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Knuddelmuddel

Knuddelmuddel

Titel: Knuddelmuddel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Heinold
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Bohnerwachs und gekochtem Kohl. Claudio hat mir von seinem Studium in Moskau erzählt. Ich habe von meiner Ehe erzählt und wie es zu der Scheidung kam. Wie verletzt man sich nach so einer Trennung fühlt, selbst wenn sie vernünftig und der richtige Schritt ist. Claudio hat noch mal das mit seiner Ehe mit Rute erklärt. Dass es eine Vernunftehe ist, dass sie versuchen, das Beste draus zu machen, und dass er seine Kinder über alles liebt. So weit. So gut.
    An welcher Stelle hat es mich also erwischt?
    Was an dieser Treppenhausnacht hat dazu geführt, dass ich mich wie bei einer Zeitbombe noch Wochen nach dem Treffen nach und nach in diesen Mann verliebe? Zeitbombe trifft es garnicht, da war ja eine Inkubationszeit, oder vielleicht war es mehr wie eine Injektion, wo das Gift langsam über einen gewissen Zeitraum abgegeben wird. Schleichend, aber wirkungsvoll. Nicht Gift, natürlich. Der heilende Stoff. Nur dass ich in diesem Fall nicht weiß, ob der Wirkstoff heilsam oder giftig ist. Ich glaube, doch giftig. Ja, ganz eindeutig giftig.
    Die Nachwirkungen der Treppenhausnacht.
    Warum gehen mir bloß diese Bilder nicht aus dem Kopf?
    Wieso sehe ich ihn immer wieder neben mir sitzen, ich lehne an der Wand, Claudio lehnt am Geländer. Unsere Beine sind dicht beieinander, aber zwischen uns ist kein körperlicher Kontakt und doch ist da das Gefühl von Einssein. Totales Verständnis. Der Lichtblick in eine gemeinsame Zukunft. Wie das Aufreißen einer Wolkendecke zeigt sich für einen kurzen Moment die Bereicherung, die der andere in das eigene Leben bringen wird, gerade dadurch, dass er anders ist und nicht gleich. Nicht perfekt. Nicht, wie für einen geschaffen. Es ist ein Begreifen, wie ein Gedankenblitz, ein flash, ein intuitives Wissen, dass die Quadratur des Kreises, die eine gute Beziehung ja immer sein sollte, mit diesem Menschen möglich sein wird. Dass man zusammen sein kann und doch man selber bleiben. Dass man Freiheit und Gemeinsamkeit ausbalancieren kann, wenn auf beiden Seiten so viel Verständnis und Wohlwollen und ja – Liebe ist. Und dass diese Liebe, die man füreinander empfindet, den Schmerz, den man sich unweigerlich auch zufügen wird, ausgleichen wird. Dass der Preis, den man für das Zusammensein zahlt, es allemal wert ist, weil man so viel Schönes erleben wird.
    Dieses Bild ist für immer in meinem Kopf.
    Claudio mir gegenüber auf der Treppe. Sein Lächeln. Sein Nicken, als ich sage, soll ich dir das jetzt wirklich noch erzählen, es ist doch schon so spät. Sein leises Ja. Von dem ich mir jetzt nachträglich wünsche, dass es ein Ja für alles wäre. Bis hin zu einem gemeinsamen Leben.
    Oh Scheiße, jetzt weiß ich, was es ist, was die schlichte und einfache Wahrheit ist, eine Wahrheit, die ich mir wochenlang nicht eingestanden habe, ich habe immer gerätselt, was ist es bloß mit dieser Treppenhausnacht, was ist da passiert und dabei ist es so einfach. Ich bin schlicht und einfach verliebt. In Claudio.
    Was überhaupt keinen Sinn macht. Und was leider dazu führt, dass der Mann, der Sinn machen würde, wie zum Beispiel Jens, in meiner Seele und in meinem Herzen keinen Platz findet, weil der Platz schon besetzt ist von jemandem, den ich nicht bekommen kann. Mist. So was Doofes. Total blöde. Schwachsinnig. Unsinnig.
    Ich verstehe mich selber nicht.
    Ich könnte mich dafür ohrfeigen. Und ich weiß keine Lösung. Wenn ich selber bestimmen könnte, wen ich liebe, würde ich Tom oder Jens lieben. Männer, die in meinem Alter sind und die zu mir passen. Die mich ja sogar mögen. Die es mit mir schon riskiert haben wie Tom oder bereit sind, es zu riskieren, wie Jens.
    Damit stellt sich die Frage, wenn ich nicht entscheide, in wen ich mich verliebe, wer entscheidet es dann? Und da ich mal davon ausgehe, dass ich es doch bin, die entscheidet, da ich ja keine Marionette bin, die in den Spinnenweben der Galaxie hängt (oder das zumindest sehr stark hoffe), dann ist die Frage, warum ich es nicht besser steuern kann.
    Was passiert da mit mir? Was geht da ab? Was ist das?
    Chemie? Hormone? Sabotage, die aus mir selber kommt? Wieso habe ich nicht mehr Macht über mich selber? Es muss doch irgendetwas geben, was ich tun kann. Aber was?
    Oder in sechs Worten:
    Verzweifelt. Ratlos. Keine Idee für Lösung.
    Und in diesem Moment klingelt das Handy und noch ehe ich auf den Display sehe und die in mein Gedächtnis eingebrannte 445 als Endung sehe, weiß ich: Es ist Claudio.
    Es könnte natürlich auch wieder Rute

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