Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
Monica Mountains vor dem sternenklaren Himmel ab. In New York gab es so etwas nicht, sinnierte Carter, doch das bedeutete nicht, dass er den alten Blick auf den Washington Square Arch weniger vermisste. Manchmal fragte er sich, ob das etwas mit seiner Arbeit zu tun hatte. Brauchte er, wenn er so viel Zeit im Arbeitszimmer und mit dem Nachdenken über längst vergangene Dinge verbrachte, am Ende des Tages das menschliche Treiben als Fixpunkt? Brauchte er es, in die Menge einzutauchen, das pulsierende Leben um sich herum zu spüren, um die trockenen Knochen gegen warmes Fleisch einzutauschen? Sobald er an trockene Knochen dachte, schoss ihm zum x-ten Mal die Frage durch den Kopf, was er wegen der verschwundenen Überreste der La-Brea-Frau unternehmen sollte.
In einiger Entfernung hörte er plötzlich ein Feuerwerk knallen, einen Tag zu früh. Er wusste, dass Polizei und Feuerwehr in höchster Alarmbereitschaft waren. In den letzten Wochen hatte es immer wieder Warnungen gegeben, dass alles knochentrocken war und dass die Gefahr bestünde, einen Flächenbrand auszulösen. Carter war noch nie in der Nähe einer Feuersbrunst gewesen, aber er hatte auf CNN Bilder von früheren Bränden gesehen. Und die anschließenden traurigen Interviews mit Menschen, die verzweifelt versucht hatten, so viel wie möglich vor den alles verschlingenden Flammen zu retten – ihre Haustiere, ein Fotoalbum, das Familiensilber. Ein Mann war nur knapp auf einem Fahrrad entkommen und hielt dabei ausgerechnet einen schweren Bowlingpokal umklammert.
Er sah sich in dem kleinen eingezäunten Garten um und hörte Champ, bevor er ihn entdeckte. Der größte Teil seines Körpers steckte unter einem Busch, wo er anscheinend versuchte, etwas auszubuddeln. Carter konnte nur noch den buschigen hellbraunen Schwanz erkennen.
»Champ!«
Der Hund wedelte, konzentrierte sich jedoch weiterhin auf das, was er gerade tat.
»Komm her, Champ. Wird Zeit reinzugehen.«
Carter ging näher heran, doch alles, was er sehen konnte, war der gewölbte Rücken des Hundes und der wedelnde Schwanz. »Was machst du da?«
Carter legte seine Hände auf die Hüften des Tieres und zog Champ behutsam aus dem Busch. Champ leistete keinen Widerstand, aber er half auch nicht mit. Er ließ einfach nur zu, dass er wie eine Statue rückwärts auf das Rasenstückchen gezogen wurde. Jetzt konnte Carter die Beute erkennen, die er in der Schnauze hielt. Es sah aus wie der Kadaver eines erst kürzlich verendeten Eichhörnchens, und Champ machte keinerlei Anstalten, ihn rauszurücken.
»O Mann, wofür brauchst du das denn?«, sagte Carter. »Bekommst du bei uns nicht viel besseres Futter?«
Champ blickte zu ihm auf, wirkte aber ganz und gar nicht überzeugt.
»Komm schon, Junge, lass los«, sagte Carter, ging in die Hocke und versuchte, ihm die Überreste wegzunehmen. Doch Champ knurrte, und Carter ließ das Eichhörnchen los und wischte sich die Finger am Gras ab.
Wie konnte er diese Auseinandersetzung am besten gewinnen? Sollte er hineingehen und etwas holen, was der Hund mochte, zum Beispiel einen fetten Klacks Erdnussbutter? Würde er dann seinen Leckerbissen für etwas noch Besseres fallen lassen?
Champ schüttelte den vertrockneten Kadaver, als wollte er sichergehen, dass wirklich kein Fünkchen Leben mehr in ihm steckte, und in diesem Moment hatte Carter eine Idee. Möglicherweise war Champ die Antwort auf zumindest eines seiner Probleme. Warum hatte er nicht schon früher daran gedacht?
Er sprang auf, rannte in die Küche und holte die Erdnussbutter. Er nahm gleich das ganze Glas mit nach draußen und ließ Champ seine Nase hineinstecken. Mit der Spitze seines Turnschuhs kickte er das jetzt völlig unbeachtete Eichhörnchen über die Grundstücksgrenze und hinunter in die Schlucht.
»Hast du Lust auf einen Ausflug?«, sagte Carter zu Champ, der zu beschäftigt mit der Erdnussbutter war, um ihm irgendwelche Aufmerksamkeit zu schenken. Als der Hund eine Pause machte, legte Carter ihm die Leine an und ging mit ihm ins Haus. Er sprang die Treppe zum Schlafzimmer hoch, wo Beth bereits gegen einen Haufen Kissen gestützt im Bett lag und die Nase in einen Stapel Papiere steckte. »Ich gehe noch mal kurz raus«, sagte er.
»Raus? Jetzt?«
»Ich habe etwas bei der Arbeit vergessen.«
»Im Page? Kann das nicht bis morgen warten?«
»Morgen ist geschlossen, es ist der vierte Juli.«
»Jetzt am Abend ist es auch geschlossen.«
»Ich kenne den Nachtwächter, er wird mich
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