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Knockemstiff (German Edition)

Knockemstiff (German Edition)

Titel: Knockemstiff (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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zu Jimmy. »Aber nicht auf Doughnuts.«
    Sharon ging zum Haus und sah, dass Dean nicht nur alle Vorhänge heruntergerissen hatte, er hatte auch noch alle schönen Stücke, die sie an die Wände gehängt hatten, zerschlagen. »Das wirst du aufräumen, mein Herr«, sagte sie zu ihm. Ein verwirrter Blick huschte über sein Gesicht, dann rollte er sich auf der Couch zusammen und kratzte sich am Hinterkopf, immer fester, bis Sharon zu ihm hinstürzen und seine Arme packen musste. Die dünne Hautschicht über der Stahlplatte war wund gekratzt und blutete. Dean beruhigte sich für eine Weile, dann sprang er auf und grölte aus vollem Hals: »Row, Row, Row Your Boat!«
    Sharon gab auf, ging durchs Haus und schaltete alle Lichter aus. In der Küche lag ein Foto von Dean und ihr auf dem Boden, der Rahmen war zerschlagen, und sie kickte es unter den Tisch. Dann ging sie den Flur entlang und schloss ihre Schlafzimmertür mit dem Schlüssel auf, den sie stets an einer Kette um den Hals trug. Sie legte ihren Trainingsanzug ab, kroch mit der Schachtel Doughnuts ins Bett und zog die Decke über sich. Ja, dachte sie, sie bekam ganz bestimmt eine Erkältung. Sie schaltete das kleine Radio auf dem Nachttisch ein und drehte am Senderknopf, bis sie leichtes Gedudel fand.
    Sharon nahm einen Doughnut aus der Schachtel und biss hinein, Schokoladencremefüllung. Der Regen platschte gegen das Fenster. Sie aß den Doughnut und fragte sich, wie das Leben in der Wüste wohl wäre. Alles dort wäre neu. Sie könnte eine Diät machen, und Dean könnte sich mal richtig das Gehirn trocknen. Sie könnten alles tun, was die Leute so taten, die in der Wüste lebten.
    Sie biss in einen glasierten Doughnut und dachte an Jimmy. Er hatte ihr die Zunge ins Ohr gesteckt, das war das erste Mal, das jemand so etwas bei ihr getan hatte. Er hatte Mundgeruch gehabt, aber das hatte Dean auch. Sie wünschte sich, sie hätte ihn auf dem Rücksitz gefragt, ob er schon mal in Arizona gewesen sei. Sie fragte sich, ob er eine Freundin hatte oder gar eine Frau. Ihr war kein Ehering aufgefallen, aber das hatte ja heutzutage nichts mehr zu sagen. Dann fiel ihr Tante Joan ein, und sie entschied, besser nicht mehr an Jimmy zu denken. Außerdem war damit endgültig Schluss.
    Sharon leckte sich die zuckrige Glasur von den Fingern und nahm einen Blaubeer-Doughnut, eine ihrer Lieblingssorten. Durch die Tür konnte sie Dean wieder herumgehen hören. Dann meldete sich der Radiomoderator und sagte etwas von weiteren Niederschlägen. Sie streckte die Hand aus und stellte das Radio ein wenig lauter. Die Nachtstimme des Mannes sagte, der Regen habe sich über Ohio festgesetzt. Es würde noch eine Weile weiterregnen.

SENKE
    Als ich aufwachte, dachte ich erst, ich hätte mal wieder ins Bett gepisst, aber da war nur eine feuchte Stelle, wo Sandy und ich in der Nacht gevögelt hatten. Kommt schon mal vor, wenn man so säuft wie ich, dass du dir im Wal-Mart in die Hose machst oder dich von einer Crackbraut und ihren armen Eltern durchschleppen lässt. Ich lupfte ein wenig die Bettdecke und fuhr mit dem Finger über das blaue KNOCKEMSTIFF - OHIO -Straßenschild, das sich Sandy auf ihren dürren Hintern hatte tätowieren lassen. Warum manche Leute Tinte brauchen, um sich daran zu erinnern, woher sie kommen, wird mir stets ein Rätsel bleiben.
    Ich legte meine Arme um Sandy, zog sie an mich und blies meinen schlechten Atem über ihren Nacken. Ich wollte sie gerade wieder nageln, als ihr Dad in seinem Krankenzimmer am Ende des Flurs anfing, leise und traurig zu weinen, wie er das seit dem Schlaganfall immer wieder tat. Das drehte mir komplett den Saft ab. Sandy stöhnte, rollte sich auf die andere Seite des Betts und legte sich ein klumpiges Kissen, das von Sabber und getrockneten Körperflüssigkeiten ganz verkrustet war, über den blonden Schopf.
    Ich starrte die Decke an und hörte, wie Mary, Sandys Mom, an der Tür vorbeistapfte, um nach Albert zu sehen. Die kalten Dielen knarzten und knackten unter ihren fetten Beinen wie Eis. Alles im Haus wirkte alt und verbraucht, auch Sandy. Wie mein alter Herr schon gesagt hatte, nachdem meine Mutter abgehauen war: »Wenn alle, die mal in ihr gesteckt haben, aus ihr herausragten, würde sie aussehen wie ein verdammtes Stachelschwein.« Bei Sandy war es genau dasselbe; so gut wie jeder Kerl im Twin Township hatte sie schon flachgelegt.
    Durch die dünnen Wände hörte ich Mary sagen: »Nein, er ist noch nicht auf.« Seit Sandy mich eines Nachts im

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