Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
»Schon mal mit ihr gearbeitet?«
»Ich wünschte es - hey, wenn das hier vielleicht klappt, könnt ihr ein gutes Wort für mich einlegen, dann lässt sie mir vielleicht einen von diesen Enron-Worldcom-Fällen zukommen.«
»Wenn, vielleicht ?«, fragte Reed.
»Ich wünsche euch natürlich das Allerbeste«, sagte Fox.
»Aber die Hardware ist das eine, der menschliche Faktor das andere. Wenn ich mit dem Zeug spiele, bin ich verantwortlich - ich trag’s selber oder rüste einen meiner Freischaffenden damit aus. Meine Leute sind ausgebildete Schauspieler. Ihr arbeitet mit’nem Typen, der psychische Probleme hat.«
»Er ist motiviert«, entgegnete Reed.
»Du meinst, er hat gute Vorsätze und so weiter?«
»Er ist auf dem Weg zum Himmel«, warf Milo ein.
»Wenn du es sagst.«
Als Huck von dem Plan gehört hatte, hatte sich sein ganzes Verhalten verändert. Die Angst war verflogen, und er lächelte so breit, dass sein schiefer Mund fast nicht mehr auffiel. Ich fragte mich, ob zu seiner Vorstellung vom Himmel auch eine vorzeitige Ankunft in jenen Gefilden gehörte, sagte aber nichts. Welchen Sinn hätte das?
Aaron Fox fragte: »Seid ihr sicher, das ich lediglich auf meinem Arsch hocken und die Übertragung überwachen soll?«
»So ist es«, bestätigte Milo.
»Ach, Mist.«
»Wenn du Action willst, Aaron, kannst du jederzeit zum richtigen Dienst zurückkommen.«
»Jesses, warum ist mir das nicht selber eingefallen? Wahrscheinlich ist es utopisch, wenn ich annehme, dass ich der Polizei meinen Zeitaufwand für das hier in Rechnung stellen kann. Oder dass ihr meine Geräte versichert.«
Milo sagte: »Ich garantiere dir vollen Versicherungsschutz für deine Hardware auf meine Kosten. Und wer weiß, wenn alles hinhaut, kriegst du vielleicht die Knete, die Simone dir schuldet.«
»Oh, die krieg ich schon«, sagte Fox. »Auf die eine oder andere Weise.«
41
Neunzehn Uhr fünfzig, La Costa Beach, Malibu.
Die Welt ist geschrumpft, ihre Grenzen sind das schwarz gerahmte Rechteck eines neunzehnzölligen Laptop-Bildschirms.
Eine grün-graue Welt, vom Infrarotlicht getönt. Im Hintergrund rollen die Wellen in einem trägen, fast sinnlichen Rhythmus an.
Ein Mann steht reglos an der Flutgrenze.
Ich sitze an einem langen Tisch aus altem Kiefernholz. Wenn ich von meinem Platz aus schräg nach links schaue, kann ich den Bildschirm sehen. Milo ist am Laptop, schiebt das Gesicht ab und zu unmittelbar davor, zieht sich wieder zurück und verputzt noch mehr Red Bull.
Aaron Fox sitzt links von ihm. Er trinkt hin und wieder einen kleinen, fast genüsslichen Schluck aus der Flasche Norwegian Fjord Spring Water, die er selbst mitgebracht hat. Dazwischen mampft er Zimtkaugummi.
Moe Reed steht in der Ecke und beobachtet den Ozean. Der über zwei Meter lange Tisch steht auf Böcken. Er ist gewachst und voller Astlöcher und Schrammen, die aussehen, als wären sie absichtlich eingeritzt. Er füllt den Großteil des Speisebereichs eines Hauses aus, das zehn Parzellen nördlich von Simon Vanders’ Privatstrand steht. Genau wie bei Vanders’ Haus handelt es sich um einen kleinen, einstöckigen Kasten auf verwitterten, mit Teeröl gestrichenen Pfählen, der eine achtstellige Summe wert ist. Im Gegensatz zu Vanders’ mit Holz verkleidetem Bungalow sind die Wände walbauchblau verputzt, und es hat kupferfarben getönte, rostbeständige Doppelfenster. Der Innenraum unter der Balkendecke ist anheimelnd und mit einer Stereoanlage
für Konzerthallensound sowie einem hochmodernen Fernseher ausgestattet. An den blütenweißen Diamantputzwänden hängen vereinzelte Kunstwerke, deren Stil manche Leute zu dem Spruch verleiten mag, dass ihre Kinder genauso gut malen könnten.
Die Möbel - Überbleibsel aus der Zeit, als das Haus noch ein »rustikales Strandcottage« war - passen nicht recht dazu: Die Rattan- und Korbkonstruktionen, samt und sonders klobige, strapazierfähige Holzteile, sehen aus, als stammten sie vom Trödel. Dementsprechend stehen sie auch achtlos auf verblichenen Orientwebteppichen, die leicht angeschimmelt sind. Der Edelstahlkühlschrank und die rötlichen Granitarbeitsplatten in der Küche sind dafür etwas zu protzig geraten.
Aber die Einrichtung spielt heute Abend keine Rolle. Ich vermute, dass sie nie eine große Rolle spielt angesichts der gläsernen Schiebetüren an der Westwand, die eine herrliche Aussicht auf den Pazifik bieten.
Die Türen sind offen, der Ozean brüllt, und über der Veranda sehe ich vereinzelte
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