Knochensplitter

erst heute zurückbekommen. Wer immer das Blut von dem Erpresserbrief ins Labor geschickt hat, hat sich nicht die Mühe gemacht, auch eine Gewebeprobe beizulegen .« Ein gedehnter Seufzer drang an Logans Ohr. »Das Blut stammt von Jenny, aber nicht der Zeh.«
    »Oh, verdammter Mist.«
    Rennie zeigte mit der Fernbedienung auf den Apparat. »Aber das ist doch gut, oder nicht? Es heißt, dass Jenny gar nicht tot ist – sie lebt noch.«
    »Chief Superintendent, wird der Gedenkgottesdienst für Jenny dennoch stattfinden?«
    »Dazu kann ich wirklich nichts sagen.«
    Doc Fraser schniefte. »Logan, Ihr Chef tobt wegen dieser Sache wie ein abgebrochener Godzilla, und wenn er mich noch ein Mal einen Idioten nennt, dann übernehme ich keine Verantwortung mehr für mein Tun, verstanden?«
    »Ich weiß, Finnie kann manchmal ein bisschen –«
    »Ich habe den Dienst quittiert, um von so einem Scheiß künftig verschont zu bleiben!« Der Rechtsmediziner legte auf.
    »Ich kann leider keine weiteren Fragen beantworten –«
    »Michael Larson, Edinburgh Evening Post: Sind Sie jetzt bereit zuzugeben, dass das Ganze nur ein schlechter Scherz war, der auf das Konto der Produktionsfirma von Britain’s Next Big Star geht ? «
    »– Pressekonferenz hiermit für beendet.«
    »Beantworten Sie die Frage, Chief Superintendent!«
    Die vier auf dem Podium standen auf und marschierten davon, angeführt von einem vor Wut zitternden Finnie.
    »Chief Superintendent!«
    »Wow …« Rennie rieb sich den Nacken und löste dabei eine kleine Lawine von Hautschüppchen aus, die in der Sonne glitzerten. »Finnie scheint ja wirklich stinksauer zu sein.«
    Logan sah zu, wie die Tür am hinteren Ende des Presseraums zufiel, worauf die Journalisten und Kameraleute sich sofort hastig für ihre Livereportagen in Position brachten. Ein Mann mit teigigem Teint und überkämmter Glatze erschien auf dem Bildschirm, in der Hand ein Mikrofon. »Sie haben es mitbekommen, meine Damen und Herren. Die Grampian Police räumt ein, dass der Anfang der Woche gefundene abgetrennte Zeh nicht von – «
    Der Bildschirm wurde schwarz.
    DI Steel warf die Fernbedienung auf den Tisch. »Okay, ihr Drückeberger, ab an die Arbeit. Das ändert rein gar nichts – wir müssen nach wie vor den Mörder eines kleinen Mädchens finden.«
    Die Zweierteams drängten sich zur Tür hinaus und unterhielten sich aufgeregt über Jenny McGregors wundersame Rückkehr von den Toten.
    »Du nicht, Laz.«
    Logan erstarrte auf der Schwelle.
    »Rennie!«
    Der Constable kam zurück und steckte den Kopf zur Tür herein. »Madame haben geläutet?«
    »Teilen Sie Laz’ Anteil an Pädos und Vergewaltigern unter den anderen Teams auf; wir gehen ein bisschen gedenken.«

18
    »Nein, es ist definitiv kälter geworden.« Rennie trat von einem Fuß auf den anderen, legte den Kopf in den Nacken und ließ die Luft in einem langen Strom entweichen. Ein dünnes weißes Wölkchen stieg von seinen Lippen auf. »Seht ihr! Was hab ich gesagt?«
    » Aye , sehr clever.« Steel kniff die Augen zusammen und spähte zu der Schlange von Honoratioren hinüber, die sich durch die Tür der St. Nicholas Kirk schob. Dabei hielt sie ihr Handy ans Ohr gedrückt. »Nein, nicht Sie, Sir … Ja, das denke ich auch …«
    Der Friedhof war ein einziges Meer von Gesichtern – Schulter an Schulter standen die Menschen von der Kirche bis zu der Kolonnade, die das Areal zur Union Street hin abschloss. Eine Reihe von orangefarbenen Verkehrskegeln und ein Polizeiband hielt die Menge von dem breiten Fußweg zur Kirche fern. Es mussten mindestens tausend Menschen hier versammelt sein, wahrscheinlich mehr. Kamerateams und Fotografen standen in kleinen Grüppchen beisammen und richteten ihre Objektive auf die wogende Menge.
    Rennie wippte auf den Fußballen auf und ab. »Schon jemand Berühmtes entdeckt?«
    Logan ignorierte ihn. Fast alle trugen Schwarz, manche hielten knallbunte Teddybären in den Händen, andere Blumensträuße, an denen noch die Preisschilder von Asda, Tesco oder der Tankstelle um die Ecke klebten.
    »Vielleicht hatten sie ja keine Zeit, heimzugehen und sich umzuziehen, was meinst du?« Rennie nickte, wie um sich selbst zuzustimmen. »Ich wette, die Hälfte von denen ist richtig enttäuscht, dass Jenny plötzlich nicht mehr tot ist. Wie soll man auch um ein kleines Mädchen trauern, wenn es noch am Leben ist?«
    »Alter Zyniker.« Steel hielt sich das Handy an die Brust. »Ui, ist das nicht der Dings aus dem Fernsehen? Was