Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
jemandem zu tun, der eine medizinische Ausbildung hat«, wandte Reed ein.
»Vor zwanzig Jahren hätte ich auch in diese Richtung ermittelt«, sagte Milo. »Aber heutzutage, in den Zeiten des Internet, kann jeder jederzeit an alles rankommen.«
»Die große Freiheit«, murmelte Reed.
»Für nichts anderes lohnt es sich zu leben, mein Junge, aber die Freiheit ist eine heikle Angelegenheit.« Milo wickelte die Zigarre aus und klemmte sie sich in den Mundwinkel.
»Ich zünde sie jetzt an, mein Junge. Rechtzeitige Warnung.«
Wir begleiteten Reed nach draußen und überquerten gemeinsam die Straße zum Personalparkplatz. Sein Auto war ein glänzender schwarzer Camaro.
»Das ist keine Schrottschüssel«, sagte Milo.
»Pardon?«
»Hat doch Ihr Bruder gesagt.«
»Er denkt, er weiß alles«, erwiderte Reed. Dann stieg er ein, ließ den Motor aufheulen und fuhr mit quietschenden Reifen los.
13
Milo und ich gingen auf der Butler Avenue in Richtung Süden. Auf das kalte Gleißen der Amtsgebäude folgten Bungalows aus der Nachkriegszeit und Apartmenthäuser. Prompt wurde der Himmel blauer, als habe er Mitleid.
»Irgendwelche neuen Ideen zu Huck?«, fragte er. »Oder zu irgendwas anderem?«
»Jetzt haben wir es gleich mit zwei Kahlköpfigen zu tun«, sagte ich. »Mit dem Mann, den Luz Ramos mit Selena gesehen hat, und dann ist da noch der Kerl mit dem Skalpell. Der gefällt mir übrigens viel besser. Aber zurzeit wüsste ich nicht, was du machen kannst, außer ihn beobachten zu lassen.«
»Du meinst, es ist noch zu früh, um ihn vorzuladen?«, fragte er.
»Bei Straftaten, die dermaßen berechnend begangen wurden, nimmt er sich garantiert einen Anwalt. Ich würde mich an deiner Stelle erst mit der nötigen Munition eindecken, bevor ich schieße.«
Einen halben Block weiter sagte er: »Der Camaro, mit dem Reed grade abgezischt ist, war entweder geliehen oder ein Mietwagen. Laut AutoTrack ist die Karre, die auf ihn zugelassen ist, tatsächlich eine Schrottschüssel. Ein siebenundneunziger Dodge Colt mit Fließheck, vor zehn Jahren gebraucht gekauft. Davor ist er in einem dreiundsiebziger Datsun Kombi rumgegurkt.«
»Stellst du Nachforschungen übers Personal an?«, fragte ich.
»Gott bewahre.« Seit der Festnahme eines korrupten Privatdetektivs und mehrerer Cops wegen Handels mit offiziellen Daten durften nur noch Erkundigungen über Verdächtige eingeholt werden.
»Warum bist du so neugierig auf Reeds fahrbaren Untersatz?«, sagte ich.
»Kam mir so vor, als ob das ein Thema zwischen ihm und Fox ist.«
»Eins von vielen.«
»Genau. Und das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist ein persönliches Drama, das sich auf die Ermittlungen auswirkt.« Er rang sich ein schmales Lächeln ab. »So wie die Dinge stehen.«
»Was fährt Fox?«
»Einen nagelneuen Porsche C4S.«
»Hase und Igel«, sagte ich.
Er zündete seine Zigarre an und blies Rauchringe zum Himmel auf. Wollte locker wirken, aber die Knoten an seiner Kinnlade verrieten, dass er nur so tat als ob.
»Fox und Reed machen dir zu schaffen«, sagte ich.
»Ich habe mich umgehört. Fox’ Vater, Darius Fox, war Streifenpolizist im Südwesten und wurde vor dreißig Jahren im Dienst ermordet. Das war vor meiner Zeit, aber ich kenne den Fall. Jeder kennt ihn, weil bei der Ausbildung darauf zurückgegriffen
wird. Als Beispiel dafür, was alles schiefgehen kann.«
»Häusliche Querelen oder eine Verkehrskontrolle?«, fragte ich.
Er nahm die Zigarre aus dem Mund. »Kannst du auch Kaffeesatz lesen?«
»Ich bin nur die Möglichkeiten durchgegangen.«
»Eine Routinekontrolle, frühmorgens. Ein Cadillac mit kaputtem Rücklicht, an der Siebenunddreißigsten, westlich vom Hoover Boulevard. Das Auto war gestohlen, aber das kam erst raus, nachdem sich Darius und sein Partner einen dämlichen Schnitzer geleistet hatten. Statt dass sie beide erst die Autonummer abfragen, hat das sein Partner übernommen, während Darius hinging, um den Fahrer zu überprüfen. Das war lange bevor es Computer in den Streifenwagen gab - damals musste noch alles über Funk durchgegeben werden. Die Daten waren auch noch nicht digitalisiert, so dass es eine Zeitlang dauern konnte. Die beiden hatten also umso mehr Grund, vorsichtig zu sein.«
»Anfänger?«, fragte ich.
»Im Gegenteil, Darius hatte acht, der Partner sechs Dienstjahre auf dem Buckel. Er hat fast ausschließlich mit Fox gearbeitet. Vielleicht hat das eine Rolle gespielt - wie wenn man sich in einer Ehe zu wohl fühlt,
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