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Knockemstiff (German Edition)

Knockemstiff (German Edition)

Titel: Knockemstiff (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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des Huhns war offen und starrte mich leer an. Ein dünner Faden blauer Eingeweide hing an der Spitze des Spießes.
    Der Reifen brannte lichterloh, dichter schwarzer Qualm verschwand in der Nacht. Vom Gestank des brennenden Gummis wurde mir langsam schlecht. Ich machte ein paar Schritte zurück und schaute zu, wie Frankie den Kadaver über die Flammen hielt. Die Federn krümmten sich, schmolzen und verschwanden. »Willst du’s nicht erst ausnehmen?« fragte ich und trat näher.
    Er sah mich an und bleckte die Zähne. »Es muss nur kochen«, brachte er hervor. Dann zog er Wandas roten Schlüpfer aus der Tasche und hielt ihn sich vor das Gesicht. Das Huhn wurde weich und glitt den Spieß entlang, aber Frankie hielt ihn noch rechtzeitig gerade. Die Haut zischte und qualmte und wurde schwarz. Fett tropfte spritzend ins Feuer. Die Füße des Huhns verschrumpelten und fielen in die Flammen.
    Ohne ein weiteres Wort schritt ich über den Entwässerungsgraben und ging hinaus auf das weiche, kahle Feld. Ich zog die Pillenflasche aus der Socke und steckte sie in die Tasche. Die Route 50 war zwei Meilen entfernt, und ich machte mich auf den Weg. Der Lehm klebte mir an den Stiefeln wie feuchter Beton, und alle paar Schritte musste ich stehen bleiben und ihn abschütteln. Ich sah nach oben und entdeckte Meilen über mir die rot blinkenden Lichter eines Flugzeugs, das westwärts flog. Ich war noch nie geflogen, aber ich stellte mir wichtigtuerische Arschlöcher auf Urlaubsreise vor und Filmstars mit tollem Leben. Ich fragte mich, ob sie wohl von da oben den Schein von Frankies Feuer sehen konnten. Ich fragte mich, was sie von uns halten würden.

GIGANTOMACHIE
    Es hatte in der Nacht heftig geregnet, und am Morgen war entlang des Zauns alles feucht und hellgrün, alles bis auf den braunen Ameisenhügel. Den hatten wir erst letzte Woche plattgemacht, und doch war er schon wieder so groß wie ein Sack Kartoffeln, ganz so, als wären wir überhaupt nicht dort gewesen. Mann, die Ameisen hatten sogar den Betonblock unter sich begraben, den William dort als Denkmal für die im Krieg Gefallenen hatte stehen lassen.
    »Die verarschen uns«, sagte William und starrte auf die Ameisen hinunter, die auf dem lehmigen Hügel herumhuschten, Sturmschäden ausbesserten und nichts von uns, ihren Todfeinden, ahnten.
    »Hä?« machte ich, »ist doch nur Ungeziefer.« William machte aus allem eine Riesensache. Die ganze Welt hatte es auf ihn abgesehen, sogar die Seidenpflanzen und die Blatthornkäfer. Grund dafür war sein Vater, Mr. Jenkins. Alle neun Kreise der Hölle spielten sich Abend für Abend in ihrem Haus ab. Der Alte war so eine Art Fanatiker, und William lief ständig mit mürrischer Miene und Dauerkopfschmerzen herum. Bevor er nebenan einzog, hatte ich gedacht, dass nur alte Leute Kopfschmerzen kriegen. William wollte andauernd, dass ich meiner Mom Aspirin klaute, dann lutschte er sie wie Bonbons und versuchte, jede einzelne so lange wie möglich im Mund zu behalten. Mit meiner Mutter zu leben war kein Zuckerschlecken, aber im Vergleich zu dem, was William und seine Schwester Lucy durchmachen mussten, war es, wie mein Onkel Clarence immer sagte, als würden wir Puderzucker in den Arsch geblasen kriegen.
    »Hast du die Streichhölzer mit?« fragte William. Gestern hatte er eingewilligt, die Vietcong zu killen, wenn ich Feuer mitbrächte. Mom und ich schauten uns jeden Abend die Nachrichten vom Krieg an, und ich hatte schon den ganzen Sommer darauf gewartet, ein Kommunistendorf abzufackeln.
    Ich zog die Schachtel Streichhölzer aus der Tasche, und er rannte los und holte die leere Flasche Bleiche, die er in einem Busch Katzenschweif bei dem eingefallenen Zaun versteckt hatte. »Wir müssen vorsichtig sein«, sagte er und schaute zu seinem Haus hinüber. »Der alte Herr ist mal wieder auf Kriegspfad.«
    »Verdammt, gibt der Kerl denn nie Ruhe?« fragte ich. Die Flecken auf Williams dürren Armen hatten die Farbe einer alten Banane angenommen. Mein ganzes Leben hatte ich mir einen Vater gewünscht, aber seit Mr. Jenkins neben uns wohnte, hatte ich da so langsam meine Bedenken. Meiner hatte Mom sitzen lassen, bevor ich geboren wurde, dafür hatte ich mich immer geschämt. Aber vielleicht hatte ich ja doch Glück gehabt.
    »Anzünden«, befahl er und tat so, als hätte er mich nicht gehört. Er rammte einen langen Stock in den Hals der Flasche und streckte ihn über den Zaun. Ich zündete ein Streichholz an und hielt die Flamme an den

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