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Knockemstiff (German Edition)

Knockemstiff (German Edition)

Titel: Knockemstiff (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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nach New Jersey zu nehmen, und Todd war jung genug gewesen, um das zu glauben. Er sollte nur den Mund halten über die Nächte, die sie im Kombi verbrachten. Doch dann hatte sie eines Nachts ein Waschbärjäger ertappt, als sie auf der Train Lane standen, und innerhalb von ein paar Tagen tauchten in ganz Knockemstiff üble Gerüchte über den VISTA-Mann auf. Bis Todd davon erfuhr, hatte Gordon sich schon aus dem Staub gemacht. Von da an war es bergab gegangen: ein Hausmeister in der Highschool, in einem Besenschrank, ein paar Perverse auf dem Rastplatz der Route 50. Todd lachte in sich hinein; sein Liebesleben war noch schlimmer als das von Frankie.
    Nachts saßen sie sich manchmal in der großen Kammer auf alten Küchenstühlen gegenüber, die Frankie aus einer Müllkippe am Reub Hill gezogen hatte. Sie rauchten und tranken und warfen sich ein, was immer sie tagsüber hatten auftreiben können. Frankie redete, und Todd hörte zu. Zu dem Zeitpunkt ragte Frankies Leber schon aus der Seite wie eine Babyfaust und quälte ihn meist wie pochende Zahnschmerzen. Er saß dann da und rieb sie sich, während er seine Geschichten erzählte und einen Geist aus der Flasche zu zaubern versuchte. Meistens sprach er von dem Super Bee oder von den Frauen, die er vor der Narbe gehabt hatte, aber ab und zu erinnerte er sich auch an anderen Mist, den er angestellt hatte. »Damals, vor vier, fünf Jahren«, fing er eines Nachts an, »da hab ich mal ein rohes Huhn gegessen, mit allen Innereien.«
    Den Großteil der Woche hatten sie von einem großen Klumpen schimmeligem Libanesen geraucht, den ihnen ein Holzfäller für wenig Geld überlassen hatte, weil den Leuten davon das Zahnfleisch blutete. Der Fußboden in der Hütte war ganz klebrig von blutiger Spucke. Fliegen umschwirrten die Flecken wie Aas.
    »Niemals«, entgegnete Todd. Er hatte einen Finger im Mund und spielte mit einem wackligen Zahn. Er konnte ihn nicht in Ruhe lassen. Seit sie angefangen hatten, den Schimmel zu rauchen, hatte er schon einen guten Zahn verloren.
    »Echt, verdammt«, sagte Frankie. »Frag Bobby Shaffer, der wird’s dir bestätigen.«
    »Mit Gedärmen und allem? Scheiße, Mann, davon wärst du krepiert.«
    Frankie erwiderte nichts darauf, und Todd wusste, dass ihm Übles drohte. Er hob die Hand und berührte sein linkes Auge, das von dem Faustschlag in der Woche zuvor noch ganz empfindlich war. Seit er die Geschichte von dem VISTA-Mann erzählt hatte, schien es, als hätte sich die Lage zwischen ihnen zum Schlechteren entwickelt, und plötzlich fiel ihm auf, dass er keinerlei Fantasien mehr hegte, Frankie und er könnten richtig zusammen leben. Das waren nur so verrückte Vorstellungen gewesen, an die er sich gehängt hatte, als er nach dem Tod seiner Großmutter ganz allein gewesen war. Das meiste Geld von dem Erbe steckte noch in dem Glas. Er konnte jederzeit verschwinden, wenn er wollte.
    In dem dunklen Raum hörte Todd, wie Frankie ein paar Schlucke aus der Flasche Wild Irish Rose nahm, die er den ganzen Abend in Händen gehalten hatte. Etwas huschte über den Boden, und Todd riss die Füße hoch. Die Stille nahm zu und erfüllte das schmutzige Zimmer. Muffiger Haschqualm waberte zur Tür hinaus. Ein Nachtvogel rief von der anderen Seite des Baches herüber. »Nennst du mich einen Lügner?« wisperte Frankie schließlich kaum hörbar.
    Bevor Todd noch antworten konnte, war Frankie aufgesprungen und hatte ihn vom Stuhl gehauen. Seine Fäuste trafen Todds Kopf sieben oder acht Mal, und Todd spürte, wie etwas in seinem Ohr zerbrach. Dann bekam Fran-kie seinen Arm um Todds Hals, drückte zu und schnürte ihm die Luft ab. Todd strampelte mit den Beinen und versuchte, sich loszureißen, doch dann nahm er nichts mehr wahr, nur noch ein kleines schwarzes Loch, das ihn umfing wie ein Ärmel. Sein letzter Gedanke war, dass er seine Großmutter wiedersehen würde, dann wurde er ohnmächtig. Nach einer Weile wachte er wieder auf und lag bäuchlings auf dem blutigen Boden, die Jeans baumelte ihm um die Knöchel. Er drehte sich auf den Rücken und spuckte den Zahn aus. Frankie stand über ihm und wischte sich den Schwanz mit einem Lumpen ab. Todd hob die Hüften und lächelte, als er sich die Hose hochzog. »Was grinst du so, du kleine Schwuchtel?« sagte Frankie. Dann trat er mit dem Absatz seines Arbeitsstiefels hart in Todds Gesicht.
    Als Todd schließlich zu sich kam, war Frankie verschwunden – mit dem Ford und dem Glas voller Geld. Die ganze Nacht über weinte

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