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Knockemstiff (German Edition)

Knockemstiff (German Edition)

Titel: Knockemstiff (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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sich mit Goldschmuck behängt, Halskette und Armkettchen aufeinander abgestimmt, dazu dicke Ringe, die im Neonlicht wie Sterne funkelten.
    Als Del sich mit seinem Bier dem Tresen näherte, drehte sich der Mann um und sah ihn wütend an, dann stapfte er zur Tür hinaus. An der Stelle, wo er gestanden hatte, hing noch der Minzduft von Eau de Cologne in der Luft. Del schaute zu, wie sich der Kerl vorsichtig in den Cadillac setzte. Der Mann kam ihm irgendwie bekannt vor, aber für ihn sahen alle reichen Leute gleich aus.
    »Danke«, sagte die Kassiererin, als Del das Bier auf den Tresen stellte.
    »Hä?«
    »Sehen Sie den Typen da?« fragte sie und nickte in Richtung Fenster. Der teure Wagen rollte langsam auf die Straße. »Er ist fast jede Nacht hier«, erklärte sie. »Steht einfach nur da, starrt meinen Hintern an und bietet mir Geld dafür an, mit ihm auszugehen. Das ist gruselig.«
    »Ich hab ihn für ’ne Schwuchtel gehalten«, sagte Del. »Bei all dem Disco-Scheiß, den er anhat.«
    »Schätze, der kann’s in beide Richtungen«, sagte sie schulterzuckend. »Sie sollten mal hören, worüber der so redet.« Del sah sich das Mädchen an. Auf ihrem Namensschild stand in weiß eingravierten Buchstaben AMY . Sie hatte große Augen, wie in einem Spiegelkabinett, und in ihrer Zunge steckte ein grauer Metallstift. Während sie sprach, kaute sie weiter auf ihren Haaren herum und sortierte Zigaretten in den Kasten über ihrem Kopf. Als Del reingekommen war, hatte er sie einfach nur für einen weiteren Speedfreak gehalten; in jenem Sommer verbreitete sich das Zeug im ganzen südlichen Ohio wie ein Virus. Doch jetzt wurde ihm klar, dass der Grund für die Nervosität des Mädchens der fette Kerl war.
    »Ruf die Bullen«, schlug Del vor.
    »Quatsch«, sie rümpfte die Nase, »die kommen jede Nacht vorbei und trinken umsonst Kaffee, tun aber nichts. Die haben Angst, dass, wenn sie was sagen, er in den Sommerferien ihre Kinder nicht anheuert. Scheiße, nicht mal ich kriege hier Kaffee umsonst.«
    »Was meinst du damit, ihre Kinder anheuern?« fragte Del. »Wer ist denn der Kerl?«
    »Ach, so ein großer Hecht von der Plastikfabrik«, antwortete das Mädchen. »Er ist Millionär oder so.«
    Plötzlich fiel Del ein, wo er den Mann schon mal gesehen hatte. Vor drei Monaten war eine Versammlung für alle Mitarbeiter einberufen worden, um den neuen Manager vorzustellen. Als sie sich im Konferenzraum versammelt hatten, war ein Fernseher mit einem Videorekorder auf einem kleinen Tisch hereingerollt worden. Dann hatte der Vorarbeiter den Fernseher eingeschaltet, und alle hatten sich den fetten Kerl angeschaut, wie er eine Rede über Produktivität hielt. Er hatte gesagt, wenn die Leistung nicht besser würde, hätten sie alle bald keinen Job mehr. Er sprach von China, Vietnam, Alabama. Die Rede dauerte fünfzehn Minuten, dann schaltete der Vorarbeiter den Fernseher aus und spuckte auf die Mattscheibe. »Stellt euch mal den Fettsack an der Presse vor«, sagte er und spulte das Band zurück. »Der feige Arsch würde das keinen Tag durchhalten.« Dann hatte er sich umgedreht und die Leute angesehen. Die Hälfte von ihnen war bereits eingeschlafen. »Jungs«, sagte er, »ihr habt gehört, was der Scheißkerl gesagt hat. Also, zurück an die Arbeit.«
    »Tja«, meinte Del zu der Verkäuferin, »jetzt ist er jedenfalls weg.«
    »Der kommt wieder«, sagte sie. »Das ist so ’ne Art irrer Stalker oder so was.«
    »Ach, vielleicht will er nur dein Freund sein«, witzelte Del, nahm seinen Ehering ab und steckte ihn in die Tasche. »Kann ihm ja keiner verdenken.«
    »Das ist auch so ’ne Sache«, sagte sie nervös und zog plötzlich die Haare aus dem Mund. »Es kommen ja öfter mal Jungs vorbei und flirten. Da wird er schnell stinkig. Neulich hat er sogar einen verscheucht. Ich konnte es nicht fassen.«
    »Du machst Witze«, sagte Del.
    »Nein, ehrlich«, entgegnete sie. »Und als ich sagte, er soll verschwinden, hat er mich nur ausgelacht.«
    »Himmel, du solltest besser aufpassen«, sagte Del. »Verdammt, der könnte doch ein Triebtäter sein oder so.«
    »Sagen Sie nicht so was«, erwiderte sie und schüttelte sich. »Ist schon schlimm genug, hier nachts allein zu sein.«
    »He, das mein ich ernst«, sagte Del. »Was war denn mit der Frau, die bei dem Zigarettenladen überfallen worden ist? Den Kerl haben sie nie geschnappt.«
    Die Verkäuferin lachte kurz. »Ja, aber die Frau war doch irre, obdachlos oder so«, sagte sie, gab Del das

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