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Knuddelmuddel

Knuddelmuddel

Titel: Knuddelmuddel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Heinold
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weiß, was er auf dem Kerbholz hat. Was ist eigentlich ein Kerbholz? Wieso sagt man das so? Jana, was ist ein Kerbholz, kannst du mal googlen? Aber Jana hat ihr kleines netbook zu Hause gelassen, erstaunlicherweise. Gegoogelt wird wieder ab morgen, sagt Jana, heute will sie einfach nur genießen, und ja, sie kann noch ohne, auch wenn wir ihr das nicht glauben.
    Der Türsteher ist total freundlich, ja richtig charmant. Und jetzt so hier in der Nacht, bei dieser Beleuchtung, sieht er sehr attraktiv aus. (Elke, Elke, Elke, wir wollten doch nicht mehr Fahrrad fahren, zumindest für eine Weile). Er weist uns den Weg, und wir gehen die Treppe hinunter zum Restaurant und sind entsprechend beeindruckt. Nicht nur Jana, die das zum ersten Mal sieht, auch Evelina und ich, die wir hier schön öfter waren, allerdings noch nie zusammen. Wir haben Glück und die Bedienung gibt uns einen Tisch auf der verglasten Veranda. Von hier aus hat man einen Blick über die Altstadt und den Tejo. Wir erklären Jana, wo was ist.
    Dort, sage ich, fährt die Achtundzwanzig, mit der wir ja hätten fahren können, aber nicht gefahren sind. Und da unten – ja, der große Platz, das ist der Praça de Comercio. Dort steht die Statue von D José dem Ersten. D José der Erste war ein portugiesischer König. Man kann die Statue natürlich nicht von hier aus sehen, aber ich habe sie Jana gestern gezeigt, also weiß sie, wovon ich rede. Man sieht die rote Brücke über den Tejo, die Lissabon mit dem Süden des Landes verbindet. Lange Jahre war es die einzige Brücke, aber seit ein paar Jahren gibt es eine zweite Brücke in der Nähe der Flughafens, die Ponte Vasco da Gama. Aber eigentlich interessiert das im Moment weder Jana noch uns, uns interessiert vielmehr die Speisekarte. Evelina fächelt sich mit der Speisekarte Luft zu und ich mit meinem Fächer.
    „Schöner Fächer“, sagt Jana.
    „Ja“, sage ich.
    „Hat sie beim Chinesen geschenkt bekommen“, sagt Evelina.
    „Du gehst in Lissabon chinesisch essen?“, fragt Jana.
    „Na, warum denn nicht“, sage ich. „Du gehst in Hamburg ja auch chinesisch oder türkisch essen.“
    „Mmmhh“, sagt Jana. „Stimmt. Aber ich würde hier trotzdem nicht chinesisch essen gehen, wenn ich hier bin, will ich portugiesisch essen.“
    „Wenn du hier wohnst, ist das was Anderes“, sagt Evelina.
    Wir trinken Bier und knabbern als Vorspeise frittierte Tintenfischringe, während wir auf unser Essen warten. Evelina und ich teilen uns ein Fondue, das ist das beste überhaupt. Jana ist Vegetarierin und bekommt Nudeln und Salat.
    Und als es uns so richtig gut geht und wir den Abend genießen, und Jana mitten drin ist in einer schönen Geschichte über diese Kundin, die sich immer Kunstbände bestellt und dann was dran auszusetzen hat und sie nicht kauft, sehe ich Claudio.
    Er kommt mit Rute die Treppe runter. Er hat Rute am Arm gefasst. Ganz leicht. Er redet mit der Bedienung und die Kellnerin bringt sie zu einem Tisch. Glücklicherweise nicht in unserer Nähe. Die Tische hier auf der Veranda mit dem tollen Blick über Lissabon sind um diese Zeit alle besetzt. Zum Glück. Claudio und Rute setzen sich. Sie sitzen einander gegenüber und reden. Rute lacht.
    „Ist er das?“, fragt Jana, als sie meinen Blick sieht. „Der berühmte Claudio?“
    „Ja“, sagt Evelina. „Das ist er, Elkes Mathematiker.“
    In diesem Moment geht das Licht über der Bühne an. Es ist keine echte Bühne, es ist ein Platz, der an einem Ende des Patios liegt und wenn man Glück hat, finden dort Aufführungen statt. Heute haben wir Glück, jedenfalls in dieser Beziehung, und es findet eine Aufführung statt.
    Ein kleiner Mann betritt die Bühne. Und wenn ich klein sage, meine ich klein. Im Sinne von metermäßiger Größe klein. Das Gegenteil von diesem riesigen Türsteher. Der Mann auf der Bühne ist höchstens einen Meter vierzig groß. Er hält einen Regenschirm in der Hand.
    Der kleine Mann kämpft mit dem Regenschirm, der Regenschirm ist staubbedeckt und der kleine Mann schüttelt und zieht und kämpft und zum Schluß ist er auch staubbedeckt.
    Dann kommt die nächste Nummer. Der Tanz mit der Puppe. Es ist eher ein Kleiderständer als eine Puppe, ein Kleiderständer mit roter Jacke und schwarzem Hut. Der Mann steckt die Hand in den Jackenärmel und ab da scheint die Hand wirklich jemand anderem zu gehören. Der kleine Mann tanzt gefühlvoll mit der Puppe, er hält sie enger und enger, es sieht eher so, als ob die Puppe mit ihm tanzt,

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