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Knochenfinder

Knochenfinder

Titel: Knochenfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Lahmer
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bizarren Tagträumen. Tine würde sie schon ablenken.
    »Hi, Tascha, schön, dass du anrufst!«, meldete sich ihre Freundin. »Wie geht es dir? Ich hab heute schon an dich gedacht und wollte mich ohnehin bei dir melden.« Tine klang fröhlich und aufgekratzt.
    Natascha überlegte kurz: Hatte Tine sich heute nicht mit ihrem neuen Schwarm Viktor getroffen? Offensichtlich war es bei den beiden gut gelaufen – besser jedenfalls, als Tine es sich vorher ausgemalt hatte. »Wie war dein Date mit Viktor?«
    »Ach, Tascha!« Tines Stimme überschlug sich fast vor Überschwang. »Viktor ist so süß! Wir waren in der Oberstadt essen. Da gibt es einen neuen Mexikaner, kennst du den schon? Viktor war so nett und höflich. Er hat alles bezahlt; er wurde sogar fast sauer, als ich die Getränke übernehmen wollte.«
    »Ah, ein wahrer Gentleman!«
    Tine seufzte laut in den Hörer. »Ja! Ich wollte ihn hinterher erst noch auf einen Kaffee zu mir einladen, aber ich dachte mir dann, dass ich vielleicht lieber damit warte. Sonst denkt er möglicherweise, ich sei leicht zu haben. Und das will ich ja nun auch wieder nicht. Er soll ruhig ein bisschen zappeln. Oder war das unklug, was meinst du?«
    »Bei einem wahren Gentleman wärst du damit wahrscheinlich gleich unten durch gewesen. Aber ich kenne Viktor ja nicht. Vielleicht hättest du ihn mit deiner Spontaneität auch beeindrucken können.«
    »Ach, hör auf! Ich meine, wenn er wirklich an mir interessiert ist, dann kann er auch noch ein bisschen warten, oder? Ach, Tascha, ich bin total happy; das fängt so gut an! Und diesmal werde ich bestimmt nichts übereilen!«
    Tines letzte Beziehung war sehr kompliziert gewesen. Nataschas erstes Aufeinandertreffen mit der alkoholisierten und schimpfenden Tine war sehr bezeichnend für das Chaos gewesen, in dem ihre Freundin damals gesteckt hatte. Die Trennung von Rafael war schmerzhaft und langwierig gewesen, aber offensichtlich hatte Tine wieder genug Selbstvertrauen gewonnen, um eine neue Beziehung einzugehen. Das war schön, zumal die Zeit nach der Trennung auch für sie als enge Freundin sehr nervenaufreibend gewesen war.
    »Ich hatte gestern auch so etwas wie ein Date.«
    »Waas? Wer?«
    Natascha konnte förmlich sehen, wie Tine euphorisiert aus dem Sessel aufgesprungen war, in dem sie stets zu telefonieren pflegte, und den Hörer fest umklammert hielt. Jedenfalls klang sie so.
    Natascha fuhr langsam durch Fritz’ Fell und lächelte in sich hinein, während sie antwortete: »Mit einem Arbeitskollegen. Ich hab dir schon mal von ihm erzählt ... Simon, der von der Weihnachtsfeier.«
    »Ach – der! Mit dem du dann nach der offiziellen Feier noch eine Kneipentour gemacht hast?«
    Natascha lachte. »Ja, der. Wir sind damals aber nicht allein unterwegs gewesen, immerhin waren noch drei andere Kollegen dabei. Es war also eine echte Kneipentour und nicht das, was du dir vielleicht darunter vorstellst.«
    Auch Tine lachte. »Und? Habt ihr gestern dann den inoffiziellen Teil nachgeholt, oder was?«
    »Quatsch. Wir waren wandern. Auf dem Kindelsberg.«
    Tine schwieg ein paar Sekunden lang und ließ dann ein lang gezogenes »Waandeern?« hören. So, wie Tine es sagte, klang es unglaublich öde und schrecklich altmodisch.
    »Na ja, nicht nur. Wir haben Geocaching gemacht.«
    »Mehr nicht?«
    Natascha seufzte. »Doch. Wir haben ein bisschen geknutscht.«
    »Jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!« Tine war empört und gleichzeitig wahnsinnig neugierig.
    Natascha grinste und kraulte Fritz das weiche Fell. Sie genoss das kleine Spielchen mit ihrer Freundin. Natürlich würde sie ihr alles erzählen, und Tine wusste das auch. Aber es gehörte irgendwie dazu, es ein bisschen spannender zu machen.
    »Mehr ist nicht passiert«, sagte sie schließlich. »Es fing plötzlich an zu schütten, und dann sind wir zum Auto gerannt. Simon hat mich nach Hause gefahren – und sonst ist nichts gelaufen. Wir wollen das aber noch nachholen: das Geocaching, meine ich.«
    Sie konnte förmlich hören, wie Tine am anderen Ende der Verbindung breit grinste. »Ja, ja, das Geocaching.«
    »Sag ich doch! Aber jetzt erzähl mir noch ein bisschen, was du in den letzten Tagen gemacht hast. Wir haben bei der Arbeit derzeit wahnsinnigen Stress, und ich brauche ein bisschen Ablenkung.«
    »Willst du drüber reden?«, fragte Tine, obwohl sie die Antwort kannte.
    »Nein, weißt du doch. Aber ich höre dir gern ein wenig zu.«
    Auch dieser Dialog war Teil eines Spiels, das

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