Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
bestätigen.«
»Ich glaube Ihnen, Joe Otto. Erzählen Sie mir was von Sheralyn.«
»Glauben Sie wirklich, dass sie es ist?«
»Ich bin mir nicht sicher, aber die Beschreibung passt zu der Leiche, die wir gefunden haben.«
Duchesne nickte. »Das Bein. Ich habe sie letzten Winter kennen gelernt - im Februar, glaub ich. Vielleicht auch im Januar - nein, im Februar. Sie war grade in die Stadt gekommen, hat sich rumgetrieben, gefroren, war allein. Ich habe sie genommen, weil’s niemand anders gemacht hat.«
»Warum nicht?«
»Wegen dem Bein. Das arme Ding hatte Schwierigkeiten, längere Zeit zu stehen, das hat natürlich ihre Produktivität eingeschränkt. Ich hab ihr alle möglichen Schuhe besorgt. Einlegesohlen, Einlagen, Gelpolster, was Sie wollen. Nichts hat wirklich was genützt, aber sie wollte nicht aufgeben. War fleißig, ein nettes Mädchen.
»Sie haben sie also gemocht?«
»Sheri war ein nettes Mädchen«, wiederholte Duchesne. »Nicht die Allerhellste unter der Sonne, aber sie hatte … eine herzliche Art. Ich habe sie aus lauter Menschenfreundlichkeit genommen, aber letzten Endes hat das mit dem Bein gut geklappt.«
»Wie das?«
»Ein gewisses Konsumentensegment wurde davon angezogen.«
»Typen, die auf Hinkende stehen«, fasste Milo zusammen.
»Typen, die Verletzlichkeit mögen.«
»Hat jemals irgendwer ihre Verletzlichkeit ausgenutzt, Joe Otto?«
»Nein, Sir«, sagte Duchesne. »Dazu bin ich da.« Er blähte die eingefallene Brust und ballte eine schmächtige Faust, die verkörperte Großspurigkeit.
Kopfschüttelnd schaute Moe Reed auf den Bildschirm.
»Ihr gegenüber ist also niemals jemand grob geworden, Joe Otto?«
»Niemals.«
»Sind Sie sich da sicher?«
»Lieutenant, sie hat nur einen Monat für mich gearbeitet, und es war ein reibungsloser Monat.«
»Was hat sie Ihnen über sich erzählt?«
»Sie kam frisch aus Oceanside. Ein Militärmanöver, hehe . Die Militärpolizei hat beschlossen, dem Spaß ein Ende zu bereiten, so dass es für sie eng wurde. Kommt einem irgendwie nicht fair vor, stimmt’s? Wir schicken die Jungs ins Ausland, damit sie für unsere Freiheit kämpfen, und sie dürfen nicht mal kurz ihren Landgang genießen?«
»Also ist sie nach L.A. gegangen.«
»Versprach sich da üppigere Weidegründe«, sagte Duchesne.
»Hat sie viel über ihr Leben in Oceanside geredet?«
»Sie hat gesagt, sie hätte ein Kind, um das sich ihre Mutter kümmert.«
»In Oceanside?«
»Sie ist nicht näher drauf eingegangen. Hat auch nicht gesagt, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist, und ich habe nicht nachgehakt.« Duchesnes Triefaugen wurden schmäler. »Ich wollte, dass zwischen uns alles geschäftsmäßig bleibt, wissen Sie?«
Milo nickte. »Geben Sie mir irgendwas, mit dem ich arbeiten kann, Joe Otto.«
»Das ist - oh ja, sie hat gesagt, sie war mit einem Marinesoldaten verheiratet, aber der hat sie bald darauf sitzen lassen.
Ich kann Ihnen nicht sagen, ob irgendwas davon stimmt, aber ich wüsste nicht, weshalb sie wegen solchen Kleinigkeiten lügen sollte.« Duchesne spielte mit einem lockeren Eckzahn herum. »Lieutenant, wenn sie diejenige ist, die Sie gefunden haben, stimmt mich das wehmütig. Ich habe gedacht, sie hätte mich sitzen lassen. Ich hätte wissen müssen, dass sie so was nicht machen würde.«
»Sie ist einfach verschwunden?«
»Am einen Tag war sie noch da, am nächsten einfach weg«, sagte Duchesne. »Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, war sie froh und glücklich. Dann komm ich zurück, und sie ist weg, ihr Zeug ist weg - keine Nachricht, keine Nachsendeadresse.« Stirnrunzeln. »Ehrlich gesagt war ich ziemlich baff.«
»Warum sollte sie Sie nicht sitzen lassen?«
»Weil ich sie besser behandelt habe als alle anderen, die sie jemals kennen gelernt hat. Dennoch …«
»Was?«, sagte Milo.
»Bei diesen Mädchen kann man das nie wissen. Dürfte ich vielleicht um eine Cola bitten?«
»Klar.«
Moe Reed stand auf. Kurz darauf war er im Nebenzimmer, und Duchesne setzte eine große Dose an.
»Joe Otto, was glauben Sie , könnte Sheralyn von Ihnen weggelockt haben?«
»Das frag ich mich auch ständig, Lieutenant. Vielleicht hatte es irgendwas mit ihrem Kind zu tun oder mit ihrer Mutter. Aber ich hatte keine Nummer, um dem nachzugehen.«
»Vielleicht hat sie einen besseren Job bekommen.«
Duchesne kniff die Lippen zusammen.
»Wäre das möglich, Joe Otto?«
»Inwiefern besser?«
»Sagen Sie’s mir.«
»Ich bin ein gerechter Mann, und sie war
Weitere Kostenlose Bücher