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Knockemstiff (German Edition)

Knockemstiff (German Edition)

Titel: Knockemstiff (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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meiner Mom nicht mal im Traum eingefallen wären.
    »Lucy«, sagte William, »lass Theodore in Ruhe. Du bist doch nur neidisch, weil ich einen Freund habe und du nicht.« Freund? Das war das erste Mal, dass William auch nur andeutete, dass ich mehr war als seine dumme Marionette. Vielleicht hatte Mom recht; vielleicht musste man nur so tun als ob, und eines Tages war es dann wirklich so, ganz gleich wie fantastisch oder irre es war.
    In diesem Augenblick kam ein Schrei aus dem Haus, gefolgt von einem lauten Krachen. Als William sah, wie seine Schwester zur Veranda stürzte, drehte er sich um und gab mir den Stock. »Hier«, sagte er. »Ich geh jetzt besser rein. Ziel auf ihre Köpfe.«
    »Warte, William«, platzte ich heraus. Ich stand da und wollte etwas Ermutigendes sagen, aber wir beide wussten, dass ich vor seinem Vater eine Heidenangst hatte. Er legte den Kopf seitlich und sah mich ungeduldig an. »Kann ich irgendetwas tun?« fragte ich schließlich.
    »Theodore«, sagte William und grinste wie ein Verrückter, »wir sind Götter, schon vergessen? Scheiße, wir können alles.« Dann drehte er sich um, rannte zum Haus, schubste Lucy beiseite und verschwand durch die Hintertür.
    Alle Ameisen waren tot. William hatte wieder mal die ganze Kolonie ausgerottet. Ich ging über den Hof, und meine Mutter und ein Kerl mit Riesenkoteletten kamen in einem Wagen mit selbst gebautem Verdeck in die Einfahrt gerollt. Sie ließ sich andauernd von Leuten aus der Schweinefabrik nach Hause fahren. Der Mann lenkte mit einer Hand und fummelte mit der anderen an der Brust meiner Mutter herum. Die beiden lachten. Als Mom aufblickte und mich mit dem verkohlten Stock auf sie zukommen sah wie mit einem qualmenden Gewehr, zog sie ihre Bluse herunter und winkte wild in meine Richtung. Dann sprang sie aus dem Wagen, gab ihrem Fahrer einen Kuss auf die Wange und lief ins Haus.
    Später am Abend sagte meine Mutter wieder mal zu mir, ich würde genauso aussehen wie mein Vater, und ich fragte mich, ob auch das nur eine ihrer Illusionen war. Sie lag im seidenen Morgenmantel auf dem Bett, und ihr Parfum erfüllte den heißen Raum mit Blumenduft. Sie streckte die Hand aus und dimmte das Licht der Nachttischlampe. Dann legte sie den Kopf in den Nacken, nahm meine Hand und führte ein Küchenmesser an ihre weiche Kehle. »Okay«, flüsterte sie und schloss die Augen, »wer willst du heute sein?«
    Ihre feuchte, blasse Haut schimmerte im Dämmerlicht, und eine Motte flatterte wild vor dem rostigen Fliegenfenster. Ich spürte, wie der Körper meiner Mutter unter der dünnen, scharfen Klinge zitterte. Draußen drängten mich tausend pulsierende Grillen, doch ich stand eine ganze Weile da und versuchte mich zu entscheiden. »Teddy«, sagte ich schließlich und ließ es klingen, als ob es wahr wäre. »Ich will nur Teddy sein.«

SCHOTT’S BRIDGE
    Nettie Russell starb im Frühling und hinterließ ihrem Enkel Todd einen alten Ford Fairlane und eine Maxwell-House-Kaffeedose mit zweitausend Dollar. 1973 war das ein hübsches Sümmchen. Ihre einzige Tochter Marlene war ein wildes Mädchen gewesen, das sein Leben eines Abends im Winter weggeworfen hatte, als Todd gerade mal zwei Jahre alt war. Ein Hilfssheriff hatte sie auf dem Rücksitz eines Wagens am Rand von Harry Freys Obstgarten gefunden, ein Fremder lag auf ihr, beide waren steif und blau und vom Kohlenmonoxid aufgeblasen wie Unken. Und da keiner von Marlenes Freunden den Mumm hatte, bei der Beerdigung aufzustehen und seine Hilfe für das Waisenkind anzubieten, hatte Nettie keine andere Wahl gehabt, als Todd selbst großzuziehen.
    Als sie ihrem Enkel nur ein paar Stunden vor ihrem letzten keuchenden Atemzug das Erbe aushändigte, sagte sie zu ihm: »Toddy, du gehörst nicht hierher. Nimm das und zieh irgendwo anders hin, bevor du zu Schaden kommst.« Todd war gerade neunzehn geworden, und in der Senke hatten immer alle gespottet, er sei viel zu süß für einen Jungen. Ein paar Jahre lang hatte er davon geträumt, wegzuziehen und Immobilien zu verkaufen, vielleicht sogar in einer Bank zu arbeiten. Die Vorstellung, eines Tages in einem burgunderrot glänzenden Anzug und mit lederner Aktentasche nach Knockemstiff zurückzukehren, hatte seine Großmutter und ihn in den letzten Wochen ihrer langen Krankheit am Leben gehalten.
    Todd hätte sofort, als er die Schlüssel und das Geld in Händen hielt, in die Stadt fahren sollen, aber er stellte fest, dass er Angst hatte, die Senke zu verlassen, ganz gleich,

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