Knochenfunde
selten.« Er hob eine Hand. »Bis später. Ich hole Sie morgen ab und bringe Sie in Ihre Wohnung.«
Dann war er weg.
Guter Samariter. Wenn das stimmte, was Galen ihr gesagt hatte, dann hatte der Mann ihr wahrscheinlich das Leben gerettet.
Aber wie war er ins Haus gelangt? Na ja, vielleicht hatte Marie wirklich vergessen, die Hintertür zu verriegeln. Sie würde sie morgen danach fragen. Jetzt war sie einfach zu müde…
Vier
Das kleine Haus, in dem Marie Letaux wohnte, lag an einer kurven-reichen Straße im südlichen Teil von Baton Rouge. Ebenso wie die anderen Häuser in der Straße war es alt, aber blitzsauber, und neben der Haustür stand ein Kübel mit Geranien.
Auf Galens erstes Klopfen reagierte sie nicht. Auch nicht auf das zweite und das dritte.
Er wartete ein paar Minuten, dann versuchte er, die Tür zu öffnen.
Verriegelt. Er untersuchte das Schloss. Kinderspiel. Im Handumdrehen hatte er es geknackt.
Er betrat das Wohnzimmer, das gemütlich, aber unauffällig eingerichtet war. Auf dem Couchtisch standen noch mehr Geranien.
Auf dem Bücherregal waren mehrere gerahmte Familienfotos aufge-reiht. Galen hatte den Eindruck, dass dies ein nettes Haus war, das von netten Leuten bewohnt wurde.
Aber seine Erfahrung sagte ihm, dass der Schein häufig trog. Er trat an den Schreibtisch und durchsuchte ihn. Briefe mit einem Absender aus New Orleans. Ein Scheckheft und ein Sparbuch, eine zwei Tage alte Quittung über die Miete für ein Schließfach. Mehrere Fotos, die einen jungen Mann in einem grünen T-Shirt zeigten.
Er schloss die Schublade und ging auf die Tür zu, die in die Kü-
che führen musste. Der weiße Kühlschrank in der Ecke war übersät mit kleinen, bunten Magneten. Offenbar hatte Marie Letaux eine Vorliebe für netten Kleinkram und umgab sich damit -
Er blieb in der Tür stehen, als sein Blick auf eine Frau fiel, die vor dem Herd auf dem Boden lag.
Eine kleine Frau mit dunklen Haaren, die zu einem Knoten zu-
sammengesteckt waren, die Augen weit aufgerissen, als würde sie ihn anstarren.
Wahrscheinlich Marie Letaux.
Zweifellos tot.
»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie Leid es mir tut, dass das in Ihrer ersten Nacht hier passieren musste«, sagte Senator Kendal Melton mit aufrichtigem Bedauern.
»Ich glaube kaum, dass ich es zu irgendeinem anderen Zeitpunkt als weniger unangenehm empfunden hätte«, erwiderte Eve trocken.
»Selbstverständlich nicht. Wie fühlen Sie sich?«
»Miserabel. Meine Rippen tun so weh, dass ich kaum atmen
kann.« Eve setzte sich im Bett auf und musterte ihn eingehend. Er wirkte wesentlich weltgewandter als Tanzer. Er hatte silbergraues Haar und weiße Schläfen und war von der Sonne gebräunt, was auf häufigen Aufenthalt in West Palm Beach schließen ließ. »Aber es geht mir schon besser als heute Morgen. Wahrscheinlich werde ich morgen mit der Arbeit anfangen können.«
»Das hoffe ich.« Er trat näher an ihr Bett. »Hat Paul Tanzer sich gut um Sie gekümmert? Ich habe ihm aufgetragen, Sie mit äußerster Zuvorkommenheit zu behandeln.«
»Er war sehr nett.«
»Wir wollen Ihnen jede Unterstützung zukommen lassen, die Sie sich wünschen.«
»Dann sagen Sie mir, woran ich arbeiten soll. Diese ganze Ge-
heimnistuerei geht mir reichlich auf die Nerven. Ich habe den Auftrag angenommen. Jetzt hätte ich gern ein paar Informationen.«
»Ich werde Ihnen alles sagen, was ich weiß, aber ich fürchte, das wird Sie nicht zufrieden stellen. Ich weiß ja selbst nicht alles, was ich gern wissen würde. Sie sollen die Identität eines Skeletts ermitteln, das kürzlich südlich von hier in den Sümpfen gefunden wurde.«
»Von wem wurde es gefunden? Und warum wurde das Skelett
nicht der örtlichen Polizei übergeben?«
»Sheriff Bouvier in Jefferson bekam einen Hinweis auf die mögliche Identität des Skeletts und wo es sich befand. Er ist derjenige, der es geborgen hat. Der Sheriff ist ein Freund von mir, und er hat mich informiert. Er hat mir freie Hand gegeben, die Identität des Skeletts auf diskrete Weise feststellen zu lassen, bevor er seinen Bericht schreibt. Er wusste, dass ich Schwierigkeiten mit den Medien bekommen könnte, falls die Sache nicht absolut korrekt ge-handhabt würde.«
»Warum? Was glaubt man denn, zu wem der Schädel gehört?«
Er zögerte.
»Senator Melton, ich wurde einmal von einem Drogenboss aus
Miami gebeten, einen Schädel zu rekonstruieren, der – «
»Nein, nein. Es ist nichts dergleichen. Wir versuchen, die Sache vor
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