Knochenfunde
Überwachungsausrüstung vertraut zu machen.«
»Sie werden sich aber draußen unter die Menge mischen müssen.
Um in die Kirche reinzukommen, müssen Sie auf der Gästeliste
stehen.«
»Ich werde dabei sein.«
»In Ordnung. Sobald ich mich vergewissert habe, dass Melton
sich für die Nacht in sein Hotel zurückgezogen hat, bringe ich Ihnen den Hut und die Fotos von Simmons vorbei.«
»Hier ist Ihr schwarzer Hut.« Nathan reichte ihr eine Plastiktüte.
»Das war gar nicht so einfach. Die normalen Geschäfte waren schon geschlossen, deswegen bin ich in einen Drugstore gegangen, der die ganze Nacht geöffnet hat, und habe einen schwarzen Strandhut und ein hauchdünnes schwarzes Halstuch gekauft. Daraus müssen Sie sich halt einen Schleier basteln.«
»Das kriege ich schon hin. Vielen Dank, Nathan.«
»Gern geschehen.« Er griff in seine Tasche und reichte ihr einen Umschlag. »Simmons.«
Sie nahm die Fotos heraus. Das eine war ein Schnappschuss, vor einem Gebäude aufgenommen. Das andere ein Porträt, das in der College-Zeitung erschienen war, nachdem Simmons seine Stelle am California Institute of Technology angetreten hatte. Professor Thomas Simmons war etwa Mitte dreißig, hatte ebenmäßige Züge und eine auffallend volle Unterlippe. Er trug eine Hornbrille und lächelte selbstbewusst in die Kamera. »Gut aussehender Mann. Kaum zu
glauben, dass er ein Mörder ist.«
»Vielleicht ist er durchgedreht, als der Cabal versucht hat, ihn in die Luft zu sprengen.« Nathan sah sich um. »Wo ist Quinn?«
»Draußen im Van.« Eve verzog das Gesicht. »Er ist völlig faszi-niert von all der Technik. Er hat beschlossen, mich zur Audiotechni-kerin zu ernennen.«
»Ziemlich kompliziertes Zeug.«
»Eigentlich nicht. Faber hat dafür gesorgt, dass es recht benutzer-freundlich ist.«
»Na, dann sehe ich mal zu, dass ich zurück ins Hotel komme und Melton im Auge behalte, damit Sie was zum Aufnehmen haben.« Er wandte sich zum Gehen. »Ich werde mit Ihnen in Verbindung bleiben, aber jetzt, wo Melton hier ist, werde ich nicht mehr von seiner Seite weichen. Wir treffen uns übermorgen vor der Kirche.«
»In Ordnung.« Nachdem die Tür sich hinter ihm geschlossen hat-te, nahm Eve den Hut und das Halstuch aus der Plastiktüte. Beides war billiger Kram, aber das spielte keine Rolle. Mit dieser Verkleidung würde sie unerkannt bleiben, ohne aufzufallen.
»Hat Nathan das Foto gebracht?«
Als sie sich umdrehte, stand Joe in der Küchentür. »Zwei.« Sie hielt ihm den Umschlag hin. »Feierabend für heute?«
Er schüttelte abwesend den Kopf, während er die Fotos betrachtete.
»Ich habe Nathan gesagt, es ist schwer, sich vorzustellen, dass dieser Mann ein Mörder ist.«
»Damit habe ich kein Problem. Ich habe mehr Mörder gesehen
als du.«
»Vielleicht verwirrt mich das alles einfach nur«, sagte Eve müde.
»Wahrscheinlich war Thomas Simmons mal ein guter Mann mit
einer viel versprechenden Zukunft. Dann ist sein Leben aus den Fugen geraten, und er wurde zum Mörder. Das ist schwer nachzu-vollziehen.«
»Für mich nicht. Beim Töten kommt es auf den Standpunkt an.
Man trifft eine Entscheidung, und dann wägt man die Konsequenzen ab. Ich bin Polizist, aber ich habe kein Problem damit, die Überreste irgendeines Verbrechers von der Straße zu kratzen.« Er steckte die Fotos ein und wandte sich ab. »Jedenfalls hat er die falsche Entscheidung getroffen, als er versucht hat, dich zu töten.«
Boca Raton
29. Oktober
An den mit Absperrseilen gesicherten Straßen rund um die St.-
Catherine’s-Kathedrale drängten sich die Menschenmassen. Eve
brauchte mehrere Minuten, bis sie Nathan entdeckt und sich ihren Weg zu ihm gebahnt hatte.
»Eve?« Nathan spähte durch den dunklen Schleier in ihr Gesicht.
Sie nickte. »Ist Melton drinnen?«
»Er ist vor einer halben Stunde reingegangen. Wahrscheinlich
wollte er genug vom Rampenlicht abbekommen, bevor der Präsident eintraf.«
»Der Präsident ist hier?«
»Er ist vor zehn Minuten eingetroffen.« Mit einer Kopfbewegung deutete Nathan auf vier Männer in dunklen Anzügen und Sonnen-brillen, die auf den Stufen vor dem Portal standen. »Secret Service.«
»Ich hoffe, sie sind in der Lage, den Präsidenten zu schützen. Bei Copeland haben sie sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert.« Sie schaute zum Kirchenportal hinüber. »Ich bin froh, dass Präsident Andreas hier ist. Copeland hat alle Ehre verdient.«
»Sie nehmen das ja richtig persönlich.«
Sie zuckte die
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