Knockemstiff (German Edition)
Junggesellenabschied für ihn geschmissen. Die Highway-Streife ging davon aus, dass Dean mindestens hundertdreißig draufgehabt hatte, als er durch die Scheibe flog. Am nächsten Morgen, als auch die letzten Rettungskräfte abgezogen waren, hatte einer der Myers-Jungs aus der Senke einen schwarzen Schlüpfer und ein Stück rosiges Hirn im Gras gefunden. Niemand hätte sich träumen lassen, dass Dean überleben würde, doch acht Monate später spazierte er auf Krücken aus der Rehaklinik. Über die Stahlplatte auf seinem Schädel war ein Stück Haut gezogen worden, das sie ihm vom Hintern abgenommen hatten. Sharon dachte ab und zu noch an den Schlüpfer und versuchte, sich das Mädchen vorzustellen, das Größe S trug. So kleine Unterwäsche hatte sie seit der dritten Klasse nicht mehr getragen.
»Ich glaub, du hast zu lang gewartet«, sagte Sharon, als sie langsam an der Tecumseh Lounge vorbeifuhren. Das war die letzte Bar, in der ihre Mutter gearbeitet hatte. Der Besitzer hatte noch immer ein Foto von Big Bessie an der Wand hinter der Kasse hängen. Zwei Mal hatten Sharon und Tante Joan hier Glück gehabt.
»Verdammt, ich dachte, wir würden noch vor der letzten Runde hier sein«, jammerte Tante Joan. »Die Betrunkenen sind am leichtesten zu kriegen.« Sie hielt am Rand des Parkplatzes und kramte in ihrer Handtasche nach einer frischen Schachtel Zigaretten. Der Regen, der während der langen Fahrt aufgehört hatte, setzte wieder ein. Sharon fragte sich, ob Dean wohl den Weg zurück ins Haus gefunden hatte. »Na ja«, seufzte Tante Joan. »Wie wär’s, holen wir uns ein paar Doughnuts? Ich hab eigentlich immer Hunger auf Süßes, du nicht?«
Abgesehen von der schielenden Kellnerin war nur noch eine weitere Person im Crispie Creme, ein völlig fertig wirkender junger Mann, der in einer Nische am Ende saß und mit sich selbst zu reden schien. Als sie an der Glastheke standen und auf ihre Bestellung warteten, flüsterte Tante Joan, das sei doch derselbe Kerl, der schon beim letzten Mal dort gesessen habe. »Weißt du noch?« fragte sie. »Da war er mit diesem Typen mit dem zerschlagenen Mund hier.«
»Kann sein«, meinte Sharon.
»Er sieht einsam aus.«
Der Mann schaute von seiner Tasse auf und blinzelte sie im hellen Neonlicht an. Er streckte seine kaffeebraune Zunge heraus. »Du machst wohl Witze«, sagte Sharon.
»Was meinst du damit?«
»Himmel, Tante Joan, der sieht aus wie ein verdammter Serienkiller.«
»Er sieht auch nicht schlimmer aus als die anderen, Sharon. Außerdem glaube ich nicht, dass wir um diese Uhrzeit noch irgendwelche Filmstars abkriegen.« Sie zählte der stummen Kellnerin das Geld passend hin. »Na los, setzen wir uns.«
»Verdammt«, murmelte Sharon leise. Sie hatte gehofft, ihre Tante würde es aufgeben, heute noch einen Kerl aufzureißen. Die beiden setzten sich mit ihren heißen Schokoladen und der Schachtel Doughnuts in eine Nische gegenüber dem Burschen. Er nickte und schaute sie aus blutunterlaufenen Augen an, dann zeigte er ihnen einen Mund voller gelber Zähne. Tante Joan lächelte ihn schüchtern an, dann trat sie Sharon so lange gegen das Schienbein, bis ihre Nichte den Mann zu ihnen an den Tisch bat.
Er sagte, er heiße Jimmy, als er neben Sharon in die Nische rutschte. Sein fettiges Haar hing ihm in die Augen, ein struppiger Bart bedeckte seinen dürren Hals. Verblichene blaue Buchstaben zierten die Knöchel seiner Hände. Tante Joan führte die Unterhaltung, fragte ihn irgendwelchen Blödsinn über seine Familie, schimpfte auf das Regenwetter. Sharon wusste, sie checkte ihn ab, versuchte zu entscheiden, ob er ein Mann war, neben dem sie am Morgen aufwachen wollte. Jimmy wiederholte immer und immer wieder dieselben Phrasen; »cool« und »Party« schienen die einzigen Wörter zu sein, die er kannte. Für Sharon war es offenkundig, dass er kein Hirn im Schädel hatte. Ihre Tante würde ihn perfekt finden.
Schließlich nickte Tante Joan Sharon zu und entschuldigte sich. Sie beobachteten, wie Joan zu den Toiletten ging, und Sharon hoffte inständig, dass sie niemals so watscheln würde wie ihre Tante. Jimmy rutschte an sie heran und schlug vor, die alte Kuh loszuwerden, aber Sharon ignorierte ihn. Als Tante Joan zurückkehrte, hatte er bereits seinen Arm um ihre Nichte gelegt und seine Zunge in ihr Ohr gesteckt. Fünf Minuten später gingen sie alle zum Wagen. »Ihr beiden setzt euch nach hinten«, erklärte Tante Joan. »Ich kümmere mich ums Fahren.«
Als sie auf dem
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