Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt
gepflegten und bewundernswert schwarzen Bart. Auf den war er ebenso stolz wie auf das Vertrauen des Fürsten, das ihm eine solche Stellung verschaffte.
Wenn Kochlowsky sprach, strich er ab und zu wohlgefällig über seine Bartzierde, und selbst wenn er von seinem Sattel aus auf die polnischen Landarbeiter hinunterbrüllte, versprühten zwar seine Augen ein erschreckendes, ungehemmtes Feuer der Wut, zitterten die buschigen Augenbrauen und vibrierten die Hände, der Bart aber blieb makellos.
Ohne Zweifel: Leo Kochlowsky war eine ehrfurchtgebietende Person.
An diesem Mittag des Jahres 1887 ritt er nun zurück zur Gutsverwaltung, trabte kreuz und quer über die Felder und musterte mit ernsten Augen die Arbeiterkolonnen.
Diese Kontrollritte waren zwar nicht seine Aufgabe, dafür hatte er seine Inspektoren. Er hätte es sich als Verwalter von Gut III hinter dem Schreibtisch behaglicher machen können, bei einem Schnäpschen und einer guten Zigarre. Er hätte die neue Zeitung lesen oder eine Partie Schach mit dem Ersten Buchhalter Skowronek spielen könne, der so klug war, nur jede dritte Partie zu gewinnen.
Aber Leo Kochlowsky war da anders. Er ritt herum, um zu zeigen: Ich bin immer und überall da! In meinem Gutsbezirk gibt es keine Faulenzer! Ich sehe sie! Plötzlich bin ich da, damit müßt ihr rechnen! Ich weiß, wie ihr alle über mich denkt, ich weiß, daß ihr mir den Hals umdrehen könntet, ich sehe eure scheelen Blicke, ich lese in euren Augen den Widerstand … Aber ich weiß auch, daß der Gutsbezirk III der zweitbeste des Fürsten ist, was den Ertrag angeht, und der beste, was Zucht und Ordnung betrifft.
Als sich Leo Kochlowsky an diesem Mittag einer Buchengruppe näherte, die zwei Felder voneinander trennte, ließ er sein Pferd in Schritt fallen und ritt langsam dem Wäldchen zu. Seine Augen suchten den Waldrand ab.
Als er zwischen den Stämmen einen hellen Fleck aufleuchten sah, lächelte er zufrieden, strich seinen schwarzen Bart und schwang sich nach einigen Metern aus dem Sattel. Er zupfte seinen Reitrock zurecht, klemmte die Lederpeitsche unter die linke Achsel und ließ das Pferd stehen. Es schien das gewöhnt zu sein, denn es senkte den Kopf und begann das Gras auszurupfen.
Das Mädchen, das am Waldrand saß, lächelte Kochlowsky an und warf mit einem Ruck die langen schwarzen Haare auf den Rücken. Es war ärmlich gekleidet in einem ausgeblichenen, ehemals roten, weiten Rock aus billigem Leinen, trug dazu eine graue Bluse mit weiten Ärmeln und einem runden Ausschnitt, der mit einem durchgezogenen Band geschlossen werden konnte. Jetzt war der Ausschnitt ganz offen und die Bluse heruntergezogen. Sie ließ den Ansatz von zwei festen, starken Brüsten und eine von der Sonne gebräunte, glatte, schimmernde Haut sehen. Die Beine waren nackt und im Sitzen angezogen. So gab der hochgeschobene Rock auch noch die Schenkel frei, schöne, kräftige, gesunde Schenkel. Das Mädchen saß da, wie ein Mädchen mit Anstand und guter Erziehung nie hätte dasitzen dürfen. Es war ein überaus erregender Anblick, der Begehren weckte.
Leo Kochlowsky blieb vor dem Mädchen stehen, musterte seine Schenkel und Brüste und zog die Augenbrauen zusammen. Das Mädchen lachte girrend, ließ sich nach hinten ins Gras fallen, kreuzte die Arme hinter dem Nacken und schämte sich offenbar nicht, daß es die nackten Beine gespreizt hatte und die Bluse halb offen war.
»Hat dich jemand gesehen?« fragte Kochlowsky halblaut. Er hatte eine tiefe, angenehme, aber doch harte Stimme, die fast zu einer Waffe werden konnte, wenn er losbrüllte.
»Nein!« sagte das Mädchen. Es sprach das harte, holprige Deutsch der Polen. »Nichts hat mich gesehen. Bin auf Befehl von Herrchen zum Hühnerhof. Dann bin ich geschlichen in Wald. Keine Sorge, Herrchen.«
»Du sollst mich nicht immer Herrchen nennen!« Kochlowsky warf seine Peitsche unter einen Baum, knöpfte seinen Reitrock auf und setzte sich neben das Mädchen. Seine linke Hand klatschte auf ihren Oberschenkel, die rechte legte sich auf ihre Brust. Das Mädchen stieß einen gurrenden Laut aus und dehnte sich unter Kochlowskys Händen. »Wie heißt du eigentlich?«
»Katja Simansky.«
»Hier geboren?«
»Vater, Großvater, Urgroßvater … alle arbeiten auf Land von Fürst Pleß. Wohne drüben in Dorf.«
»Wie kommt es, daß ich dich erst jetzt entdecke? Ein so schönes Mädchen wie dich hätte ich nie übersehen.«
»Ich weiß, Herrchen.«
»Was weißt du?«
»Herrchen kennt
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