Knochenfinder
Natascha gab, und fragte sich, woher er sie hatte. Kannten die beiden einander doch näher, so wie Schmitz sagte?
Ihm entging auch nicht, dass ein gutes Dutzend Schaulustige mittlerweile aufgetaucht war und das Treiben auf dem Schotterparkplatz neugierig beobachtete. Die vielen Autos, die in den Wald gefahren waren, hatten offenbar das Interesse der Spaziergänger geweckt. Zum Glück hatte einer der Polizisten so viel Geistesgegenwart besessen, den gesamten Platz rund um die Grillhütte abzusperren.
Ein kleines Mädchen mit blauer Reithose machte Anstalten, unter dem rot-weiß gestreiften Band hindurchzukriechen. Ihre Mutter zog sie zurück, aber das Kind versuchte es immer wieder. Endlich nahm die Frau ihre Tochter bei der Hand und zog sie mit sich weg. Für sie gab es wohl doch nicht so viel zu sehen wie erhofft, dachte Winterberg.
Steinhaus kam auf ihn zu und schürzte die Lippen. »Vorhin kam ein Cacher mit Hund vorbei, es war einer von dieser Cacherwacht«, berichtete er. »Der hat mir erzählt, dass der Bonuscache bis vor Kurzem an einer ganz anderen Stelle gelegen hatte, nämlich dahinten.« Er zeigte in ein Waldstück hinein, das sich rechts von ihm befand. »Da ist auch ein ausgehöhlter Baumstumpf. Das ursprünglich kleine Versteck ist von irgendjemandem beschädigt worden. Als hätte er es größer machen wollen. Wahrscheinlich hat der Owner den Cache deshalb an die Stelle verlegt, an der wir ihn ja dann auch gefunden haben.«
»Aha. Und seit wann liegt der Cache an der neuen Stelle?«, fragte Winterberg.
»Tja, genau das finde ich ein bisschen komisch.« Steinhaus sah ihn ein wenig hilflos an. »Man konnte die Finalkoordinaten nur durch eine mathematische Formel ermitteln. Den neuen Standort des Caches hätte man folglich nur herausfinden können, wenn auch die Formel verändert worden wäre. Aber als ich heute Morgen vorsichtshalber noch einmal nach der Cachebeschreibung geguckt habe, war da keine Änderung eingetragen. Das war genau dieselbe Formel wie noch Anfang des Jahres, als der Cache das erste Mal versteckt worden war.«
Winterberg sah ihn irritiert an. Er hatte das Gefühl, dass die Erklärungen seines Kollegen auf etwas Wichtiges hinwiesen; doch er vermochte nicht recht zu erkennen, um was es sich dabei handeln könnte.
Steinhaus blickte ihn nachdenklich an. »Winterberg, woher kanntet ihr eigentlich die Koordinaten des Bonuscaches?«
Kapitel 54
Er gähnte so lange, bis es im Kiefergelenk knackte. In der Nacht hatte er schlecht geschlafen und war mehrmals aufgewacht, weil er etwas Komisches geträumt hatte. Die Polizistin war in seinen Träumen vorgekommen, und das schien ihm ein schlechtes Zeichen zu sein. Durch Träume drückte sich das Unbewusste aus, und seines hatte sich offensichtlich intensiv mit diesem hilflosen Persönchen beschäftigt.
Wenn er über die Situation gestern Abend nachdachte, war er ein wenig enttäuscht. Die Polizistin war erstaunlich leicht zu überwältigen gewesen; er hätte sich das niemals so einfach vorgestellt. Gab es denn heutzutage bei der Polizei kein vernünftiges Kampf- oder Selbstverteidigungstraining mehr?
Nicht, dass die Überwältigung eines Polizisten Teil seines Planes gewesen wäre. Das hatte er ganz gewiss nicht beabsichtigt. Zwar hatte er der Polizei eine bestimmte Rolle zugewiesen, aber erst für das Finale.
Er ging zur Kaffeemaschine und bereitete sich einen Milchkaffee zu. Während die Maschine brummte und das heiße Getränk in seine Tasse plätscherte, dachte er noch einmal über das Geschehen gestern Abend nach.
Wie lange sie ihn wohl beobachtet hatte? Und hatte sie die Zeichen verstanden? Er war sich dessen nicht sicher, deshalb sollte er sie befragen.
Er nahm seine Tasse vom Gitter der Maschine und betrachtete den Milchschaum. Leider war er wieder einmal nicht perfekt; man erkannte noch, wo die Düsen den Kaffee in die aufgeschäumte Milch gegossen hatten.
Die Gefangennahme der Polizistin hatte seinen ohnehin schon abgeänderten Zeitplan völlig durcheinandergeworfen. Bereits gestern Abend hatte er damit begonnen, sich im Internet über sie zu informieren. Dabei hatte er erstaunlich viel herausgefunden. Sie war in einem Forum für Katzenliebhaber angemeldet und hatte dort gelegentlich von ihrem Kater geschrieben. Fritz hieß er. Seltsamer Name für ein Tier.
Das Problem mit dem Finale ließ sich noch lösen; wenn er heute Abend erneut zu seinem Baumstumpf fuhr, könnte er ihn weiter aushöhlen. Allerdings kamen ihm langsam
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