Koch zum Frühstück (German Edition)
Was ist das denn? Wo zur Hölle willst du damit hin?«
»Die haben gesagt, ich soll Teller zum Anrichten für die Vorspeise bringen…«, sagt Pierre kleinlaut, der mit einen Stapel von diesen hässlichen Glastellern an uns vorbeigeht.
»Was hab' ich vorhin als Vorspeisen auf die Karte geschrieben?«, frage ich meinen dämlichen Azubi nicht ganz so kleinlaut, sehe ihn auffordernd an und atme vorsorglich tief durch.
» Rosa Barbarie-Entenbrust an Feldsalat mit Himbeer-Walnussdressing, Tomaten-Gazpacho mit Eismeerkrabben und dann noch warme Hechtravioli mit Morchelstreuseln auf warmem Lauchschaum«, kommt es wie aus der Pistole geschossen.
»Und willst du da jetzt Gazpacho reinfüllen oder lasst ihr da vorne die Ravioli so kalt werden, dass ihr sie gleich auf dem Teller für kalte Vorspeisen anrichtet?« Denn die Ente, die einen dieser Teller rechtfertigen würde, hat bisher keiner bestellt. Dafür hab' ich zwölfmal die Ravioli.
»Außerdem hab' ich schon hundert Mal gesagt, dass ich diese Teller nicht mehr will. Für nichts.« Ich hasse diese strukturierten Pussy-Glasteller. Und er weiß das. Jeder in diesem Laden weiß das.
Und außerdem weiß auch jeder, dass ich heute wirklich, wirklich schlecht gelaunt bin. Ich hab's schon vorhin gesagt, als ich die Karte noch mal neu geschrieben hab'. Weil die, die Marek gemacht hatte, ein echter Haufen Scheiße gewesen ist. Und da draußen im Reservierungsbuch steht der verdammte Redakteur vom ‚Capital‘ , der fürs Ressort arbeitet, das diese bescheuerte Liste der besten deutschen Restaurants rausbringt. Aber super, kein Problem, da kann man natürlich eine warme Vorspeise völlig tiefenentspannt auf Pussy-Tellern anrichten.
»Was ist das?«, frage ich und halte Pierre den Koriander hin, bevor er mir erklären kann, dass er glaubt, dass man Gazpacho – weil sie kalt ist – auf Tellern für kalte Vorspeisen serviert. »Und hol' mir, verdammt noch mal, andere Teller.«
»Livéche?«, probiert er. Netter Versuch.
»Idiot!«, blaffe ich, auch wenn's fies war, weil ich ihn nicht hab' riechen lassen und das Blatt ziemlich zerrieben ist. Ich lasse ihn stehen, gehe rüber zu Timo, der das Risotto für den Steinbeißer einkochen lässt, greife nach einem Löffel und probiere.
»Lass es noch zwei Minuten drauf«, sage ich, während ich kauend die Konsistenz prüfe. »Das geht an Tisch sieben, das muss bissfest sein.« Ich schlucke. »Und keine Brühe mehr und Pfeffer. Aber nur eine Idee und sieh zu, dass du eine gleichmäßige Farbe hinbekommst, wenn du den Spinat unterrührst. Und vorsichtig, ich will kein Mus, okay?«
»Chef… es… Herr Sander meinte, es sei wirklich dringend…«, unterbricht Claas meine Ausführungen.
Dringend? Was kann bitte dringender sein als mein Risotto? Und eigentlich müsste ich schon längst… Herr Sander? Hat Claas grade Herr Sander gesagt? Ich kenne nur einen Herr Sander… Flo…
»Hast du Sander gesagt?«, frage ich sicherheitshalber nach. Ich hab' mich ja wohl verhört.
Ich trau' ihm mittlerweile vieles zu, aber nicht, dass er die Dreistigkeit besitzt, mich hier im Restaurant anzurufen. Wobei, vielleicht braucht er mal wieder Abwechslung und einen guten Fick. Aber ich fürchte, das hat er aufgegeben. Schließlich hab' ich seit unserer Nummer im Darkroom vor fast zwei Wochen nichts von ihm gehört. Und es ist mir scheißegal. Mir geht es blendend damit. Soll er sich doch von seinem neuen Freund ficken lassen. Blöder Arsch!
»Ja«, bestätigt Claas.
»Ich will ihn nicht sprechen!«, sage ich knapp, lasse ihn mit dem Hörer in der Hand stehen und gehe weiter, um nachzusehen, was mein Hors d'oevrier zusammen mit meinem grenzdebilen Azubi grade macht.
»Ich… und was soll ich ihm sagen?«
»Ist mir scheißegal, was du ihm sagst. Sag' ihm einfach gar nichts und geh' zurück an den Pass auf deinen Posten. Ach, und nimm die Rotbarbe da mit, die muss raus! Für die sieben?« Mit der Hand greife ich nach dem Teller, der grade fertig angerichtet ist, und drücke ihn Claas, der mir gefolgt ist, in die freie Hand. »Für die sieben«, wiederhole ich, als Kai auf meine Frage hin nickt.
»Ja? Hören Sie, Herr Klein ist grade ziemlich beschäftigt«, sagt der grade in formvollendeter Höflichkeit in den Hörer.
»Ich bin nicht beschäftigt, aber ich will ihn nicht sprechen«, zische ich, halte auffordernd die Hand in Kais Richtung und greife nach der Pinzette, die er prompt hineinlegt. Penibel beginne ich damit, die beiden offenen
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