Knockemstiff (German Edition)
Wechselgeld und steckte das Bier in eine Tüte. »Die ist immer mit ganz vergammeltem Essen hier reingekommen und wollte es verschenken. Glauben Sie mir, die war wirklich krass.«
Del bekam einen roten Kopf, stopfte sich das Kleingeld in die Jeanstasche und schnappte sich das Bier. Er wollte schon raus, dann blieb er plötzlich stehen, seine Hand erstarrte auf dem Metallbügel. »Das ist doch Quatsch, was du da gerade erzählt hast«, sagte er wütend mit dem Rücken zur Verkäuferin. »Die Frau ist verheiratet mit ’nem Typen, den ich kenne.« Er starrte hinaus auf den beleuchteten Parkplatz, auf dem nur seine alte Schrottkarre stand. Er drückte die Tür auf. »Die haben sogar ein kleines Baby«, fügte er mit fast brechender Stimme hinzu.
Er ging schnell über den Parkplatz und stieg in den Cavalier. Dann saß er zitternd da und dachte darüber nach, was das Mädchen über Geraldine gesagt hatte. »Du glaubst, du hast Angst vor dem fetten Kerl«, sagte er laut, »dann warte mal ab.« Er nahm das Bier aus der Tüte und riss zwei Löcher in das braune Papier. Er konnte die Verkäuferin in dem Laden sehen, sie saß auf einem hohen Stuhl und hatte die Hand in eine Tüte Doritos gesteckt. Er holte tief Luft, schob sich die Tüte über den Kopf, sprang aus dem Wagen und rannte zur Fensterscheibe. »He!« schrie er und hämmerte mit den Fäusten gegen das Glas. Das Mädchen fiel vor Schreck vom Stuhl und schlug mit dem Kopf auf die scharfe Kante der Feinkosttheke. Del stand einen Augenblick lang in der klammen Nacht, sein saurer Atem erfüllte die Tüte, und er sah auf die leblose Gestalt auf dem gekachelten Fußboden hinab. Dann schob er sich seinen Ehering wieder auf den Finger, ging schnell zum Wagen und fuhr heim.
VERREGNETER SONNTAG
Es war ein Uhr früh nach einem verregneten Sonntag, Sharon saß am Küchentisch und rang mit sich, ob sie sich noch eine Scheibe Käse in den Mund schieben sollte oder nicht. Da rief Tante Joan an und flehte sie an, doch mit in die Stadt zu kommen. »Wie wär’s, versuchen wir es noch mal?« rief sie. Ihre Stimme klang träge und benebelt, und Sharon schätzte, dass sie mal wieder anderer Leute Pillen geschluckt hatte. Seit ihr Vater gestorben war, arbeitete Tante Joan in einem Pflegeheim in Meade, wechselte alten Leuten, die in dieser Welt nicht mehr willkommen waren, die Windeln und löffelte ihnen weiche Nahrung in den Mund. Die Medikamente, die die Alten bekamen, waren für sie eine der Vergünstigungen bei dem Job.
Sharon zog den Vorhang beiseite und sah zum Fenster hinaus. Im Schein der Sicherheitsbeleuchtung konnte sie auf der Straße vor dem Haus mehrere Zentimeter Wasser stehen sehen. »Herrgott«, sagte sie zu ihrer Tante, »da draußen gießt es immer noch.« Sie wollte nicht schon wieder hinaus. Sie war erst am Abend pitschnass geworden, als sie Dean, ihrem behinderten Mann, auf dem Hof hinterhergejagt war. Jetzt tat ihr der Hals weh, sie spürte eine Erkältung im Anmarsch. Sharon hasste nasses Wetter wie sonst nichts.
»Bitte, Schätzchen, ich bin so einsam heute Nacht«, jammerte Tante Joan. »Ich schwör’s, ich bitte dich auch nie wieder.«
Sharon seufzte. Sie hatte ihrer Tante schon beim letzten Mal gesagt, sie würde es nie wieder tun. Es war nicht nur gefährlich, sie kam sich auch so schmutzig dabei vor. Und wenn Dean es jemals herausfand, würde sie nie wieder einen seiner Wohlfahrtsschecks einlösen können. Aber in dieser Nacht konnte sie nicht klar denken. Dean hatte den Fernseher im Wohnzimmer bei voller Lautstärke laufen und hörte irgendeinem großmäuligen Prediger zu, dessen strubblige blonde Haare seinen Kopf umstanden wie ein Heiligenschein. Wohin Sharon auch ging, sie konnte dem Lärm der Fernsehreligion nicht entkommen. Alles war entweder eine Himmelspforte oder Pech und Schwefel. Dean flatterte mit den Armen, als wollte er durch die Decke davonfliegen, der Prediger bat um mehr Geld, und Tante Joan versprach, dass es das letzte Mal sein würde, also gab sie nach. »Hör mal, dieses eine Mal noch, dann ist Schluss«, sagte Sharon. »Bist du sicher, dass du fahren kannst?«
»Bin in zehn Minuten da«, antwortete Tante Joan mit bereits aufgehellter Stimme. »Und Schätzchen, setz diese dumme Sportkappe nicht auf. Ich will, dass du gut aussiehst.«
Sharon legte auf und zog die Plastikfolie von der nächsten Scheibe des wächsernen Käses. Wieder schrie sie zu Dean rüber, er solle den Fernseher leiser machen. Dann ging sie ins Bad und schminkte
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