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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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man sollte sich bei den wichtigen Dingen ranhalten und die kleinen eher laufen lassen. Wenn Madame zu schlafen beliebt, soll sie. Außerdem will ich bei den Gerardis sein, solange Papa noch da ist.«
    Kurz hinter der amerikanischen Botschaft bog Galiano in eine schmale, von Bäumen beschattete Straße ein und hielt am Bordstein. Ich stieg aus und wartete, während er einen Anruf entgegennahm. Die Maisonne wärmte meinen Kopf.
    War Lucy in den Park gegangen, weil es ein sonniger Tag gewesen war? Um die Eichhörnchen zu füttern? Um Vögel zu beobachten? Um ziellos herumzuwandern und zu beobachten, was ihr vor die Augen kam? Um allein zu sein mit all den Möglichkeiten der Jugend?
    Die Residenz stand inmitten eines penibel gepflegten Rasens, der begrenzt war von einer penibel gepflegten Hecke. Ein Plattenweg führte vom Bürgersteig zur Haustür. Leuchtend bunte Blumen säumten die Wegränder, und dicht bepflanzte Beete verhüllten das Fundament des Hauses.
    Eine Auffahrt samt Mercedes 500 S und Jeep Grand Cherokee begrenzte die rechte Seite des Anwesens. Ein Maschendrahtzaun bildete ein kleines Gehege auf der linken Seite. In diesem Gehege rannte ein Schnauzer von der Größe eines Waldmurmeltiers hin und her und bellte hektisch.
    »Ich glaube, das würde als Hund durchgehen«, sagte Galiano und drückte auf die Klingel.
    Die Tür wurde geöffnet von einem großen, hageren Mann mit silbergrauen Haaren und schwarz gerahmter Brille. Er trug einen dunklen Anzug, ein leuchtend weißes Hemd und eine gelbe Seidenkrawatte. Ich fragte mich, was für ein Beruf an einem Samstagvormittag eine solche Förmlichkeit verlangte.
    »Buenos días, Señor Gerardi.« Galiano.
    Gerardi hob leicht das Kinn, und sein Blick wanderte zu mir.
    »Dr. Brennan ist die Anthropologin, die uns im Fall Ihrer Tochter hilft.«
    Gerardi trat zurück, ließ uns ein und führte uns einen Gang mit gewienertem Fliesenboden entlang in ein holzgetäfeltes Arbeitszimmer. Beshir-Teppich. Nussbaumschreibtisch mit Intarsien. Erlesene Sammlerstücke ästhetisch in Mahagoniregalen platziert. Was Gerardi auch arbeitete, es brachte ihm viel ein.
    Wir hatten kaum die Schwelle überschritten, als eine Frau in der Tür erschien. Sie war übergewichtig, und ihre Haare hatten die Farbe toter Blätter.
    »Buenos díaz, Señora Gerardi«, begrüßte sie Galiano.
    Señora Gerardi betrachtete ihn mit Angst und Abscheu, wie einen Skorpion im Waschbecken.
    Gerardi sprach zu seiner Frau in einem rasanten Spanisch, das ich nicht verstand. Als sie etwas erwidern wollte, schnitt er ihr das Wort ab.
    »¡Por favor, Edwina!«
    Señora Gerardi umklammerte eine Hand mit der anderen, wechselte den Griff, wechselte noch einmal, und ihre Fingerknöchel traten unter schuppiger, rosiger Haut weiß hervor. Unentschlossenheit kämpfte in ihrem Blick und einen Augenblick dachte ich, sie würde dagegenhalten. Doch dann biss sie sich auf die Unterlippe und zog sich zurück.
    Señor Gerardi deutete auf zwei Ledersessel vor dem Schreibtisch.
    »Bitte.«
    Ich setzte mich. Das Leder roch nach einem neuen Jaguar. Oder so, wie ich mir vorstellte, dass ein neuer Jaguar riechen würde, denn gefahren war ich noch nie in einem.
    Galiano blieb stehen. Gerardi ebenfalls.
    »Wenn Sie nichts Neues zu berichten haben, ist dieser Besuch sinnlos.« Gerardi ließ die Arme steif an den Seiten herabhängen.
    »Wie wär’s mit einem Skelett?« Der Tonfall verriet mir, dass Galiano angespannt war.
    Unser Gastgeber zeigte keine Reaktion.
    »Könnte Lucy einen Grund gehabt haben, sich in Zone eins aufzuhalten?«, fragte Galiano.
    »Ich habe bereits in meinen Aussagen deutlich gemacht, dass meine Tochter keine öffentlichen Orte frequentierte. Sie ging –« Seine Lippen spitzten sich, entspannten sich wieder. »Sie geht zur Schule, in die Kirche, und in unseren Club.«
    »Konnten Sie sich inzwischen an die Namen von Freunden erinnern, die sie vielleicht erwähnte? Kommilitonen?«
    »Ich habe diese Frage bereits beantwortet. Meine Tochter ist keine zügellose junge Frau.«
    »War Lucy mit Chantale Specter befreundet?«
    »Sie sahen sich gelegentlich.«
    »Was taten sie zusammen?«
    »Das steht alles in meiner Aussage.«
    »Machen Sie mir die Freude.«
    »Sie lernten, sahen sich Filme an, schwammen, spielten Tennis. Der Botschafter und ich sind Mitglieder desselben Privatclubs.«
    »Wo ist Ihr Sohn, Señor Gerardi?«
    »Mario hat eine Golfstunde.«
    »Aha. War Chantale Specter auch hier in Ihrem Haus?«
    »Ich möchte

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