die Hundestaffeln des Deutschen Roten Kreuzes und des Arbeiter-Samariter-Bunds angefordert. Doch bis sie hier eintrafen, würde wohl noch eine Weile vergehen.
    Vielleicht lag sie ja verletzt in einem Gebüsch und brauchte inzwischen dringend Hilfe. ›Simon, du bist ein Arsch‹, beschimpfte er sich in Gedanken. Wenn er gestern Abend doch einfach mit Natascha hier hochgefahren wäre, statt mit José in der Kneipe abzuhängen und Dartpfeile zu werfen. Wie konnte er nur so blöd gewesen sein, sie allein hier hochfahren zu lassen?!
    Und wenn er schon nicht hatte mitfahren wollen, hätte er sie wenigstens davon abbringen müssen, allein hierher zu fahren. Aber stattdessen hatte er einfach geglaubt, dass einer Polizistin nichts passieren würde. Was für ein Schwachsinn! Natascha war klein und zierlich, und wenn ein Verbrecher von durchschnittlicher Körperkraft sie überwältigen wollte, würde ihm das bestimmt gelingen. Egal, wie stark und selbstbewusst sie ihm gegenübertreten würde.
    Er trat mit der Fußspitze gegen einen der unzähligen Kiesel vor sich und beförderte ihn im hohen Bogen ins Gebüsch am Rand des Parkplatzes. Dann

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