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Knochenraub am Orinoko

Knochenraub am Orinoko

Titel: Knochenraub am Orinoko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelie Kister
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kleinenTisch und starrte mit einer Lupe vor den Augen in ein Buch. Von dem ganzen Aufruhr eben hatte er offensichtlich nichts mitbekommen. »Aimé, sehen Sie mal, wen ich mitgebracht habe«, rief Humboldt bereits aus einiger Entfernung.
    Der Mann hob den Kopf und legte die Lupe aus der Hand. »Nanu! Wer ist denn das?«
    »Das ist Pedro. Ich musste ihn eben aus den Klauen des Kapitäns retten, er hätte sonst Kleinholz aus ihm gemacht. Aber am besten erzählst du selbst, Pedro.«
    »Also   …« Pedro räusperte sich, von Humboldt zu Bonpland blickend. »Ich hab mich an Bord des Schiffes geschmuggelt, weil ich unbedingt wegwollte. Tagsüber hab ich mich immer versteckt, doch heute hat man mich erwischt und zum Kapitän gebracht. Der war fuchsteufelswild   … und dann kam der Baron hinzu und hat mich gerettet.«
    »Ein blinder Passagier also?«, fragte Bonpland ungläubig. »Aber warum wolltest du denn weg? Ein Junge in deinem Alter gehört eigentlich nach Hause zu seinen Eltern und nicht auf ein Schiff, das um die halbe Welt segelt. Du wirst nicht älter als zehn oder elf Jahre alt sein, stimmt’s?«
    »Ich bin elf, aber zu Hause hab ich es nicht mehr ausgehalten«, fügte Pedro grimmig hinzu. »Ich habvon meinem Stiefvater den ganzen Tag nur Prügel bekommen.«
    »Verstehe«, sagte Humboldt nachdenklich, »und was hast du jetzt vor?«
    »Na ja«, druckste Pedro herum und blickte dabei neugierig auf die Karten und aufgeschlagenen Bücher, die auf dem Tisch ausgebreitet waren. »Ich weiß nicht genau. Am liebsten würde ich die Welt sehen, fremde Länder und so.«
    »Die Pizarro wird bis nach Kuba segeln. Hast du Verwandte dort, ich meine, kennst du irgendjemanden in den spanischen Kolonien?«, fragte Bonpland.
    Pedro zuckte nur gleichgültig die Schultern. Er kannte niemanden außerhalb von La Coruña, doch dorthin konnte er nicht zurück. Sein Stiefvater würde ihn totprügeln, das war sicher. Alles war besser, als nach La Coruña zurückzukehren.
    »Hm. Für ein Abenteuer auf eigene Faust bist du aber noch ein bisschen zu jung«, gab Bonpland zu bedenken, doch Humboldt schnitt ihm das Wort ab.
    »Warum nehmen wir ihn nicht mit, Aimé? Ich hab auch schon als Junge davon geträumt, über die Weltmeere zu segeln und fremde Länder zu bereisen.«
    »Geträumt, Alexander   – das ist was anderes!« Bonpland schüttelte verständnislos den Kopf. »Erist doch noch viel zu jung und wir wissen ja selbst nicht, was uns in der Neuen Welt erwartet.«
    Doch Humboldt winkte ab und stand aufgeregt von seinem Stuhl auf: »Ach was, viel verantwortungsloser wäre es, den Jungen einfach sich selbst zu überlassen. Dieser wahnsinnige Sanchez hätte ihn doch am liebsten gleich über Bord geworfen. Und wer weiß, ob wir ihn in den Tropen nicht gut gebrauchen können. Wir werden ohnehin Helfer finden müssen, und dass er mutig ist, hat er ja bereits bewiesen. Ich hatte mich eh dazu entschlossen, die Kosten für seine Schiffspassage zu übernehmen, da kann er uns als Gegenleistung etwas unter die Arme greifen. Was meinst du, Pedro, wäre das was für dich?«
    Pedro traute seinen Ohren kaum. Sollte das wahr sein? Er spürte, wie ihm ganz heiß wurde vor Freude. »Ich würde wahnsinnig gerne mitkommen!«, platzte es aus ihm heraus und zum ersten Mal, seit der Matrose ihn erwischt hatte, schöpfte Pedro wieder Hoffnung.
    »Na also. Kommen Sie schon, Aimé. Das ist sicher die beste Lösung für alle«, schloss Humboldt und zu Pedros Erleichterung nickte Bonpland zustimmend und klopfte Pedro freundschaftlich auf die Schulter.

Ankunft in der Neuen Welt

    Seit dem Tag,an dem die beiden Forschungsreisenden Pedro in ihre Obhut genommen hatten, verschlechterte sich die Laune des miesepetrigen Kapitäns immer mehr. Er ließ kaum eine Gelegenheit aus, um sich mit Humboldt zu streiten. Ganz besonders schlimm war es, wenn ihm der Baron mit seinen neuesten Messergebnissen einen neuen Segelkurs vorschlug.
    Auch jetzt ereiferte sich der Kapitän mal wieder und schimpfte lauthals: »Verflixt und zugenäht! Ich hab Ihre Besserwisserei endgültig satt. Das muss ich mir von so einer Landratte wie Ihnen nicht bieten lassen.« Er schnaubte wütend, drehte sich auf dem Absatz um und ließ Humboldt einfach stehen.
    Pedro kicherte leise.
    »Was für eine Laus ist denn
dem
über die Leber gelaufen?«, fragte Bonpland, der gerade hinzugekommen war.
    »Nach der Berechnung von Baron von Humboldt«, berichtete Pedro, »sind wir nur noch einen Katzensprungvon der

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