Köhler, Manfred
gewesen.“
„Eben nicht. Hier, eine Kopie Ihres Anstellungsvertrages. Paragraph 7, Absatz 2. Sie kennen den Wortlaut.“
„Natürlich kenne ich den Wortlaut nicht“, sagte er, beugte sich vor und holte sich das Papier. „Ich habe diesen Vertrag vor über 14 Jahren unterschrieben, seitdem ruht er in meiner Dokumentenmappe.“
„Ach ja? Die entscheidenden Passagen hätten Sie aber besser mal nachgeschlagen gehabt haben sollen.“
Er las: Paragraph 7, Absatz 2: Eine gewinnorientierte Nebentätigkeit jeglicher Art ist dem Unterzeichner nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages gestattet.
„Sie werden sicher nicht bestreiten, dass eine Buchveröffentlichung ein gewinnorientiertes Unterfangen darstellt. Sie können es auch gar nicht. Ich hatte heute Morgen meinen Anwalt hier, der hat mir bestätigt, dass Sie sich eines schweren Vertragsverstoßes schuldig gemacht haben, vor allem dadurch, dass Sie einen schriftlichen Vertrag mit einem anderen Verlag eingegangen sind, ich habe in Berlin angerufen und das geprüft. Hier...“
Er reichte Lothar Sahm das andere Dokument.
„Ihre fristlose Kündigung. Hieb- und stichfest. Sie können gerne vor Gericht ziehen – Sie werden verlieren. Das war es dann.“
Der Geschäftsführer stand auf und ging um den Schreibtisch herum zur Tür. Lothar Sahm saß da wie betäubt. Er hatte das Gefühl, in 20 Richtungen gleichzeitig losrennen zu wollen, aber nicht mal aufstehen zu können. Er war erschüttert. Er dachte: Endlich frei! Er dachte: Wie soll es jetzt bloß weitergehen? Er dachte: Jetzt kann ich Alaska vergessen! Kraftlos stand er auf und wandte sich Crähenberger zu, der inzwischen die Tür geöffnet hatte, dazu eine deutliche Geste machte.
„Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein, ich meine... Wenn ich mit dem Buch ein paar hundert Euro verdiene, ist es viel. Und welcher Schaden ist denn der Wallfelder Rundschau außerdem dabei entstanden?“
„Vertrag ist Vertrag, es gibt nichts mehr zu diskutieren. Wenn ich Sie nun bitten dürfte...“
„So einfach geht das nicht!“, sagte er und dachte: Das ist die Chance! Von selbst hätte ich mich diesen Job ja nie hinschmeißen getraut. Jetzt packe ich meinen Roman an. Aber wovon soll ich bloß leben? Meine Ersparnisse reichen vielleicht für einige Zeit, aber die Alaska-Reise wird teuer, und darf ich als Arbeitsloser überhaupt so lange ins Ausland?
Crähenberger zog ein Kärtchen aus einer Jackett-Tasche.
„Hier, mein Anwalt, der beste der Stadt. Er rechnet mit Ihrem Anruf und gibt Ihnen gerne kostenlos Auskunft über Ihre Lage. Damit Sie sich gar nicht erst sinnlos in einen Prozess verstricken, den Sie unmöglich gewinnen können.“
Lothar Sahm nahm das Kärtchen, steckte es ein, nahm seine Kündigung und verließ den Raum.
Ein Neuanfang, jubelte es in ihm, als er die Treppen hinunterging. Was will ich denn, ich habe gerade ein Buch veröffentlicht, das kann sich ja auch sehr gut verkaufen, das nächste ist schon geplant, dazu mein Roman – ich bin endlich da, wo ich hinwollte!
Liane Czibull erwartete ihn vor ihrem Büro.
„Komm rein!“
Sie schloss die Tür hinter ihm.
„Also, was war los?“
„Er hat mich rausgeworfen.“
„Aber doch nicht wegen der Glosse am Samstag! Na, der kriegt was zu hören.“
Sie stürmte zum Telefon.
„Nein, Moment, das war es nicht. Ich habe zusammen mit einer Bekannten ein Buch veröffentlicht. Ich habe niemand was davon gesagt, weil ich... na ja, erst abwarten wollte, was daraus wird. Jedenfalls, er hat davon gehört und sagt, es verstößt gegen meinen Vertrag. Er hat sich bei seinem Anwalt abgesichert. Alles ist hieb- und stichfest, sagt er. Ich kann nichts machen.“
„Ach Quatsch, das ist doch bloß eine seiner Inszenierungen!“
Sie drückte die Freisprechtaste ihres Telefons und wählte. Noch nie war die Hautauffälligkeit auf ihrer Nase deutlicher hervorgetreten. Es klickte, Crähenbergers Stimme erklang durch den Lautsprecher.
„Ach, Liane, wie geht es dir? Ich habe deinen Anruf schon erwartet.“
„Spar dir den Scheiß! Was soll das mit dem Rauswurf?“
„Tja, der Herr Sahm wird es dir doch erklärt haben. Ein klarer Vertragsverstoß, ich kann da leider gar nichts machen, so gern ich den Herrn Sahm bei unserer Zeitung gehalten hätte.“
Sie schnappte dem verdutzten Lothar Sahm seine beiden Dokumente aus der Hand, hielt sie dicht ans Mikrofon des Telefons und zerriss sie in kleine Fetzen.
„Hast du das gehört?“
„Ach, Liane, eine
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