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Knockemstiff (German Edition)

Knockemstiff (German Edition)

Titel: Knockemstiff (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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Mutter herumlief, und der später nach Columbus gezogen war, um sich umoperieren zu lassen.
    »Hör endlich auf, deinen Kopf nur in Bücher zu stecken«, ermahnte Clarence Duane eines Morgens am Küchentisch. Clarence sah schlimm aus, jeder konnte sehen, dass er wieder einen üblen Albtraum gehabt hatte. »Schau endlich mehr fern«, sagte er. Der alte Mann trank einen Schluck heißen Kaffee und schob den Teller mit dem Weißbrot und der Wurstsauce von sich, den seine schlaftrunkene Frau ihm hingestellt hatte.
    Duane lehnte an der Tür und trank ein Glas kalte Milch. Sein Magen brannte nun schon seit Wochen. Er wich dem Blick seines Vaters aus, den blutunterlaufenen Augen und den Tränensäcken, und sah sich nervös im Raum um, bis er schließlich sein krummes Spiegelbild in einer glänzenden Kupferpfanne entdeckte, die an der Wand hing. Er starrte die violetten Krater an, die sich in sein schmales Gesicht gegraben hatten, die schwarze Brillenfassung, den kurzen Haarschnitt, auf dem Clarence noch immer bestand. »Guck dir mal diese Twiggy-Tante an«, hörte er seinen Vater sagen. »Von der würde ich auch ein Stück nehmen, bei Gott.«
    Das Problem mit Duane wurde zum Lieblingsthema seines alten Herrn. Und Clarence konnte einfach den Mund nicht halten. Selbst die Idioten, mit denen er in der Papierfabrik arbeitete, spielten mit. Jeden Tag warteten sie, bis Clarence in den Frühstücksraum kam, und dann fing einer von ihnen damit an, er hätte eingetrocknete Samenreste auf dem Rücksitz des Autos seines Sohns gefunden oder gebrauchte Gummis, die wie fette tote Schnecken in der Einfahrt gelegen hätten. Sie fütterten den Alten mit immer neuen Schimpfwörtern, die er Duane um die Ohren hauen konnte: Tunte, warmer Bruder, Sahneschnitte. Das war, wie Öl ins Feuer zu gießen. Clarence kam dann aufgedreht wie eine Uhr nach Hause, stapfte durch die Küchentür herein, wedelte mit seinen schweißigen, von Sägemehl bedeckten Armen umher und brüllte aus vollem Hals: »Schlappschwanz!«
    Duanes Freunde machten es noch schlimmer. Ein paar Wochen nach Schulanfang kamen Porter Watson und Wimpy Miller bei ihm vorbei. Sie waren auf dem Weg zu Geraldine Stubbs, bei der sie landen wollten. Clarence stand in Socken unter dem Walnussbaum vor dem Haus und trank ein Bier. Als Duane auf den Rücksitz des Fairlane kletterte, rief Porter: »He, Clarence, wie geht’s denn so, Mann?«
    »Scheiße«, murmelte Duane, als er seinen Vater auf sie zukommen sah.
    »Wo steckt ihr Jungs denn heute Abend so drin?« fragte Clarence.
    Porter schnappte sich eine Zigarette vom Armaturenbrett und schob sie sich zwischen die Lippen. »Geraldine Stubbs«, antwortete er grinsend. Schwarze Haare, dicht und glänzend wie die einer Frau, hingen ihm über die kantigen Schultern. Er trug billige Ringe in Form von Totenschädeln und Marihuana-Blättern, die seine Finger blaugrün verfärbt hatten. Er hatte schon mehr Mädchen gehabt, als sich an zwei Händen abzählen ließ. Anfang des Sommers hatte seine Mutter ihn in die Garage verbannt, nachdem er Filzläuse angeschleppt und auf ihrer neuen Couch verteilt hatte.
    »Wer?« fragte Clarence und fuhr sich mit der Hand über seinen borstigen grauen Haarschnitt.
    »Eine von den Schwachköpfen drüben beim Reub Hill«, erklärte Wimpy, zog einen kleinen schwarzen Kamm hervor und verteilte Spucke in seinen dünnen roten Haaren. Wimpy hatte ein flaches, dümmliches Gesicht und lange gelbe Zähne. Er erinnerte Duane an einen Dosenöffner.
    »Nett?« fragte der Alte. Er lehnte am Wagen und trank von seinem schaumigen Bier.
    Porter zuckte mit den Schultern, zog an der Zigarette und meinte dann: »Na ja, kein besonderer Anblick, aber sie macht die Beine hübsch breit.«
    »Ja«, sagte Wimpy und lachte, »deshalb wird sie ja auch von allen
Peanut Butter
genannt.«
    Clarence warf die leere Flasche ins Gras. »Wie alt?«
    »Fünfzehn«, antwortete Porter.
    Clarence zog eine verknitterte Packung Red Man aus der Tasche, pulte zwei Fingerbreit Kautabak ab und schob ihn sich in den Mund. Dann sah er die Hügel entlang, die die Senke umgaben. Die Blätter verfärbten sich schnell. Rot und orange leuchtende Flecken hoben sich deutlich vor den grünen Kiefern ab. Seit sechs Monaten hatte er keinen mehr hochgekriegt.
    »He, wie ich Duane immer sage«, erklärte er schließlich mit ernster Stimme, »Schnitte ist Schnitte. Die sind alle gut, nur manche sind eben noch besser als die anderen.« Er hörte sich an wie ein uralter

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