Kochwut
könnte, Herrn von Güldenbrook das anzutun? Hatte er Feinde?«, fragte Angermüller.
Erst schüttelte die Moderatorin den Kopf, dann sagte sie zögernd: »Ich will hier niemanden beschuldigen. Aber Sie wissen ja, wie das ist, bei einer Truppe von Leuten, die zum Teil schon ziemlich lange zusammenarbeitet … aber das ist jetzt wirklich vertraulich!«, sie senkte ihre Stimme. »Es gibt Gerüchte.«
»Welcher Art?«
»Dass es den Lebouton-Unternehmen nicht sonderlich gut geht, und Christian war ja der Verantwortliche für die finanzielle Seite. In letzter Zeit hat es zwischen den beiden öfter gekracht.«
»Zwischen Lebouton und Güldenbrook?«
»Ja«, bestätigte Alix Blomberg und hob gleichzeitig beschwichtigend die Hände. »Aber wie gesagt: Gerüchte.«
Angermüller nickte.
»Tja, wenn du keine Fragen mehr hast, Claus?«
Mit einem besonders netten Lächeln für Jansen hatte sich die Moderatorin verabschiedet.
»Na Claus?«
»Was?«
»Na ja!«
»Nix.«
Jansen grinste, Angermüller auch. Dann wurde er wieder dienstlich.
»Die, mit denen wir noch reden müssen, der Regisseur wie auch dieser Lehrling Anatol, sind bei der Aufzeichnung im Studio. Ich denke, es bringt nichts, da jetzt einen Aufstand zu machen, oder? Es fehlt mir noch, dass uns die ganzen Zuschauer zwischen den Füßen herumlaufen. Ich würde vorschlagen, wir werfen einen Blick in die Wohnung von Güldenbrook.«
Schnell liefen die Kommissare über den Hof in Richtung Herrenhaus. Aber dann blieb Angermüller trotz der schneidenden Kälte in einiger Entfernung stehen, um den schlossartigen, weißen Bau zu bewundern, dessen spätbarocke Fassade sich in zwei Stockwerken vor ihnen erhob. Kunstvoll gearbeitete Simse schmückten die vielen hohen Sprossenfenster. Man musste eine kleine Brücke überqueren, denn das Gebäude war ringsum von einem Wassergraben umgeben, um dann ein paar Stufen zu dem großen, alten Portal hinaufzusteigen.
Angermüller betätigte die Klingel, die unter dem auffälligen, glänzenden Messingschild neben dem Eingangsportal angebracht war. ›Lebouton Unternehmensgruppe‹ stand auf dem Schild. Gleich darauf ertönte ein Summer.
Selbst Jansen, der sich gewöhnlich weniger für historische Gemäuer interessierte, stand erst einmal überwältigt neben Angermüller in der riesigen Eingangshalle. Mit ihren üppigen Deckenmalereien, den Stuckverzierungen und den Marmorbalustraden des weiten Treppenhauses konnte sie nur als prachtvoll bezeichnet werden.
»Guten Morgen! Sie sind bestimmt die Herren von der Kripo. Der Herr Lebouton hat mir schon Bescheid gesagt, Sie wollen die Räume vom Herrn Grafen anschauen. Ist das nicht ein entsetzliches Unglück? Wer macht bloß so was? Herr von Güldenbrook war ein so vornehmer Mensch. Aber es gibt ja so viele Neider, nicht?«
Die kleine rundliche Frau, die etwas verloren in der hohen Flügeltür wirkte, schien auf ihren Besuch schon gewartet zu haben.
»Kommen Sie doch bitte rein, meine Herren. Mögen Sie vielleicht einen Kaffee, der täte Ihnen doch sicher gut bei der Kälte, nicht? Ich bin die Sekretärin von Herrn Lebouton. Na ja, nicht nur. Ich bemuttere ihn auch so ’n büschen. Sie verstehen sicher, wie ich das meine, nicht? Seit zehn Jahren bin ich schon hier. Mein Name ist Hase. Ich beantworte gern alle Ihre Fragen. Man muss die Arbeit der Polizei doch unterstützen, nicht?«
»Vielleicht später, Frau Hase. Hat Ihnen Herr Lebouton wegen des Schlüssels …?«, versuchte Angermüller den Redefluss der Sekretärin zu stoppen.
»Natürlich! Ich weiß doch Bescheid«, und sie holte ein Schlüsselbund aus der Jackentasche und schwenkte es fröhlich hin und her. »Kommen Sie bitte mit.«
Ehe Angermüller sie zurückhalten konnte, eilte Frau Hase, die eine rote Strickjacke über weißer Bluse und Schottenrock trug und sie eben noch zum Kaffee bitten wollte, in ihren Gesundheitslatschen die geschwungene Treppe hinauf. An Putten und Marmorbüsten vorbei, die in Nischen unter arkadischen Landschaftsmalereien standen, führte sie die Beamten über die Galerie nach links zu einer der Flügeltüren.
»Das ist die Wohnung vom Herrn Grafen. Da gegenüber ist der Eingang vom Herrn Lebouton«, erklärte sie etwas atemlos. Sie hantierte mit dem großen Schlüsselbund, an dem viele kleine Schildchen hingen, und suchte nach dem passenden Schlüssel.
»So ’n Schiet aber auch, jetzt habe ich meine Lesebrille im Büro vergessen. Können Sie vielleicht erkennen, welcher der Schlüssel
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