Knochensplitter
Ihr Bauch?«
»Haben Sie bei Trisha Brown einen Abstrich gemacht?«
»Ja … Entzückende junge Dame. Angeblich habe ich versucht – wie hat sie es noch mal ausgedrückt –, sie ›anzubaggern‹. Lassen Sie mich mal Ihre Hände sehen.«
Er streckte sie beide aus, worauf sie ihren Stuhl auf quietschenden Rollen näher rückte, seine linke Hand nahm und sie eingehend betrachtete. Zwei kleine Narben waren genau in der Mitte des Handtellers zu erkennen, im Abstand von gut einem Zentimeter; die Haut an diesen Stellen glänzte rosig. Sie drehte die Hand um und inspizierte den Rücken. Noch mal zwei Narben.
»Machen sie Ihnen immer noch Kummer?«
Er zuckte mit den Achseln. »Hängt vom Wetter ab.«
»Also, sagen Sie mir Bescheid, wenn es anfängt zu pochen oder wenn die Hände anschwellen oder die Finger sich beim Bewegen steif anfühlen. Wollen ja nicht, dass Sie Zysten bekommen.«
»Was ist mit dem Abstrich?«
»Hmm? Ach so, ja. Also, es sind Hämatome im Vaginalbereich zu erkennen, die auf erzwungenen Geschlechtsverkehr schließen lassen, ebenso Analrisse und weitere Blutergüsse an den Brüsten und den Innenseiten der Oberschenkel.«
»Sperma?«
Dr. Delaney biss sich auf die Oberlippe. »Auch.«
»Aber?«
»Tja, wissen Sie, Suchtkranke wie Trisha müssen sich nun mal irgendwie Geld beschaffen. Und deswegen sage ich, es sieht in der Tat so aus, als sei sie vergewaltigt worden, aber es ist nicht heute passiert, und das Sperma, das ich ins Labor schicken werde, stammt vermutlich von einer ganzen Reihe ihrer jüngsten Freier. Sie hält offenbar nicht viel von Safer Sex.«
»Hat sie irgendwas gesagt?«
»Sie meinen, außer ›Lass die Finger von mir, du dreckige Lesbenschlampe‹? Nein, eigentlich nicht.« Die Polizeiärztin rollte ihren Stuhl an den Schreibtisch zurück. »Es wäre schön, wenn man glauben könnte, dass sie sich Hilfe suchen wird – dass sie es schafft, die Finger von den Drogen zu lassen und in irgendeiner netten Gegend mit ihrem kleinen Jungen ein neues Leben anzufangen. Aber ich habe das Gefühl, dass wir alle nur zu genau wissen, wo sie enden wird.«
»M-hm.« Früher oder später würde Trisha Brown von Dr. Delaneys Patientin zu Doc Frasers Leiche werden.
»Schsch … Es wird alles gut, Schätzchen. Es wird alles gut …«
Mamis Stimme klingt wie etwas Klebriges mit Glasscherben drin. Die Arme um ihr braves kleines Mädchen geschlungen, wiegt sie es auf ihrem Schoß hin und her. Manchmal, wenn man Angst hat, ist es nirgendwo so warm und kuschelig wie bei Mami …
Manchmal.
Sie zieht die Nase hoch und wischt sich mit dem Ärmel über die Augen. Und dann kann sie sich gerade noch beherrschen, ehe sie sich den Daumen in den Mund steckt. Daumenlutschen ist böse, davon kriegt man ganz schiefe Zähne, wie eine fiese Ratte.
Teddy Gordon beobachtet sie vom Fußende des Betts, seine schwarzen Plastikaugen funkeln.
Er hat Augen wie eine Ratte.
Wie eine Krähe, die Fleischstücke aus einem zerquetschten Kaninchen reißt.
Wie das Auge einer Videokamera.
»Schschsch … Schschsch …« Mami zittert krampfhaft.
Etwas landet in ihren Haaren und rinnt dann ihre Kopfhaut hinunter, warm und feucht. Mami weint nie. Nicht mehr, seit sie Papa in einer Kiste in die Erde gelegt haben, damit er bei den Engeln sein konnte.
Mami streichelt ihr übers Haar. »Es tut mir leid, Schatz, es tut mir so leid … Es wird nur ganz kurz wehtun, das verspreche ich dir.«
Wenn die Monster zurückkommen, um ihr die Zehen wegzunehmen.
17
Trisha Brown schniefte. Ihre Augen waren barbiepink, ihre Pupillen zwei winzig kleine Pünktchen, als sie durch die Luke in ihrer Zellentür spähte. Das Zittern hatte früh eingesetzt, und ihre Haut war mit einem Schweißfilm überzogen. Der durchdringende Gestank von ungewaschener Haut und altem Erbrochenen strahlte in Wellen von ihr ab.
Logan versuchte es noch einmal: »Wer hat › DS Logan McRae‹ auf Ihre Brust geschrieben?«
»Mir geht’s nicht gut …«
»Trisha, es ist Viertel vor fünf Uhr morgens, in etwas mehr als zwei Stunden fängt meine Schicht an, und ich war die ganze verdammte Nacht auf den Beinen wegen Ihnen. Also, wer hat meinen Namen auf Ihre Brust geschrieben, raus mit der Sprache!« Er gab sich große Mühe, nicht zu brüllen.
Sie blinzelte. Dann gruben sich plötzlich kleine Fältchen in ihre glänzende Stirn. »Du bist das, oder?«
»Wer hat es geschrieben?«
Sie legte eine knochige Hand auf ihre Brust und rieb die Stelle, wo ihr Top Logans
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