Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön
man nur so dämlich sein?! Muß ich Ihnen deutlich machen, daß Sie nicht die geringste Möglichkeit haben, mich wie die anderen zu schikanieren? Sie zahlen als subalterner Buchhalter mein Gehalt aus, aber das ist auch alles! Und nun passen Sie mal auf, Sie Rotzkerl: Das Holz bekommt die Kirche weiterhin als Deputat vom Baron …«
»Wer hat das zu bestimmen?« brüllte Hammerschlag. »Kümmern Sie sich um Ihre marode Ziegelei …«
»Da werden Sie noch ein Wunder erleben …« Kochlowsky wagte etwas Artistisches. Er klopfte auf den Busch. »Wissen Sie, daß eine neue Strangpresse fast so teuer ist wie das Kollier, das die wilde Irmingard trägt?«
Hammerschlags Gesicht erstarrte. Nun zog auch er das Kinn an … er wirkte wie ein Stier, der im nächsten Augenblick zum Angriff übergeht. »Sie meinen Freifrau von Staltenhalten?« fragte er tonlos.
»Nicht mal den Namen können Sie richtig aussprechen. Heißt sie nicht Stangenhalter?«
»Sie Saustück!« Hammerschlag griff neben sich, faßte einen Gegenstand und schleuderte ihn nach Kochlowsky. Es war ein irdener Aschenbecher, der an der Wand zerschellte.
»Wie schade!« sagte Kochlowsky, packte einen Stuhl und zerschmetterte ihn auf dem Fußboden. »Jetzt sind Sie wieder an der Reihe! in einer Viertelstunde wird das hier ein Trümmerhaufen sein!«
»Ich lasse Sie hinausschleifen!« schrie Hammerschlag.
»Das habe ich mir gedacht.« Kochlowsky nickte, ging zu einer Uhr, die an der Wand hing, nahm sie ab und schleuderte sie gegen die Wand. Sie zerplatzte wie eine Tomate. »Um Hilfe rufen! Zu feige, um Probleme allein zu lösen!«
»Ich mache mir an Ihnen nicht die Hände schmutzig!«
»Darin unterscheiden wir uns. Ich habe gelernt, mit wilden Bullen umzugehen. Willibald Hammerschlag …«
»Bleiben Sie stehen, wo Sie sind!« brüllte Hammerschlag. Er bückte sich blitzschnell, riß ein Bein des zerschmetterten Stuhles an sich und hob es drohend hoch. »Ich schlage zu …«
»Wir sollten uns daran gewöhnen, daß auf dieser Welt Platz für uns zwei ist!« sagte Kochlowsky mit seiner tiefen Stimme. Er ging zum Fenster, nahm auf dem Weg dorthin einen Teil der Rückenlehne des zertrümmerten Stuhles mit und schlug die Scheibe ein. Sofort strömte die kalte Winterluft in den Raum. »Bei Ihnen war es überheizt, Hammerschlag. Achtzehn Grad – man geht mit gutem Beispiel voran! Himmel noch mal! Kommen Sie nicht näher! Ich kenne genug Tricks, um Ochsen wie Sie zu zähmen! Jawohl! In Polen gelernt. Und darauf bin ich stolz! Wollen Sie wie ein Tier behandelt werden?! Das widerstrebt mir! Wir sind uns so ähnlich, daß es mir in der Seele weh tun würde! Wenn wir miteinander auskommen könnten, wären wir für jeden anderen unangreifbar. Begreifen Sie das nicht, Sie Hirnbeschissener? Im einsamen Kampf gegen mich würden Sie sich zermürben … ich habe die stärkeren Nerven!« Er hielt das Thermometer wieder hoch und nickte. »Gleich werden es achtzehn Grad sein … Damit fängt es an.«
»Was wollen Sie eigentlich, Kochlowsky?« knirschte Hammerschlag.
»Ich habe nichts gegen Geliebte, die auch noch Stangenhalter heißen …« Hammerschlag begann vor Wut zu zittern, aber er blieb stehen, das Stuhlbein in der Hand auf und ab wiegend. »Aber ich bin dagegen, daß ein Förster in seinem Haus, das langsam verkommt, friert, daß alles verrottet, daß man nach allen Seiten Privatkriege führt …«
»Das müssen ausgerechnet Sie sagen!« brüllte Hammerschlag.
»… und daß man dem ahnungslosen und wenig interessierten Baron erzählt, alles sei zum Besten bestellt! – Eine solche Lüge hat man mir nie vorwerfen können. Ich habe immer meine Pflicht getan, und um sie tun zu können, habe ich nach allen Seiten kämpfen müssen …«
»Ich schluchze vor Erschütterung!«
»Sie sollten lieber denken.« Kochlowsky trat vom Fenster zurück, warf die Stuhllehne ins Zimmer und sah sich um. An der Längswand stand ein alter, bemalter Bauernschrank mit der Jahreszahl 1712. Ein Prachtstück. Hammerschlag, der Kochlowskys Blick gefolgt war, duckte sich wie zum Sprung.
»Fassen Sie den nicht an!« sagte er mit zitternder Stimme. »Ich schwöre Ihnen, wenn Sie den nur mit den Fingerspitzen berühren, erschlage ich Sie! Heute oder später! Das ist ein Erbstück von seiten meiner Mutter … Kochlowsky, tun Sie's nicht! Der Schrank ist mir heilig …«
»Verschließen Sie darin Ihre falsche Buchführung?!«
»Ich … ich habe ihn von meiner Mutter …«
»Mein Gott, Sie zeigen
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