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Knochensplitter

Knochensplitter

Titel: Knochensplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S MacBride
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mündete in einen Port an ihrem rechten Handgelenk.
    »Ich bin wieder in den Wohnwagen gezogen. Da mieft es schlimmer als die Füße von deinem Alten. Ganz verschimmelt …«
    Wee Hamishs Blumen standen in einer großen Vase auf dem Fensterbrett. Ein riesiges Bukett mit Rosen, Nelken und irgendwelchem wuscheligem weißem Zeugs, dazu Blätter und verschlungenes Bambusrohr. Extravagant, aber geschmackvoll.
    »Elaine hat übrigens deine ganzen Klamotten eingesammelt. Die Unterhosen und Stiefel und so.« Er ließ sich nach vorne sinken, bis sein Kopf auf ihrer Brust ruhte, die sich im Rhythmus ihres mechanisch unterstützten Atems hob und senkte. »Verdammt … Ich weiß nicht, ob du mich hören kannst. Aber es wird alles gut. Das verspreche ich dir.«
    Elender Lügner.
    »Man könnte fast meinen, Sie stellen mir nach.«
    Logan rieb sich die Augen, ohne den Kopf von der Zimmerecke zu wenden. »Tut mir leid …« Es dauerte ein paar Sekunden, bis er begriff, wo er war – in einem unterirdischen Korridor tief in den Eingeweiden des Krankenhauses. Das Wummern der Belüftungsanlage, der Geruch von totgekochtem Kohl und Bohnerwachs.
    Er zog die Nase hoch. Wischte sich wieder über die Augen. »Ich bin hier immer durch die Flure getigert … nach der Messerattacke, meine ich. Muss wohl drei Paar Turnschuhe durchgelaufen haben, bis sie mich endlich entlassen haben. Und immer bin ich irgendwann hier gelandet.« Er starrte die vier gerahmten Aquarelle an, die an der verschrammten cremefarbenen Wand hingen. Immer dieselbe Landschaft in verschiedenen Jahreszeiten; die Farben so lebhaft, dass es schon surreal wirkte.
    Die Rechtsmedizinische Assistentin drehte sich um und musterte ihn. Ihre feuerroten Haare schwangen wie ein Pendel. »Geht es Ihnen gut?«
    Er hätte fast gelacht. »Die letzten paar Tage waren ziemlich heftig.«
    Schweigen.
    »Wollen Sie vielleicht eine Tasse Tee oder so?«
    »Milch, zwei Stück Zucker.« Sie stellte einen dampfenden Becher vor ihn auf den Tisch.
    Kaffee. Er konnte ihn riechen, durch das Bleichmittel und das Formaldehyd hindurch. Durch den Geruch des institutionalisierten Todes. »Danke.«
    Die RMA blickte sich um. »Machen Sie sich keine Gedanken wegen Mrs. Sawyer, es war alles sehr friedlich.« Eine alte Dame lag auf dem Obduktionstisch; nur der Kopf und die nackten Füße schauten unter dem weißen Plastiktuch hervor. »Sind Sie sicher, dass Ihnen nichts fehlt?«
    »Nein.«
    Ein Nicken. »Also, passen Sie auf, ich hab da was, das könnte Sie vielleicht aufmuntern …« Eine Minute später war sie wieder da, mit dem Laptop aus dem Nebenzimmer in der Hand. Sie stellte ihn neben Logans Kaffee auf den Tisch und hantierte mit dem Touchpad herum. »Sie hatten doch nach toten Mädchen gefragt, denen Morphium und Thiopental verabreicht wurden, erinnern Sie sich?«
    Das Bild war irgendwie verschwommen und unscharf. Er blinzelte. Es war ein kleines Mädchen, die Augen halb geschlossen, das Gesicht mit Kratzern und Hämatomen übersät, verkrustetes Blut um die Nase herum. Prinz-Eisenherz-Frisur mit messerscharfem Pony.
    Die RMA tippte auf den Bildschirm. »Olivia Brook. Fünfeinhalb. Verkehrsunfall. Ist beim Radfahren von einem VW Polo erwischt worden. Ich wollte Ihnen eine Mail schicken, sobald wir mit Mrs. Sawyer fertig sind.«
    Logan starrte das Foto an. Armes kleines Ding … »Ich dachte, Sie hätten schon im Archiv –«
    »Oh, sie ist nicht gestorben. Sie mussten ihr das linke Bein abnehmen, direkt über dem Knie. Es hing sowieso nur noch an ein paar Hautfetzen; die Blutversorgung war schwer beeinträchtigt, die Knochen völlig zertrümmert – da war nichts mehr zu machen.«
    »Wo ist das Bein?«
    »Die Krankenhausabfälle werden bei uns eingeäschert.« Sie hob die Hände zu den Deckenfliesen, schüttelte leicht den Kopf und zog eine Augenbraue hoch. »Sodass …?«
    »Sodass niemand einen fehlenden Zeh vermissen würde.« Diese Schweine.
    » Aber … wir haben Blutproben archiviert. Ich kann Ihnen eine schicken, falls Sie einen DNS -Abgleich machen wollen?«
    »Ja, wenn Sie es möglichst –«
    Logans Handy dudelte tief in seiner Tasche. Der voreingestellte Klingelton verriet, dass es sich um eine unbekannte Nummer handelte. Wenn es dieser verdammte Shuggie Webster war, der wieder von seinen Konsequenzen faselte, dann konnte er sich auf etwas gefasst machen. Logan fischte das Handy heraus. »Was gibt’s?«
    Ein kleine, von Rascheln erfüllte Pause, und dann: »Logan?« Eine Männerstimme, rau und

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