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Knochenpfade

Knochenpfade

Titel: Knochenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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bedachte, wie warm das Wasser im Golf war und wie heiß die Sonne in diesen Tagen vor dem Hurrikan schien, dann schätzte sie, dass die Päckchen etwa zwei Tage lang im Kühler gelegen hatten. Höchstens drei.
    Auch wenn die Körperteile für eine von Lawrence Pipers Chirurgenkonferenzen vorgesehen gewesen waren, erklärte das noch immer nicht, wie Vince Coffland zum unfreiwilligen Spender geworden war.
    Bevor Maggie aus ihrer komfortablen Unterkunft im Hotel ausgezogen war, hatte sie noch kurz mit ihrem Laptop eine Internetrecherche über Advanced Medical Educational Technologies angestellt. Das Unternehmen warb für Fortbildungsseminare in unterschiedlichen Ferienresorts in Florida. Sie stellten Tagungsorte für Hersteller medizintechnischer Geräte zur Verfügung, an denen Chirurgen aus dem ganzen Land ihre neuesten Technologien vorstellen konnten. Sie versprachen Übung direkt am Objekt und bestanden gleichzeitig darauf, die Anonymität der Spender zu wahren, indem sie die Bezugsquellen ihrer Präparate nicht preisgaben.
    Nachdem sie sich die Websites von Konkurrenzfirmen angesehen hatte, stellte Maggie fest, dass AMET nur eine von mehreren zugelassenen Firmen war, die bereits abgetrennte und eingefrorene Körperteile von Händlern wie Joe ankaufte. Maggie war schon nach kurzem Überfliegen der Informationen klar, dass die Nachfrage groß und die Bestände gering waren. Sie musste unwillkürlich an Platts Bemerkung denken, dass der Killer womöglich das Chaos eines Hurrikans nutzte, um seine Opfer zu finden. Vermutlich hatte er recht. Maggie hätte schwören können, dass der Mörder genau das tat. Er suchte sich seine Opfer im Schutz dieser Naturkatastrophen, um den wachsenden Bedarf an Spendern decken zu können. War Vince Coffland aus kaltblütiger Profitsucht umgebracht worden?
    Im Hafen herrschte reger Betrieb, und in den Geschäften versuchten die Verkäufer noch den Wünschen der verzweifelten Bootsbesitzer nachzukommen. Zwischen zwei Kunden begann Maggie ein Gespräch mit dem Besitzer von Howard’s Deep Sea Fishing Shop. Howard Johnson, ein Bär von einem Mann, überragte Maggie um einiges. Sein dichtes weißes Haar war der einzige Hinweis auf sein Alter. Irgendwo in den Sechzigern, schätzte Maggie. In seinem ordentlich getrimmten Kinnbart fanden sich noch blonde Strähnen. Sie nahm an, dass der goldblonde Surfer auf den vielen Fotos an der Wand wohl er sein musste. Sein leuchtend orange-blaues Hemd mit den aufgedruckten Fischen baumelte lose über seinen Kaki-Cargoshorts.
    Der Laden war ordentlich und geschmackvoll mit außergewöhnlichem und farbenfrohem Zubehör ausgestattet. Oben an den Ladenwänden zog sich ein Wandregal um den Raum, auf dem verschiedene Modelle von Schiffen und Booten standen. Maggie betrachtete fasziniert diese unglaubliche Sammlung.
    Sie ließ den Blick immer noch umherschweifen, als sie Howard abwesend ihre FBI-Marke zeigte. Seine Haltung änderte sich sofort. Er nickte freundlich, aber in seinem Blick lag Misstrauen. Die eine riesige Pranke schob er in seine Hosentasche, mit der anderen stützte er sich auf den Verkaufstresen, als wollte er sich für das wappnen, was nun käme. Okay, er traute FBI-Agenten also nicht. Da wäre er nicht der Erste. Maggie zeigte ihm Fotos von der Fischkühlbox. Das letzte war eine Nahaufnahme von dem blau-gelben Seil am Griff.
    Er zuckte die Schultern. “Sieht aus wie ein Dutzend anderer Kühlboxen, die ich jeden Tag zu Gesicht bekomme. Tatsächlich habe ich sogar dasselbe Fabrikat auf meinem Tiefseefischkutter, nur eine größere Version.”
    “Und was ist mit dem Seil?”
    “Ich benutze eins aus Stahl.”
    “Haben Sie so eins schon mal gesehen?”
    Wieder zuckte er die Schultern, warf aber noch einmal einen Blick auf das Foto. Sie sah ihm an, dass er immer noch misstrauisch war. Er verschränkte die Arme vor der breiten Brust. Zurückhaltend. Mit einem leicht ungeduldigen Stirnrunzeln.
    “Die Leute benutzen alle möglichen Sachen, um ihre Ausrüstung zu markieren”, sagte er. “Wenn alle zur gleichen Zeit am Dock ausladen, kann man sein Zeug auf die Art besser wiedererkennen. So ähnlich wie am Gepäckband. Falls Sie wissen, was ich meine. Die Leute binden irgendwelche Bänder oder bunte Gurte an ihre Taschen, damit sie ihr Gepäck auf dem Band gleich kommen sehen.”
    An so etwas hatte Maggie nicht gedacht. Anhand des Seils den Mörder aufzuspüren schien ihr jetzt mehr und mehr wie ein Lotteriespiel mit einer Chance von eins zu einer

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