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Köhler, Manfred

Köhler, Manfred

Titel: Köhler, Manfred Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irrtümlich sesshaft
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große Szene hilft dir jetzt wenig.“
    „Die Kündigung ist null und nichtig! Oder du kannst dich auf was gefasst machen!“
    „Deine Drohungen, tsts, nun ja... wenn man über Monate hinweg in der eigenen Zeitung mit kleinen und größeren Verleumdungen unmöglich gemacht wird, dann können einem auch ganz große Verleumdungen irgendwann keine Angst mehr einjagen.“
    „Jetzt sag schon, was du willst.“
    „Wenn du so direkt fragst – ich will, dass diese öffentlichen Attacken aufhören. Keine Glossen mehr, keine bissigen Kommentare, nichts mehr, was mich ärgern könnte. Ich habe dir den Sahm damals gegeben, damit du ihm einen Maulkorb vorbindest, aber was machst du? Du lässt ihn von der Leine und hetzt ihn auch noch auf mich. Halte dich künftig an unsere Abmachung, dann kannst du ihn behalten. Aber sage du es ihm. Denke dir irgend etwas aus, warum er plötzlich doch bleiben kann. Er darf nicht meinen, dass ich meine Entscheidungen so leicht zurücknehme.“
    „Alles klar.“
    Ohne ein weiteres Wort drückte sie die Auflegen-Taste. Lothar Sahm war erschüttert. Er atmete auf und trauerte zugleich um die Freiheit, die er sich selbst nicht zu nehmen getraut hatte, die ihm geschenkt und sofort wieder genommen worden war. Und er dachte sich: Das darf ich mir nicht gefallen lassen! Wie die von mir sprechen, wie von einem durchgedrehten Kettenhund! Wenn jetzt nicht ich kündige, verliere ich das Gesicht! Aber wovon soll ich bloß leben? Ich will nicht aufs Arbeitsamt!
    „Mach dir nichts aus dem, was du da gehört hast. Das betrifft eigentlich nicht dich, das ist nur eine Sache zwischen ihm und mir.“
    „Was ist das, auf das er sich hätte gefasst machen können, wenn er bei der Kündigung geblieben wäre?“
    Sie schaute ihn an. Sie war wieder ganz ruhig und wirkte, trotz der Niederlage, die sie hatte einstecken müssen, vollkommen überlegen, eine Siegerin durch und durch.
    „Es gibt Leute mit bestimmten Vorlieben, du weißt schon, was ich meine. Ich vertrage eigentlich viel in der Richtung, aber was der verlangt, pfui Teufel, ich frage mich, wie seine Frau das aushält. Jedenfalls, natürlich will er nicht, dass irgend jemand davon erfährt, aber er traut mir zu, dass ich mich nicht scheuen würde, es zur Not in die Zeitung zu schreiben.“
    „Würden Sie?“
    „Sagen wir mal, es ist mir nicht ganz unrecht, dass er mich so einschätzt.“
    Lothar Sahm verzog leicht den Mund. Sie beugte sich nach vorn.
    „Nur dass eines klar ist: Wenn Sie jemandem was erzählen, dann bin ich es, die Sie rausschmeißt.“

Kapitel 9: Eine eigene Seite
     
    In den ersten Tagen nach diesem Vorfall erklomm Lothar Sahm ein Stimmungshoch, er sagte sich: Jetzt weiß ich endlich, wie ich dran bin. Die haben sich über mich ihren Waffenstillstand ausgefochten, damit bin ich am Drücker. Keine Frage, dass ich mit solchen Erpressern nicht länger als nötig zusammenarbeiten werde. Aber es war gut, dass ich nicht in einer Kurzschlusshandlung gekündigt habe. Das versetzt mich in eine optimale Position: Ich kann über einen Zeitraum, den ich bestimme, noch über ein regelmäßiges Einkommen verfügen, kann den Erfolg des Kanada-Buches abwarten, kann mich auch nach anderen Einkünften umschauen, vielleicht findet sich sogar ein Halbtagsjob, der mir gefällt und Zeit zum Schreiben lässt, oder ich jobbe eine Zeit lang in verschiedenen Berufen, das kann mir als Schriftsteller nur nützen; ich kann also in Ruhe Fakten sammeln, planen, meine finanziellen Angelegenheiten regeln – und dann kündigen und ein neues Leben beginnen, spätestens zur Alaska-Reise.
    Tatsächlich arbeitete Lothar Sahm von nun an konsequent und regelmäßig an seinem Roman, fand immer mehr Gefallen am Konstruieren seiner eigenen Welt, beim Schreiben lebte er so vollständig darin, als sei sein Redakteursleben schon Vergangenheit, die Kündigung ein Ereignis, das sich in der Vorstellung bewährt hatte und daher leicht auch in der Wirklichkeit zu vollziehen wäre, sobald die Zeit reif sein würde.
    Zwei Ereignisse aber kamen seiner inneren Bereitschaft ins Gehege und legten sie lahm, beide gingen sie von Liane Czibull aus. Peter Schuster fragte ihn eines Tages beiläufig, ob er ihm bis zur nächsten Woche 100 Euro borgen könne. Lothar Sahm hätte sie ihm auch geschenkt. Er hatte noch immer heimlich ein schlechtes Gewissen, weil er ihn, dem er seit so vielen Jahren freundschaftlich verbunden war, des Verrats bezichtigt hatte, vor allem aber, weil er später

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