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Knochenpfade

Knochenpfade

Titel: Knochenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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und einen Meter breit und tief. Sie erkannte sofort, dass es sich bei dieser zerdellten, weiß gestrichenen Stahlbox um einen handelsüblichen Fischkühler handelte. Eine ausgefranste Schnur trieb um den Verschluss. Ausgefranst, nicht durchgeschnitten. Vielleicht hatte der Eigentümer also gar nicht vorgehabt, den Container über Bord zu werfen. Sie griff nach dem etwa einen Zentimeter dicken Seil, das aus hellgelben und blauen Fasern bestand, und befestigte ein Ende an ihrem Gurt. So konnte sie verhindern, dass die Kühlbox ihr im Luftzug der Hubschrauberrotoren davontrieb.
    Dann gab sie Kesnick ein weiteres Signal. Sie streckte den linken Arm gerade nach oben, hob den rechten über den Kopf und berührte den linken Ellbogen mit den Fingern. Sie wartete darauf, dass die anderen nun die MedEvac-Trage herunterließen.
    Der schwere Container zerrte an ihr. Er wurde mit jeder Welle hin und her geworfen, ruckte aber immer wieder zurück, wenn das Seil straff gezogen war. Sie brauchte zwei Anläufe, aber nach fünfzehn Minuten hatte Liz die Kühlbox auf der Trage befestigt. Sie zog die Haltegurte fest und gab wieder ihr Okayzeichen.
    Es war keine rekordverdächtige Leistung, aber als Kesnick sie wieder in den Helikopter zog, schien die Crew mit ihrer Arbeit zufrieden zu sein. Nicht gerade beeindruckt, aber zufrieden. Immerhin.
    Für Lt. Commander Wilson war die Sache jedoch offensichtlich immer noch nicht erledigt. Liz war noch nicht wieder richtig zu Atem gekommen, als sie schnell ihren Sedahelm vom Kopf zog, um den Flughelm mit der Sprechanlage aufzusetzen. Kaum funktionierte ihr Kommunikationssystem, hörte sie gerade noch, wie Wilson Kesnick dazu aufforderte, die Kiste zu öffnen.
    “Sollten wir nicht lieber warten?”, fragte Kesnick diplomatisch.
    “Sie ist ja nicht versiegelt. Werfen Sie einfach mal einen Blick rein.”
    Liz machte ihm Platz und rutschte zur Kabinenwand, um ihre schweren Gurte wieder abzulegen. Sie wollte damit nichts zu tun haben. Soweit es sie betraf, war der Job erledigt.
    Kesnick zögerte, und Liz dachte schon, er würde sich weigern. Schließlich hockte er sich jedoch neben die Kiste. Er schob sein Visier nach oben, ohne Liz dabei anzusehen. Der Riegel ließ sich ohne große Anstrengung zurückklappen. Aber um das Schnappschloss ganz zu öffnen, musste Kesnick mit dem Handballen dagegendrücken. Liz entging nicht, wie er tief Luft holte, bevor er den Deckel hochhob.
    Das Erste, was sie sah, war ein in die Innenwand eingelassenes Meterband zum Abmessen der Fische. Merkwürdig, dass ihr ausgerechnet das auffiel, aber daran würde sie sich immer erinnern. Kaum geöffnet, entstieg der Kiste ein fauliger Geruch. Aber es war kein verwesender Fisch, den sie rochen. Es stank eher wie auf der Müllkippe.
    Im Container lagen verschiedene längliche Plastikpäckchen, ein großes und vier kleinere. Keine rechteckigen Bündel, in denen man Kokain vermutet hätte.
    “Und?”, fragte Wilson und versuchte, über Kesnicks Schulter zu blicken.
    Mit seinem behandschuhten Finger stieß Kesnick eines der kleineren Päckchen an. Es rollte herum. Auf der anderen Seite war die Plastikverpackung durchsichtiger, und plötzlich gab es keinen Zweifel mehr, was darin eingewickelt war.
    Er warf Liz einen Blick zu, und sie entdeckte in Kesnicks sonst immer unbewegten Zügen zum ersten Mal etwas wie Panik.
    “Ich glaube, es ist ein Fuß”, sagte er.
    “Was?”
    “Verdammt noch mal, ich glaube, es ist ein menschlicher Fuß!”

2. KAPITEL
    Newburgh Heights, Virginia
    Maggie O’Dell zog sich die Bluse über den Kopf, ohne die Knöpfe vorher zu öffnen. Einer riss dabei ab. Egal. Das Ding war sowieso hinüber. Selbst die beste Reinigung würde das viele Blut nicht entfernen können.
    Sie knüllte das Hemd zusammen und warf das Knäuel im Badezimmer ins Waschbecken. Etwas Feuchtes klebte an ihrem Hals. Sie kratzte es ab und wischte den Finger am Waschbeckenrand ab.
    Rosa. Wie geschmolzener Käse.
    Sie war so dicht dran gewesen. Zu dicht, als der tödliche Schuss gefallen war. Unmöglich, noch aus dem Weg zu gehen.
    Sie betastete hektisch ihren Hals und zerrte an ihren Haaren, erwartete, noch mehr Stücke zu finden. Dabei verhakte sie sich mit den Fingern in den schweißfeuchten, klebrigen Strähnen. Aber glücklicherweise hing nichts mehr dazwischen.
    Sie hatten nicht erwartet, dass der Killer immer noch dort sein würde. Die Lagerhalle hatte verlassen gewirkt. Nur noch Reste seiner Folterkammer waren übrig geblieben,

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