Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
Wohnzimmer geschlichen und angefangen, die Geschenke auszupacken. Als er erwischt wurde, hatte er sich eine ordentliche Tracht Prügel dafür eingefangen. Doch jetzt war er erwachsen, und er musste sich zusammenreißen.
Er konnte nicht einmal mit Ginger darüber reden. Die ganze Sache war streng geheim. Außerdem hätte sie ohnehin nichts kapiert. Alles, worüber sie in der letzten Zeit reden konnte, war, nach Las Vegas zu fahren um sich diese Schwuchtel Elton John in irgendeinem Casino anzusehen. »Es ist für meine Nummer«, sagte sie ständig, und Sadowski versprach ihr andauernd, dass er wann anders mit ihr hinfahren würde, obwohl er nicht ganz einsah, warum er auf seine Kosten mit einer Stripperin nach Las Vegas fahren sollte. In Las Vegas gab es mehr Stripperinnen und Nutten pro Quadratmeter als sonst irgendwo auf dem ganzen verfickten Planeten. Warum also sollte er sich eine mitbringen? Genauso gut könnte er mit einem Sixpack in die Kneipe gehen.
»Stan, willst du heute denn gar nicht ins Bett?«, fragte sie jetzt, unter ihren Decken vergraben. »Du hältst mich wach.«
Die Wohnung hatte nur zwei Zimmer, und es gab keine richtige Tür zwischen ihnen, nur eine Jalousie, die hin und her schaukelte. Sadowski hatte den Fernseher eingeschaltet, sah sich Cold Case an, eine dieser Sendungen über ungeklärte Kriminalfälle, und soff gerade sein fünftes oder sechstes Bier an diesem Abend. »Ich bin nicht müde«, schnauzte er, und sie schoss augenblicklich zurück: »Warum gehst du dann nicht zu dir nach Hause, ich bin’s nämlich.«
Sie hatte nicht ganz unrecht, obwohl er das natürlich niemals zugeben würde. Er war nur hierhergekommen, um seinen Spaß zu haben. Den hatte er gehabt, und jetzt gab es nur einen Grund, warum er nicht in seine Wohnung konnte.
Da war nämlich seine gesamte Ausrüstung, und wenn er dort wäre, würde er nur wieder anfangen, daran herumzufummeln.
Er sah fern, bis die Sendung zu Ende war. Es war wieder mal so ein Fall, wo die DNA eines Spermaflecks den Typen zehn Jahre später überführte. Dann erst war er zufrieden, weil er nicht nachgegeben und Ginger lange genug wach gehalten hatte. Er schmiss die Dose in den Mülleimer, rülpste laut genug, um ein angeekeltes Stöhnen aus dem Schlafzimmer hervorzulocken, und verließ die Wohnung.
Die Nachtluft fühlte sich gut an. Es war relativ kühl, um die zwanzig Grad vielleicht, aber immer noch trocken. Das Einzige, was ihre Pläne über den Haufen werfen könnte, wäre Regen, und das war absolut unmöglich. Während der Werbepausen vorhin hatte er immer wieder zum Wetterkanal umgeschaltet, nur um noch mehr über die extreme Trockenheit im Becken von L. A. und die Ratschläge zu hören, für jeden, der am Unabhängigkeitstag irgendeine Party plante: »Das gesamte County ist ein Pulverfass«, hatte eine Blondine mit Föhnfrisur erklärt, »also denkt nicht einmal daran, eines dieser Römischen Lichter oder Cherrybombs anzuzünden, Leute.«
Ha! Das, was er anzünden würde, war keine verdammte Kirschbombe.
Als er in seinem schwarzen Explorer nach Hause fuhr, achtete er sorgfältig darauf, nicht zu schnell zu fahren oder irgendeinen Fehler zu machen, für den ihn irgendein Streifenbulle anhalten könnte. Selbst bei seiner Größe würde er den Alkoholtest nicht bestehen, nicht mit den sechs Bieren, die er gebechert hatte. Einmal war er angehalten worden und hatte den Test nicht bestanden, und da hatte er bloß drei getrunken. Nee, immer schön sachte, sagte er sich immer wieder. Immer sachte!
Seine eigene Wohnung war eine schäbige Bude über einer Werkstatt, die man über eine Holztreppe vom Durchgang aus erreichte. Ginger war noch nie hier gewesen; niemand war jemals hier gewesen. Und genauso gefiel es ihm. Er hatte die ursprüngliche Tür auf eigene Kosten durch eine aus vulkanisiertem Stahl ersetzen lassen, mit stoßsicherer Frontplatte und einem Bolzenschloss, das so ziemlich allem standhielt, was kleiner war als ein Rammbock. Die Wohnung bestand aus einem Gewirr kleiner, dunkler Zimmer, von denen das letzte noch einmal mit einer abgeschlossenen Tür versehen war. Er nahm den Schlüsselbund aus der Tasche, öffnete die Tür und schaltete das Licht in dem Raum an, den er seine Einsatzzentrale nannte.
Eine Reihe Deckenleuchten sprang an und tauchte den Raum in ein grelles weißes Licht. An den Wänden hingen topographische Karten von L. A., zusammen mit einigen Plakaten, die für freien Zugang zu allen Waffen warben und die er von
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