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Knochenfinder

Knochenfinder

Titel: Knochenfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Lahmer
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Niklas?«
    Aber ihr Ältester schüttelte den Kopf und widmete sich weiterhin den Salatblättern.
    Winterberg warf Ute einen auffordernden Blick zu, die daraufhin die Stirn krauszog.
    »Niklas, weißt du etwas darüber?«, hakte sie nach und fixierte ihren Sohn.
    Niklas sah sie an, als hätte er jemanden vor sich, der für seine Begriffsstutzigkeit bekannt war. Er hob in einer entschuldigenden Geste die Arme. »Woher soll ich das wissen? Ich hatte mit dem roten René nie was zu tun.« Dann wandte er sich an seinen Vater. »Frag doch mal in seiner Stufe nach; die können dir bestimmt mehr erzählen.«
    »Wir haben schon zwei Jungs ausfindig gemacht, die bei den Gewaltvideos mitmachen. Kollegen sind bereits unterwegs, um sie zu Hause auszuquetschen. Ist dieses Spiel in euren Stufen und Klassen kein Thema?«
    Fabian schob den Teller von sich und schenkte sich Wasser ein. »Nö, davon hab ich noch nichts gehört. Vielleicht ist das eher so ’n Oberstufending?« Er sah fragend zu seinem Bruder.
    Doch Niklas schüttelte nur verächtlich den Kopf. Die schwarzen Haare klebten an seinem Kopf und glänzten. Winterberg fragte sich, mit welchem Schönheitsideal er damit wohl brechen wollte.
    »Das ist doch illegal!«, betonte Niklas. »Das würden wir nie machen.«
    »Sicher?«, hakte Winterberg energisch nach.
    Endlich sah sein Sohn ihn an. »Nee, ganz bestimmt nicht!«
    »Dann ist ja gut«, meinte Winterberg und kratzte die letzten Hackfleischklümpchen auf seinem Teller zusammen und aß sie auf. »Danke, Ute. Das hat gutgetan.« Er faltete die Hände auf seinem Bauch, lehnte sich nach hinten und schloss die Augen.
    Die beiden Jungs standen auf, wobei sie ihre Stühle laut über den Parkettboden schoben, und gingen in ihre Zimmer. Ute räumte das Geschirr ab.
    Winterberg hörte anschließend, wie seine Frau in der Küche die Spülmaschine einräumte und Wasser in das Spülbecken laufen ließ. Das Geräusch des fließenden Wassers erinnerte ihn an den Besuch bei den Staudts – als Natascha für Renés Eltern etwas zu trinken holte. Kaltes, klares Wasser für eine Mutter, die voller Verzweiflung um ihr einziges Kind bangte.
    »Ach, verdammt!« Winterberg stand auf und ging in die Küche. »Ich fahre noch einmal zurück zur Dienststelle. Die Suche nach dem Jugendlichen lässt mir einfach keine Ruhe. Irgendwie habe ich gehofft, Fabian und Niklas würden mir weiterhelfen können, aber die beiden wissen ja auch von nichts. Schade eigentlich, denn das hätte unsere Arbeit enorm erleichtert.«
    »Niklas geht gleich noch zu einer kleinen Party vom Französischkurs«, teilte Ute ihm mit. »Vielleicht ist er doch neugierig geworden und spricht das Thema nachher bei seinen Klassenkameraden an. Und ich mache es mir einfach mit einem Krimi gemütlich.«
    Ute stand am Spülbecken, die schmutzige Auflaufform in der Hand und ein blau-weiß kariertes Geschirrtuch über der Schulter. Es war eines jener alten Stücke, die sie beide zu ihrer Verlobung geschenkt bekommen hatten. Als die Zukunft noch aufregend und unbekannt für sie war und sie davon träumten, Kinder zu haben. Jetzt waren sie viele Jahre weiter und kannten nicht nur die Freuden, die Kinder mit sich brachten, sondern auch die Leiden.
    Ute spitzte ihre Lippen zu einem angedeuteten Kuss. »Geh nur. Ich weiß doch, dass du erst wieder zur Ruhe kommst, wenn ihr den Jungen findet. Und du hast recht. Das, was Renés Eltern gerade erleben, sollte niemand durchmachen müssen. Hilf ihnen.«
    Dann begann sie, die Auflaufform abzubürsten, als hätten sie nicht gerade über das existenzielle Leid eines anderen Elternpaares gesprochen. Für ihren manchmal so erschreckend nüchternen Umgang mit den Dramen, denen er bei seiner Arbeit begegnete, war er ihr unglaublich dankbar. Und dafür liebte er sie.

Kapitel 37
    Fritz lag in Nataschas Bett und ließ sich ausgiebig von ihr kraulen. Ab und zu griff er mit den Vorderpfoten nach ihrer Hand und fuhr die Krallen aus, was ihm jedes Mal Schelte von Natascha einbrachte. Irgendwann würde er es doch wohl lernen, sich anständig zu benehmen, hoffte sie.
    Natascha ergriff das Telefon und suchte Tines Nummer im Speicher. Nach den intensiven Zeugenbefragungen und dem mahnenden Bild von René hatte sie nun, allein zu Hause, das Gefühl, in ein tiefes Loch zu fallen. Sie musste dringend etwas unternehmen, um auf andere Gedanken zu kommen und die Anspannung abzubauen. In ihrem Kopf tauchten immer wieder Eindrücke vom heutigen Tag auf und vermischten sich zu

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