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Knochensplitter

Knochensplitter

Titel: Knochensplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S MacBride
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besonders bei jemandem mit so viel Übung wie Trisha.« Lucy Woods setzte sich auf die Fersen. »Wäre vielleicht nicht schlecht, sie für die eine Nacht in die Notaufnahme zu bringen, nur für alle Fälle.«
    Das war zwar auch nervig, aber allemal besser, als zu riskieren, dass sie im Polizeigewahrsam an einer Überdosis starb. »Ich lasse sie hinbringen.«
    »Gut.« Die Sozialarbeiterin stand auf. »Wir passen für dich auf Ricky auf, okay, Trisha?«
    Blinzel , blinzel . Sie schmatzte mit den Lippen. »Nein …« Stirnrunzeln. »Mum. Mum nimmt ihn zu sich.« Blinzel .
    »Deine Mutter? Ich dachte, die sitzt noch in Craiginches?«
    »Jemand hat mich vergewaltigt …« Und als sie diesmal die Augen schloss, blieben sie geschlossen.
    »Craiginches?« Logan sah zu, wie die Sozialarbeiterin den Kopf schüttelte, Trisha den Puls fühlte und sich dann hochhievte.
    »Wo ist der Kleine?«
    »Im anderen Schlafzimmer. Wird sie durchkommen?«
    »Ich habe ihren Fall übernommen, als sie dreizehn war. Seitdem hatte sie im Schnitt zweimal pro Jahr eine Überdosis. Sie sollten ihr im Krankenhaus vorsichtshalber gleich den Magen auspumpen – wer weiß, was sie alles geschluckt hat.«
    Der kleine Ricky kauerte in der Zimmerecke, und seine Augen zuckten hin und her, als Logan hinter der Sozialarbeiterin eintrat. Kleidungsstücke lagen auf dem schäbigen beigefarbenen Teppichboden verstreut; auf dem Nachttisch waren Spritzen und flammengeschwärzte Löffel aufgereiht.
    Eine Beamtin des Razziateams lehnte an einer klapprigen Kommode. Sie hatte den schwarzen Schutzhelm neben sich gelegt und blätterte in einer Ausgabe von Hello! , die sie rasch auf einen Stapel anderer Promi-Klatschmagazine warf.
    Selbst Drogendealer und Süchtige hatten ihre Träume.
    »Sarge.« Sie deutete mit dem Kopf auf den Jungen. »Vorsicht – er beißt.«
    Der Junge fletschte die Zähne, und ein leises Grollen stieg aus seiner Kehle auf, während seine schmutzigen Finger eine Buzz-Lightyear-Plastikfigur gepackt hielten wie einen Klauenhammer.
    »Ricky?« Lucy Woods’ Weste ächzte, als sie vor dem Jungen in die Knie ging. »Erinnerst du dich an mich, Ricky?«
    Der Kleine starrte sie eine Weile an und nickte dann.
    »Gut. Wir bringen dich zu deiner Oma, da kannst du heute Nacht bleiben, okay? So lange, bis es deiner Mama wieder besser geht.«
    Logan lenkte den Wagen in den Abbotswell Crescent und durch ein Labyrinth aus gesichtslosen grauen Granithäusern, die im bleichen Licht der Morgendämmerung still dalagen.
    Der kleine Ricky saß mit PC Guthrie auf dem Rücksitz, und der Constable schaute mindestens ebenso misstrauisch und besorgt drein wie der Dreijährige.
    Lucy Woods tippte ans Beifahrerfenster. »Was glauben Sie, was das Zeug da wert ist?«
    Die in Zellophan gepackten Blumensträuße bildeten einen Teppich, der den Gehsteig vor einem unscheinbaren Doppelhaus fast vollständig bedeckte. Teddybären waren an den kniehohen Gartenzaun gebunden, zusammen mit Engeln, Einhörnern und diversen anderen Stofftieren. Der Schein der Kerzen, die zwischen den Blumen in Einmachgläsern flackerten, verblasste schon im Licht der aufgehenden Sonne. Ein Spruchband mit der Aufschrift »Jenny, wir geben die Hoffnung nie auf!« war im Vorgarten zwischen zwei Pflöcken aufgespannt. Und einige der Plakate, die der Wochenendausgabe der Scottish Sun beigelegen hatten, klebten an Hauswänden oder waren an Holzpfosten festgetackert. »Alison und Jenny – niemals aufgeben!« stand darauf.
    An einem Ende des Blumenmeers hockten eine Handvoll Menschen, in Schlafsäcke und dicke Parkas gehüllt. Zwei von ihnen waren noch wach; sie rauchten Zigaretten und tranken Tee aus einer Thermoskanne. Als der Einsatzwagen an ihnen vorbeikam, hielten sie inne und starrten ihm nach.
    Eine der beiden Gestalten hob die Hand zu einem solidarischen Gruß und wandte sich dann wieder ihrer Mahnwache zu.
    Die Sozialarbeiterin erwiderte den Gruß mit einem Nicken. »Sicher, damals, als ich jung war, gab es noch nichts in der Art von X-Factor , Britain’s Got Talent oder Big Brother . Sonst hätte ich es vielleicht schaffen können. Und richtig berühmt werden.« Sie drehte den Kopf, als die öffentliche Demonstration der Trauer aus dem Rückspiegel verschwand. »Das hätte ich sein können …«
    Um Gottes willen.
    Logan warf ihr einen Seitenblick zu und starrte dann wieder auf die Straße.
    Manche Leute sollten sich wirklich zweimal überlegen, was sie sich wünschen.
    »Sind Sie sicher, dass das eine

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