Knochenfinder
Zweifel, ob das mit dem Finale überhaupt alles richtig war.
Zuerst war ihm die Stelle perfekt erschienen. Anfangs für den kleinen Cache, der allen als ganz gewöhnlicher Cache erschienen war. Aber da wusste ja auch noch niemand, dass dies bereits Teil seines großen Planes war, den er sich schon vor geraumer Zeit sorgfältig ausgedacht hatte.
Das Aushöhlen des Baumstumpfes war bis zu einer gewissen Größe auch gar nicht so kompliziert gewesen. Um das Loch im Stumpf zu verbergen, hatte er ein Brett für diesen Zweck präpariert. Zuerst hatte er es an die Öffnung angepasst und mit Moos überklebt, sodass es den Hohlraum im Stumpf verdeckte wie eine hübsche, farblich gut abgestimmte Plombe das Loch in einem Zahn.
Doch die Verbreiterung des Loches für die größere Dose hatte sich als nicht so einfach erwiesen. Es war einfach zu riskant geworden, genau an dieser Stelle unbeobachtet zu arbeiten. Da waren zum einen die Streifenwagen, die dort immer wieder vorbeifuhren, und zum anderen lockte der abgesperrte Bereich immer wieder Neugierige an.
Aber er hatte keine andere Wahl. Wenn das Vorhaben gelingen sollte, dann musste er es genau so ausführen, wie er es geplant hatte.
Doch die Geschichte mit der Polizistin hatte alles durcheinandergebracht. Jetzt würde er für die Bearbeitung des Baumstumpfs noch mindestens einen Abend benötigen.
Die passende Dose lag schon seit Anfang des Jahres auf seinem Küchenschrank, als der Plan in ihm gereift war. Zuerst hatte er nur die vage Idee gehabt, dass er eigentlich etwas unternehmen sollte, um diese elenden Neu-Cacher endlich loszuwerden. Sie machten alles kaputt!
Dann hatte er im Internet gezielt in verschiedenen Foren gestöbert und schnell herausgefunden, wie er das am besten machen konnte – indem er Leichenteile in die Geocachingdosen legte. Das war nach einhelliger Meinung aller Cacher das Schlimmste, was sie finden könnten. Und wenn ihm das gelänge, dann würden sie so geschockt sein, dass sie ein für alle Mal mit dem Cachen aufhörten. Zumindest diese Neulinge. Es sollte wieder so schön sein wie früher, als alles noch wirklich geheim und im Kleinen stattgefunden hatte.
Eine Weile hatte er noch über Alternativen nachgedacht: Er hatte zum Beispiel überlegt, ob er den Server lahmlegen oder alle Cachedaten löschen sollte. Aber auf diese Weise hätte er all diese Dummköpfe noch lange nicht am Cachen gehindert. Und auch sich selbst würde er damit den Spaß nehmen. Denn es war klar, dass er später, wenn sich die Anzahl der Cacher erst einmal drastisch verringert hatte und sie wieder einen privaten Kreis bildeten, weitermachen wollte. Und es war ebenso klar, dass ihm viele der Alt-Cacher für seine Tat sehr dankbar sein würden, denn in ihren Augen wäre er der Retter des Geocachings. Es war ihm sogar egal, wenn niemand seinen Realnamen erführe; es genügte ihm, dass er unter seinem Cachernamen berühmt würde.
Und so hatte er sich schlussendlich für die Leichenteile entschieden. Allerdings war ihm noch eine kleine Änderung dieser Lösung in den Sinn gekommen, die ihm wesentlich mehr Unterhaltung versprach. Und so hatte er nicht Leichenteile in die Dosen gelegt, sondern die Finger eines lebenden Menschen. Es war allerdings recht schwer gewesen, überhaupt ein geeignetes Opfer zu finden. Seine Fahrten nach Dortmund und Frankfurt zum Straßenstrich waren erfolglos geblieben, weil ihm die Nutten und Stricher zu misstrauisch erschienen, um sich von ihm überrumpeln zu lassen.
Er brauchte jemanden, der leichter zu überwältigen war. Und da hatte ihm der Zufall diesen rothaarigen Teenager zugespielt.
Doch jetzt musste er noch einmal über die Gestaltung des Finales nachdenken. Sein Blick fiel erneut auf die große Dose auf dem Schrank. Ein Fußball passte da locker rein, dachte er, und somit müsste er den fürs Finale vorgesehenen Körperteil eigentlich problemlos darin unterbringen können.
Er lächelte und nahm einen großen Schluck Milchkaffee. Als er den weichen Schaum auf der Oberlippe spürte, leckte er ihn langsam ab.
Und plötzlich wusste er, was er mit der Polizistin in seiner Höhle machen sollte.
Kapitel 55
Natascha fror. Zitternd war sie gerade wach geworden. Sie blinzelte, um wieder klar sehen zu können, und spürte, dass ihr Kopf schmerzte. Wahrscheinlich hatte sie eine Gehirnerschütterung von dem Schlag auf den Hinterkopf. Kein Wunder, dass sie sich so matt fühlte.
Sie konzentrierte ihren Blick, aber es war noch genauso dunkel wie
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