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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Verbrechen werden von Richtern der ersten Instanz, primera instancia, untersucht, gelegentlich auch von einem Amtsrichter, der vom Obersten Gerichtshof bestellt wird. Diese Richter, Sie würden sie Bezirksstaatsanwälte nennen, haben die Aufgabe, sowohl entlastende wie belastende Beweise zu suchen.«
    »Soll heißen, sie sind Verteidiger und Strafverfolger in einer Person.«
    »Genau. Sobald der Ermittlungsrichter entscheidet, dass ein Fall gegen einen Angeklagten vorliegt, gibt er die Sache an einen Recht sprechenden Richter weiter.«
    »Wer ist befugt, eine Autopsie anzuordnen?«, fragte ich.
    »Der Richter der ersten Instanz. Bei einem gewaltsamen oder unklaren Tod ist eine Autopsie Pflicht. Aber falls die Todesursache durch eine äußerliche Untersuchung bestimmt werden kann, bleibt das Skalpell in der Schublade.«
    »Wer hat die Aufsicht über die Leichenschauhäuser?«
    »Sie unterstehen direkt dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs.«
    »Also arbeiten Gerichtsmediziner eigentlich für die Gerichte.«
    »Oder für das Nationale Institut für Soziale Sicherheit, dem Instituto Guatemalteco de Segurdas Social, IGSS. Aber ja, Gerichtsmediziner unterstehen der Judikative. Nicht wie in Brasilien zum Beispiel, wo staatlich betriebene gerichtsmedizinische Institute für die Polizei arbeiten. Hier haben Gerichtsmediziner nur sehr wenig mit der Polizei zu tun.«
    »Wie viele gibt es denn?«
    »Ungefähr dreißig. Sieben oder acht in der Gerichtsleichenhalle in G City, die anderen sind übers Land verteilt.«
    »Sind sie gut ausgebildet?«
    Er zählte die Punkte an den Fingern ab. Es waren nur drei.
    »Man muss guatemaltekischer Bürger von Geburt, Arzt und Mitglied der gerichtsmedizinischen Vereinigung sein.«
    »Das ist alles?«
    »Das ist alles. Verdammt, die USAC hat nicht einmal ein Praktikumsprogramm für forensische Medizin.«
    Er meinte die Universität von San Carlos, Guatemalas einzige staatliche Universität.
    »Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, warum es überhaupt jemand macht. Der Status ist gleich null, und das Gehalt ist beschissen. Waren Sie schon mal in der Leichenhalle in G City?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Das ist wie eine Zeitreise ins Mittelalter.«
    Er riss ein Stück Tortilla ab, um damit Sauce aufzutunken, und stellte dann die Schüssel weg.
    »Sind Gerichtsmediziner Vollzeitkräfte?«
    »Einige ja. Andere arbeiten für die Gerichte, um ihr Gehalt aufzubessern. Vor allem in ländlichen Gegenden.«
    Galianos Augen zuckten nach links, als die Kellnerin an unseren Tisch kam. Sie räumte das Geschirr ab, fragte nach Dessert und Kaffee und ging wieder.
    »Wie läuft das Verfahren, wenn eine Leiche gefunden wird?«
    »Das wird Ihnen gefallen. Bis vor etwa zwei Jahren wurden Leichen von der Feuerwehr geborgen. Sie kamen an den Tatort, untersuchten die Leiche, schossen ein paar Fotos und riefen dann die zentrale Leitstelle an. Von dort wurde die Polizei informiert, und wir informierten den Richter. Ermittler der Polizei sammelten dann Beweise und Zeugenaussagen. Schließlich tauchte der Richter auf, gab die Leiche frei, und die Feuerwehr brachte sie in die Leichenhalle. Heute werden für den Transport Polizeifahrzeuge verwendet.«
    »Warum wurde das Verfahren geändert?«
    »Feuerwehrmann Freundlich und seine Kollegen hatten sich bei Geld und Schmuck bedient.«
    »Also gehen Gerichtsmediziner normalerweise gar nicht an den Tatort?«
    »Nein.«
    »Warum Lucas?«
    »Díaz hat ihm wahrscheinlich keine andere Wahl gelassen.«
    Der Kaffee kam, und wir tranken einige Augenblicke lang schweigend. Als ich zu der alten Frau hinübersah, folgte Galiano meinem Blick.
    »Da ist noch eine Sache, die Sie erschrecken wird. In Guatemala müssen Gerichtsmediziner nur die Todesursache bestimmen, nicht die Todesart.«
    Galiano bezog sich auf vier Begriffe, die die Umstände des Todes charakterisieren: Mord, Selbstmord, Unfall, natürliche Ursache. In einem See wird eine Leiche gefunden, und eine Autopsie ergibt, dass in der Lunge genug Wasser ist, um einen Atemstillstand zu verursachen. Die Todesursache ist dann Ertrinken. Aber stürzte der Verstorbene, oder sprang er, oder wurde er gestoßen? Das sind die Fragen nach der Art.
    »Wer bestimmt die Art?«
    »Der Richter. Der Bezirksstaatsanwalt.«
    Galiano beobachtete ein Paar, das auf der anderen Seite des Lokals Platz nahm. Dann drehte er seinen Stuhl leicht, beugte sich zu mir und senkte die Stimme.
    »Ist Ihnen klar, dass viele von denen, die in Gräueltaten

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