Kölner Kreuzigung
Kreuz genagelt. Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass das nichts mit diesem Auftrag hier zu tun hat?« Malvens Schweigen machte Marius rasend. »Und anstelle der Polizei reinen Wein einzuschenken und damit die Ermittlungen in die richtige Bahn zu lenken, lügen Sie herum.«
»Es geht nicht anders. Wie stehen wir denn da, wenn wir öffentlich eingestehen, für die Suche nach unseren Bildern Privatdetektive zu beauftragen? Und dann wird das Museum auch noch in eine Mordermittlung verstrickt. Wir stehen gerade mitten in Verhandlungen mit der Stadt um den Etat für die nächsten Jahre. Nicht auszudenken, was das für politische Folgen hätte, wenn dieser Auftrag an die Öffentlichkeit gerät. Dieses Museum ist ein Schatz und er weckt Begehrlichkeiten. So war das schon immer. Privatleute sammeln Kunst, vermachen sie der Stadt und die Stadt veräußert sie, um ihre Finanzlöcher zu stopfen. Dagegen kämpfen wir an, und in einen Skandal wie diesen hineingezogen zu werden, schwächt unsere Position.«
»Hier geht es nicht um einen Skandal, hier geht es um Mord. Verraten Sie mir wenigstens, wer Ihnen das Foto vererbt hat. Dann kann ich allein weitermachen.« Malven schaute den Detektiv überrascht an.
»Das wissen Sie doch!«
»Brock kannte den Namen, er hatte die Unterlagen.« Ein zufriedenes Grinsen machte sich zwischen den weißen Bartstoppeln breit.
»Es tut mir leid, da kann ich Ihnen nicht helfen.« Ein zweites Mal landete Marius’ Faust auf dem Tisch.
»Ob Ihnen das passt oder nicht, ich werde weitermachen. Ich werde herausfinden, wer Brock umgebracht hat. Darauf können Sie sich verlassen, und es ist mir egal, ob sich daraus für dieses Museum ein Skandal entwickelt oder nicht. Das ist mir scheißegal.« Wütend verließ Marius das Büro. Malven saß eine Minute still an seinem Schreibtisch. Schließlich griff er zum Telefon.
Marius trat aus dem Museum heraus auf den regennassen Rathausplatz, vor sich die Ausgrabungen der Mikwe, ein paar golden glänzende Blätter sammelten sich am Straßenrand. Der Detektiv wollte zum Hauptbahnhof, um von dort die Bahn zu nehmen. Doch er war noch nicht über den Platz gegangen, als er bemerkte, dass jemand hinter ihm herlief. Er drehte sich um und sah Alexander Hochkirchens Assistenten Merheimer auf sich zulaufen. Merheimer griff nach Marius’ Arm und hielt ihn fest.
»Herr Hochkirchen will Sie sehen.« Marius blickte auf Merheimers Hand, griff nach dem Handgelenk des Mannes und löste sich in aller Seelenruhe aus dem Griff, bevor er antwortete. Eigentlich war sein erster Impuls, die Aufforderung abzulehnen. Er tat sich schwer, andere über seinen Zeitplan bestimmen zu lassen. Eine der Eigenschaften, die er an Brock so schätzte, geschätzt hatte, war die große Freiheit, die er ihm gewährt hatte. Solange die Arbeit gemacht wurde, war ihm das Wo, Wie und Wann egal gewesen. Er wusste, dass er Hochkirchen wütend machen könnte, wenn er ›die Einladung‹ ablehnte, und dass er den treuen Merheimer vor echte Probleme stellen würde. Aber Marius war zu neugierig und brennend daran interessiert zu erfahren, was Hochkirchen von ihm wollte.
Merheimer brachte Marius zu einem schwarzen Mercedes, der abseits des Platzes auf einem eigentlich für die Stadt Köln reservierten Parkplatz stand. Er öffnete Marius die Tür von außen, dennoch wartete Marius, bis auch Merheimer in den Wagen eingestiegen war, bevor er sich setzte.
Ihre Fahrt führte sie vorbei an den nach dem Krieg errichteten Bausünden der Cäcilienstraße, weiter die Aachener Straße stadtauswärts, hinter Weiden bog Merheimer links ab und Marius verlor die Orientierung. Nach fast einer halben Stunde Fahrt hielt der Mercedes am Eingang eines Golfplatzes. Die beiden Männer hatten nahezu die ganze Fahrt über geschwiegen, da Marius’ Versuche, Merheimer in ein Gespräch zu verwickeln, Hochkirchens Adlatus mit konsequentem Schweigen abgeschmettert hatte.
Alexander Hochkirchen erwartete die beiden bereits, mit einem zweiten Mann stand er an einem Abschlag und beobachtete Merheimer und den Detektiv, wie sie über das nasse Grün zu ihm herüberliefen. Marius’ Füße zogen die klamme Nässe des Rasens förmlich an. Als Merheimer ihn bei seinem Boss abgeliefert hatte, zog er sich stumm zurück. Hochkirchens Golfpartner begleitete ihn.
»Schön, dass Sie kommen konnten. Das mit Ihrem Chef tut mir leid. Schreckliche Geschichte.« Auch wenn Marius Hochkirchen nicht wirklich mochte, entging ihm
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