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Knuddelmuddel

Knuddelmuddel

Titel: Knuddelmuddel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Heinold
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schlecht, das ist der Tag, an dem meine Mutter hier in Lissabon ist. Mit Toms Mutter. Das Ende der Kreuzfahrt, der Tag, den sie drangehängt hat, weil sie mal sehen will, wie ihre Tochter in Lissabon lebt. Das ist lange geplant.
    „Freitag ist schlecht“, sage ich. „Da kann ich nicht.“
    „Ach schade“, sagt Claudio.
    „Da kann ich wirklich nicht“, sage ich.
    „Schade“, sagt Claudio.
    „Am Freitag ist meine Mutter hier“, sage ich.
    „Ja, da kann man nichts machen“, sagt Claudio.
    „Was ist mit Donnerstag?“, sage ich und überlege, Freitag ist meine Mutter hier, Samstag auch noch, aber am Sonntag früh fliegt sie zurück nach Hamburg. „Oder Sonntag?“
    „Donnerstag habe ich ein Essen mit Kollegen hier von der Uni, da muss ich unbedingt hin“, sagt Claudio. „Samstag bin ich mit den Kindern bei Rutes Eltern. Und am Sonntag fliege ich zurück nach Moskau.“
    „Ja, da kann man nichts machen“, sage ich jetzt auch.
    „Vielleicht ein andermal“, sagt Claudio.
    „Ja, vielleicht ein andermal“, sage ich.
    „Ja, tschüß dann“, sagt Claudio.
    „Ja, äh – tschüß dann“, sage ich.
    Dann legen wir beide auf.
    Das war also mein Gespräch mit Claudio. Mein lang erwartetes, oft erträumtes, heiß ersehntes Gespräch mit Claudio. Ich sitze eine Weile regungslos auf dem Sofa. Ich sehe auf das Klavier. Das Klavier ist an dem Tag in meine Wohnung gekommen, als Claudio in mein Leben getreten ist. Na, in mein Leben getreten ist er schon vorher, an dem Tag am Brunnen, aber so richtig in mein Leben eingefallen ist er an dem Tag, als er mit Vasco die Satellitenschüssel hier bei mir in der Wohnung installiert hat. Als Evelina mir das Klavier in die Wohnung gestellt hat, mit Hilfe von ihrem Sohn Francisco, dem Buchhalter aus dem ersten Stock und Vasco. Und Claudio.
    Wenn das Universum Humor hat, dann ist das eine Art von Humor, die ich nicht witzig finde. Das Jahr hat dreihundertfünfundsechzig Tage. Da müßte es doch möglich sein, den Besuch meiner Mutter und das Essen mit Claudio auf verschiedene Tage zu verteilen. Was ist mit den dreihundertvierundsechzig anderen Tagen? Hallo? Universum? Hallooo??
    Ich stehe auf und sehe aus dem Fenster auf die Straße. Ich öffne das Fenster und sehe nach oben. Lacht da jemand? Wenn ja, dann ist das gemein. Denn ich kann das überhaupt nicht witzig finden. Und ich kann nichts machen. Ich hänge wie eine Fliege in den Spinnenfäden des Universums und weiß keinen Ausweg. Ich möchte so wahnsinnig gerne Claudio wiedersehen. Schon um einfach mal zu sehen, was da eigentlich mit mir los ist. Vielleicht sehe ich ihn wieder, und alles löst sich in Luft auf und ich sehe, dass er ein netter Typ ist, aber auch ein ganz normaler Mann und wenn er geht, verschwindet er aus meinem Leben und meinen Gedanken und ich bin wieder frei. Wie hat Mae West gesagt? Alle Männer sind gleich bis auf den einen, den man gerade kennengelernt hat. Vielleicht, wenn ich Claudio wiedersehe, ist er ein gleicher Mann, wie alle anderen auch.
    Aber das geht natürlich nicht. Ich wohne seit über drei Jahren in Lissabon, und zum ersten Mal kommt meine Mutter zu Besuch, da muss ich natürlich für sie da sein. Alles andere ist undenkbar. Sie würde es nie verstehen, wenn ich ausgerechnet an diesem Tag mit jemand anderem essen gehe. Es sei denn, ich würde sie mitnehmen. Sie und Toms Mutter noch dazu. Was ja aber auch überhaupt keinen Sinn machen würde. Was wäre das denn für ein Date. Das wäre kein Date. Was es ja vielleicht sowieso nicht ist. Aber ich möchte natürlich, dass es eins wäre und jetzt werde ich es nie herausfinden.
    Wenn das Universum Humor hat, dann ist es ein schwarzer Humor mit einem sadistischen Zug, die Sado-Maso-Variante des Humors, denn sonst ist das doch nicht zu erklären.
    Ich glaube, ich brauche meine CD. Die mit der schwarzen-Romantik-Musik. Yann Thiersen. Den Walzer der Amelie. Ich könnte ihn natürlich selber spielen, das Klavier steht ja hier. Aber ich will ihn mir passiv reinziehen. Unglücklich verliebt liegen und leiden. Den Walzer der Amelie in einer Dauerschleife hören, während ich auf dem Sofa liege und leide.
    Ich gehe jetzt hoch zu Evelina und hole mir meine CD zurück. Sie gehört schließlich mir, die CD, nicht Evelina, und Evelina hatte gar kein Recht, sie zu konfiszieren und deswegen fordere ich sie jetzt zurück.
    Evelina macht nach dem fünften Klingeln auf.
    Sie sieht mich an und ich fange an zu heulen. Evelina zieht mich in die Wohnung, durch

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