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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ja plötzlich Herz, Hammerschlag!« Kochlowsky wandte seinen Blick von dem schönen Schrank ab und sah Hammerschlag an. »Auch ich hatte eine Mutter, die ich über alles liebte – nur starb sie viel zu früh. Als ich richtig zu denken begann, verließ sie uns. Seitdem schlage ich jeden aufs Hirn, der eine Mutter beleidigt. Ich taste Ihren Schrank nicht an, Hammerschlag …«
    »Danke!« Hammerschlag ließ das Stuhlbein sinken, blickte kurz darauf und warf es dann weg. »Wenn Sie wüßten, wie ich an meiner Mutter hing …«
    »In der Beziehung könnten wir Brüder sein.«
    »Was schlagen Sie vor, Kochlowsky?« Hammerschlag ging hinter seinen Tisch und lehnte sich dort gegen die Wand. Plötzlich schloß er die Augen. »Mit mir kann man doch reden …«
    »Das Holz für die Kirche ist weiterhin ein Deputat des Freiherrlichen Gutes.«
    »Einverstanden.«
    »Die Försterei wird auf einen brauchbaren Stand gebracht.«
    »Ich werde das durchrechnen.«
    »Rechnen Sie so, wie Sie es bei Irmingard Stangenhalter und ihrem Schmuck getan haben.«
    Hammerschlag zuckte zusammen, aber er hielt die Augen geschlossen. »Sonst noch was?«
    »Über die Modernisierung der Ziegelei reden wir später. Da reiche ich Ihnen genaue Pläne ein.«
    Kochlowsky hob die Schultern. Es wurde kalt im Zimmer. Auch Hammerschlag fror, er sah es. Durch die eingeschlagene Scheibe strömte die Kälte herein.
    »Wie hieß Ihre Mutter?«
    Hammerschlag öffnete die Augen. Sein Blick war irgendwie trübe. »Emma – und Ihre?«
    »Emma.«
    »Mein Gott – haben Sie ein Bild von Ihrer Mutter?«
    »Ja, eine fast verblichene Daguerreotypie.«
    »Ich habe eine Kreidezeichnung von meiner.« Hammerschlag stieß sich von der Wand ab. »Kommen Sie mich einmal besuchen, Kochlowsky? Sie mit Ihrer Fotografie … Ich zeige Ihnen das Gemälde. Die beiden Mütter namens Emma … Das muß uns passieren!«
    »Wann?«
    »Am Sonnabend. Mit Ihrer Frau, ja?«
    »Einverstanden. Zum Abendessen?«
    »Ich freue mich …«
    Kochlowsky nickte, verließ ohne weitere Worte die Rentmeisterei und ritt nach Hause. Zu Sophie, seinem kleinen Frauchen, sagte er am Abend:
    »Ich habe heute keine Schlacht, ich habe einen Krieg gewonnen …«
    Und da er sich nicht weiter darüber ausließ, fragte sie auch nicht. Man würde es ihr später in der Stadt sowieso erzählen.

XXV
    Das Abendessen bei Willibald Hammerschlag sorgte tatsächlich für erregten Gesprächsstoff in den Wohnungen von Herzogswalde.
    In einem so kleinen Ort bleibt nichts verborgen, und wenn ein Ehepaar wie die Kochlowskys abends mit einer Kutsche zur Rentmeisterei fährt und der gefürchtete Hammerschlag vor die Tür kommt und die kleine Frau Sophie fast ins Haus trägt, dann hat das mehr zu bedeuten als einen Braten auf dem Tisch und eine Flasche in den Gläsern.
    Kochlowsky hatte sich auf diesen Sonnabend gut vorbereitet. Während Sophie sich von einer Friseuse aus dem Ort, die von dem alten Fritze Blohme herbeikutschiert worden war, die Haare waschen und ondulieren ließ – in sanften, welligen Locken, die bis auf die Schultern herabfielen und ihr den Anblick eines Boticelli-Engels verliehen –, suchte Leo das Bild seiner Mutter und fand es endlich nach wildem Fluchen über die Sauwirtschaft in seinem Haus in einer kleinen Umzugskiste, in der Unwichtiges auf dem Speicher verwahrt worden war.
    »Meine Mutter etwas Unwichtiges?!« brüllte er durch das Haus und erschreckte die Friseuse dermaßen, daß sie die Ondulierschere fallen ließ und ein Loch in den Teppich brannte. Kochlowsky schrie sie deshalb an, sie sei ein Trampel, was sie zu Tränen rührte, und weinend setzte sie das Frisieren fort, während Sophie vergeblich versuchte, sie zu trösten. »Ich habe Angst vor Ihrem Mann«, stammelte die Friseuse und kroch in sich zusammen, sobald sie Kochlowsky im Haus auftauchen sah. »Er hat eine Stimme, bei deren Dröhnen einem das Herz stehenbleibt. Er kann einen totschimpfen …«
    In seinem besten Anzug – einem Gehrock, den ihm der jüdische Schneider Moshe Abramski auf den Leib geschneidert hatte und danach ausgerufen hatte: »Mamaleben … is das a Anzug! Werden der Herr Verwalter sein beste Eleganz von Pleß!« – kam er dann in das Schlafzimmer, wo die Friseuse gerade mit dem Ondulieren fertig war. Mit weit aufgerissenen, entsetzten Augen starrte sie Kochlowsky an. Er setzte sich auf einen anderen Stuhl, legte ein Handtuch um die Schultern und sagte grob:
    »Stutz mir hinten die Haare, du Trampel!«
    Die Friseuse

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