Knockemstiff (German Edition)
Parkplatz zurücksetzten, zog Jimmy eine Plastiktüte und eine Sprühdose aus der Manteltasche. »Party«, sagte er wieder und stupste Sharon mit dem Ellbogen an. Sie sah zu, wie er in die Tüte sprühte, dann sein Gesicht hineinsteckte und mehrmals tief einatmete. Das Zeug roch nach Äther, und sie kurbelte trotz des Regens die Scheibe herunter. Schließlich ließ er die Dose zu Boden fallen und lehnte sich zurück. Ein Tropfen Spucke fiel ihm vom dreckigen Bart. Seine Augen waren so leer wie ein toter Fernseher. Sharon blickte auf und sah, wie ihre Tante sie im Rückspiegel anlächelte.
Was immer er da schnüffelte, es hielt nicht lange vor, und als Jimmy wieder aus seinem Nebel auftauchte, beugte sich Tante Joan über den Sitz und öffnete das Handschuhfach. Sie nahm eine Flasche Whiskey heraus, machte eine Riesenschau daraus, die Flasche zu öffnen und so zu tun, als würde sie einen Schluck trinken. Bei der letzten roten Ampel in Meade reichte sie ihm die Flasche. Er nahm einen Schluck und hielt sie Sharon hin. Sie schüttelte den Kopf und meinte, sie habe schon zu viel heiße Schokolade getrunken. Jimmy und Tante Joan reichten sich die Flasche ein paarmal hin und her, und jedes Mal, wenn er getrunken hatte, schob er seine Hand tiefer in Sharons Trainingshose. Schließlich sagte Tante Joan: »Sharon, ich wette, dein Freund kriegt die Flasche nicht leer.«
Jimmy hielt die Flasche hoch und sah sie an. »Lady, Sie kennen den alten Jimmy nicht sonderlich gut, oder?« Dann führte er die Flasche an den Mund, und Sharon sah, wie ihre Tante die Hand ausstreckte und die Heizung auf Maximum drehte. Warme Luft durchzog den Wagen. Als Jimmy ausgetrunken hatte, schmatzte er und sagte: »Das kann ich die ganze Nacht.« Dann schob er wieder seine Zunge in Sharons Ohr. Gerade als es bei ihr ein klein wenig zu kribbeln begann, hörte seine Hand auf, sich in ihrer Hose zu bewegen. Sie riss sie heraus, und er ließ sich gegen die Tür sinken und murmelte etwas von fetten Frauen, die sich immer so anstellten.
»Okay«, sagte Sharon und wischte sich die Spucke aus dem Ohr. »Anhalten.«
»Was ist denn los?« Tante Joan blinkte und fuhr langsamer.
»Nichts ist los«, sagte Sharon. »Aber ich werde nicht den ganzen Heimweg über hier hinten hocken. Der Kerl stinkt wie ein Arzneischrank.«
Tante Joan rollte an den Straßenrand und fragte: »Was war das denn überhaupt für ein Zeug?«
Sharon tastete im Fußraum herum, bis sie die Dose fand. Sie hielt sie gegen das Licht eines vorbeifahrenden Autos. »Bactine«, sagte sie. »Tja, Tante Joan, du hast es echt raus, die Richtigen aufzugabeln.«
»Wirf sie raus. Da verrottet einem das Gehirn, wenn man das schnüffelt, hab ich gehört.«
»Bei dem Kerl hier ist’s schon zu spät«, sagte Sharon, stieg aus, setzte sich nach vorn und knallte die Tür zu. »Mr. Party. Ha! Er ist ein Schwein.«
Tante Joan lachte. »Ach, red doch nicht so über meinen neuen Freund. Vielleicht bleibt er ja.« Kurz bevor Tante Joan wieder auf die Straße einscherte, donnerte ein Sattelschlepper an ihnen vorbei.
»Das ist nicht witzig«, schrie Sharon. »Er hatte seine ganze Hand in mir drin.«
»Nimm ’nen Doughnut.«
»Ich will keinen Doughnut mehr, ich will nach Hause.«
»Honey, ist das letzte Mal, versprochen.«
Sharon zündete sich gerade eine Zigarette an, als der Motor anfing zu hämmern. Der Chrysler war so gut wie neu gewesen, als Tante Joans Dad ihn ihr vor drei Jahren überlassen hatte, aber sie kümmerte sich nie um ihre Sachen.
An dem Tag, als die Ärzte ihm mitgeteilt hatten, dass sein Diabetes weiter auf dem Vormarsch war, hatte John Grubb seinen Pick-up gegen den Chrysler eingetauscht. Diesmal sind Ihre Beine dran, hatten sie gesagt. Er hatte schon so gut wie alle Zehen verloren. Als er mit dem neuen Wagen auf dem Weg zur Stadt hinaus gewesen war, hatte er noch bei Jack’s Hardware gehalten und sich einen Ten-Gallon-Cowboyhut und eine Pistole Kaliber .45 gekauft, zu der auch ein schmuckes Schulterhalfter gehörte. Dann war er zu dem Farmhaus zurückgefahren, in dem er mit seiner Tochter lebte, und hatte einen Kuhschädel an den Kühlergrill gebunden. Die folgenden zwei Monate war er durch das County gefahren, hatte Whiskey getrunken, tütenweise Bonbons gegessen und sich Jerry-Lee-Lewis-Kassetten angehört.
Sharon kannte die Geschichte auswendig: Jedes Mal, wenn der Wagen eine Panne hatte, gab Tante Joan sie zum Besten.
Auf halber Strecke fasste Tante Joan Sharon ans Bein und
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