Knochenfunde
Kopfhörer wieder auf, drehte an einem der Knöpfe an der Schalttafel vor ihr.
»Das ist besser.« Einen Moment lang lauschte sie. »Irgendwas über eine Schlucht. Sie brauchen eine eindeutige Mehrheit, weil es sehr riskant ist… Was ist riskant, verdammt? Jetzt redet schon drüber!«
Sie richtete das Gerät auf einen anderen Teil des Gebäudes. »Tarrant, der britische Medientycoon. Er redet über Geld und die Auswirkungen auf die Weltbank. Er ist sich nicht sicher, wie sie die Rückzah-lung der Kredite regeln sollen, falls das Regime stürzt.«
»Welches Regime?«
»Schsch.« Sie hielt eine Hand hoch und lauschte angestrengt.
Plötzlich erstarrte sie. »O mein Gott.«
»Eve?«
Sie schüttelte den Kopf. Himmel, sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. Sie sollte endlich aufhören zu zittern. Ihre Arbeit tun.
Sicherstellen, dass alles aufgenommen wurde. Sie warf einen Blick auf die Schalttafel. Ja, es klappte.
Joe runzelte die Stirn. »Du bist ja leichenblass. Was zum Teufel –
« Er beobachtete sie schweigend.
Erst zehn Minuten später nahm sie den Kopfhörer ab. »Es geht
um den Drei-Schluchten-Damm in China. Erinnerst du dich an die Sondersendung auf PBS, die wir letztes Jahr gesehen haben? Da ging es um den Bau des Staudamms am Jangtse.«
»Ja. Das größte Projekt seit dem Bau der Chinesischen Mauer. Er soll achtzehntausend Megawatt Strom produzieren und Überflutun-gen verhindern.«
Sie nickte. »Im Lauf der letzten hundert Jahre sind dreihundert-tausend Menschen bei Überschwemmungen am Jangtse ums Leben
gekommen.« Sie holte tief Luft. »Sie haben es auf den Damm abgesehen. Die Sache muss bald über die Bühne gehen, und zwar noch vor Vollendung der ersten Baustufe. Im Moment herrscht noch rela-tiv viel Chaos, sodass es ein Leichtes wäre, den Bau zu sabotieren.
Aber die chinesische Regierung hat die Zügel angezogen und angekündigt, dass die Sicherheitsvorkehrungen verschärft werden sollen.«
»Sabotage?«
Sie nickte. »Es muss vor dem dritten November passieren, weil dann die strengeren Sicherheitsmaßnahmen in Kraft treten. Deswegen war es so wichtig, dass die Versammlung vor dem Neunund-
zwanzigsten stattfand. Auch so bleiben ihnen nur wenige Tage zum Handeln. Wenn sich keine eindeutige Mehrheit für die Durchführung des Plans entscheidet, sodass sie bald zuschlagen können, müssen sie warten, bis der Damm fertig ist, und dann wird die Sache komplizierter.« Sie befeuchtete ihre Lippen. »Kannst du dir das Ausmaß an Verwüstung vorstellen…«
»Nur zu gut. Warum wollen sie den Damm zerstören?«
»Die von dem Staudamm produzierte Energie würde Chinas
Wirtschaft einen enormen Aufschwung bescheren. Unter dem derzeitigen Regime geht die wirtschaftliche Entwicklung zu schnell, und der Cabal hat Probleme, die Kontrolle darüber zu gewinnen.« Ihre Mundwinkel zuckten. »Kontrolle ist offenbar das, worum sich beim Cabal alles dreht.«
»Und wenn der Staudamm nicht gebaut oder zerstört wird, stürzt das Regime.«
»Das ist der Plan. Und der Cabal würde dafür sorgen, dass im
neuen Regime einige seiner hochrangigen Mitglieder sitzen. Kontrolle.«
»Ein ungeheuerlicher Plan.«
»Eine Tragödie.« Eve schloss die Augen. »Der Himmel weiß,
wie viele Menschen bei einem solchen Sabotageakt ums Leben
kommen würden…« Plötzlich straffte sie sich und setzte den Kopfhörer wieder auf. »Mal hören, ob sie noch irgendwelche anderen schmutzigen Tricks auf Lager haben. Wir können sie nicht aufhalten, wenn wir nicht wissen, was – «
»Schmutzige Tricks?«, fragte Nathan hinter ihnen. Er stieg in den Wagen und schloss die Tür hinter sich. »Was gibt’s?«
»Ein Sabotageanschlag auf den Drei-Schluchten-Damm in Chi-
na«, sagte Joe.
Nathan pfiff durch die Zähne. »Das ist es also.«
»Alle reden nur über dieses eine Thema.« Eve drehte an einem
anderen Knopf. »Ich versuche gerade rauszufinden, ob noch andere größere Dinge geplant sind.«
»Ich wette, es wird noch interessanter«, sagte Nathan. »Melton wird als Nächster hier eintreffen. Ich bin ihm bis in die Nähe des Stützpunkts gefolgt und dann auf einem Umweg hierher gekommen.
Konnten Sie ermitteln, wie viele es inzwischen sind?«
»Zweiundfünfzig«, sagte Eve. »Und Joe hat von jedem einen
Schnappschuss gemacht.«
»Passen Sie auf, dass Sie Melton erwischen.« Nathan hob sein
Fernglas an die Augen. »Da kommt er…«
»Bingo«, sagte Joe, als Melton im Gebäude verschwand. »Wir
haben den guten
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