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Knockemstiff (German Edition)

Knockemstiff (German Edition)

Titel: Knockemstiff (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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wie schlimm es hier war. Er zögerte es immer wieder hinaus, trieb sich in der Gegend herum, und einen Monat nach dem Tod seiner Großmutter zogen Frankie Johnson und er in eine Anglerhütte am Hochufer des Paint Creek. Die Leute kapierten das nicht. Frankie war grob wie Schmirgelpapier und lief den Weibern nach; Todd redete wie ein zimperliches Mädchen beim Schönheitswettbewerb und ging auf Zehenspitzen, als wären seine Schuhe voller Glas.
    Die beiden kannten sich zwar schon ihr Leben lang, aber erst seit einer Bierparty bei Copperas Mountain hingen sie miteinander rum. Todd hatte seit der Beerdigung seiner Großmutter im Fairlane geschlafen, fuhr durch die Gegend, hörte sich Liebesschnulzen im Radio an und wünschte sich, dass sein Onkel Claude Darmkrebs bekam. Denn kaum waren sie vom Friedhof nach Hause gekommen, da hatte Claude Todds Krempel auf den schlammigen Hof geworfen und gesagt, er solle Leine ziehen. »Als Mom noch lebte, durfte ich dich nicht rausschmeißen, aber jetzt kann sie nichts mehr machen«, hatte er zu seinem Neffen gesagt.
    Abgesehen von dem Geist, den Todd am Grab seiner Großmutter gesehen zu haben glaubte, hatte er seit drei Wochen mit niemandem mehr gesprochen. Er hatte nur nach einem ruhigen Plätzchen für die Nacht gesucht, als er in die Bierparty geraten war. Sein Einzelgängertum brachte ihn stets in Schwierigkeiten, mehr als alles andere, das wusste er, dennoch hielt er an und schaltete den Motor aus.
    Er setzte sich ein gutes Stück vom Lagerfeuer entfernt in den Schutz einer Weide und lauschte dem Lachen und dem aufgeregten Gerede. Niemand lud ihn ein, näher zu kommen, aber damit rechnete er auch nicht. Die Leute in der Senke, vor allem die Männer, straften ihn bestenfalls mit Verachtung. Doch als in jener Nacht das Fass leer war, kam Frankie Johnson zu ihm herüber und setzte sich auf einen Baumstamm neben ihn. »Hast du Geld, Russell?« fragte er.
    Todd dachte einen Augenblick nach. Frankie war zwar nie sonderlich freundlich zu ihm gewesen, aber zumindest hatte er ihn in Ruhe gelassen, während die anderen ihn beschimpft oder mit Steinen durch die Straßen gejagt hatten. »Ein bisschen«, sagte Todd argwöhnisch.
    »Warum fahren wir nicht in die Stadt und frühstücken was?« sagte Frankie. Er schaute weg, so als würde er sich schämen. »Man munkelt, dass Frisch’s Big Boy seit Neuestem rund um die Uhr geöffnet hat.«
    »Warum?«
    Frankie seufzte. Er nahm einen Stein, drückte auf ihm herum und warf ihn dann ins Gestrüpp. »Ich hab Hunger, das ist alles«, sagte er.
    Von einem Autounfall hatte Frankie eine lange rote Narbe zurückbehalten, die sich über eine Gesichtshälfte zog wie der Riss in einer Eierschale. Todd konnte sich noch daran erinnern, dass Frankie mal ein gut aussehender Kerl gewesen war. Er schaute ihn an, kaute auf der Unterlippe, wägte Risiken und Chancen ab. Die Chancen überwogen. »Okay«, sagte er.
    Ein paar der besoffenen Typen am Feuer johlten, als Frankie in den alten Fairlane stieg. Todd fürchtete schon, es könnte Ärger geben, aber Frankie zeigte ihnen nur den Stinkefinger und setzte sich. Jemand schleuderte eine Bierflasche nach ihnen, als sie auf der Schotterpiste wendeten, doch sie prallte an der Stoßstange ab. »Scheiß Hurensöhne«, murmelte Frankie. Er schloss die Augen und schnarchte die ganze Fahrt über. Sein gammliger Atem erfüllte den Wagen. Todd betrachtete die wulstige Narbe im Schein der entgegenkommenden Fahrzeuge und unterdrückte den Drang, mit dem Finger darüberzufahren. Er fragte sich, ob Todd wohl von den zweitausend Dollar wusste.
    Während des Frühstücks bei Frisch’s Big Boy erzählte Frankie, das Einzige, was er in seinem Leben je geliebt habe, sei ein gelber Super Bee, Baujahr 1969, gewesen, den er mit siebzehn gehabt habe. »Ich erinnere mich an den Wagen«, sagte Todd.
    Frankie lächelte und schob sich noch mehr Ei in den Mund. »Jeder kannte meinen Super Bee«, sagte er. »Das Mistding konnte fliegen. Bei Gott, wenn ich jemals die Chance hätte, würde ich mir wieder genauso einen anschaffen.«
    »Ist das nicht der, den du geschrottet hast?« fragte Todd.
    Frankie hörte auf zu kauen und nickte. »Der schlimmste Tag in meinem Leben«, sagte er. »Neulich hat mich nachts so ein Miststück Frankenstein genannt.«
    Vor drei Jahren hatte er die Kurve beim Pumpkin Center verpasst, und als der Super Bee gegen einen Telefonmast knallte, war er mit dem Gesicht voran durch die Windschutzscheibe geflogen. Es hätte

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