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Kölner Kreuzigung

Kölner Kreuzigung

Titel: Kölner Kreuzigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Martensen.«
    »Gut, Herr Martensen. Was können Sie mir denn über Ihren Nachbarn, Herrn Brock, erzählen? Was war er für ein Mensch?«
    »Was er für ein Mensch war? So einer wie ich. Mit zwei Armen, zwei Beinen und einer Nase im Gesicht. Was dachten Sie denn?«
    »War er freundlich?« Der kleine Mann zuckte mit den Achseln.
    »Kann schon sein. Weiß nicht.«
    »Zu Ihnen?«
    »Ja … schwer zu sagen …« Es wurde immer unerträglicher. Gierig sog Paula Wagner die wenige frische Luft am Fenster ein, aber sie hatte das Gefühl, dass der Kontrast den Gestank nur noch intensiver werden ließ.
    »Vielleicht kennen Sie jemanden, der mir etwas über Herrn Brock erzählen kann?« Der Mann verharrte in seiner Haltung und schwieg einen Moment. Paula Wagner wartete, auch wenn sie am liebsten aus der Wohnung gerannt wäre, um tief Luft holen zu können.
    »Ponderosa«, sagte der Mann schließlich. Dann schwieg er wieder.
    »Ponderosa?« Der Mann nickte. Und schwieg. »Sie meinen die Ranch aus dem Fernsehen?«
    »Halten Sie mich für bescheuert? Nein! Ich meine die Kneipe. Da wo Brock immer hingeht. Auf der Venloer Straße! Pon-de-ro-sa!« Paula Wagner bedankte sich und stürmte auf die Straße hinaus. Draußen lehnte sie sich an die Wand und atmete dreimal tief durch, bevor sie die Straße überquerte und an der obersten Schelle im Haus 74 klingelte. In der Gegensprechanlage meldete sich eine junge Frauenstimme, Kinderlärm war im Hintergrund zu vernehmen. Nach einigem Hin und Her öffnete die Frau ihr die Tür. Das Gespräch verlief allerdings unergiebig. Die Frau hatte nichts beobachtet.
    »Wir schauen unseren Nachbarn nicht in die Fenster«, entgegnete sie auf Paulas Nachfragen empört.
     
    Weniger Skrupel hatten die Gäste der Kneipe Ponderosa, die Paula Wagner im Anschluss befragte. Die Kneipe wurde beherrscht von einer großen, an Gelsenkirchener Barock erinnernden Holztheke, die fast die Hälfte des Raumes ausmachte. Dahinter zapfte eine leicht überschminkte Blondine mittleren Alters Kölsch, zwischendrin legte sie Raucherpausen ein und plauderte mit der Handvoll Gäste, die allesamt an der Theke saßen. Die Tische im Hintergrund waren leer. Auf einem von ihnen stand ein Putzeimer und eine Flasche Reinigungsmittel. Noch bevor Paula Wagner ihren Ausweis hervorgeholt hatte, begrüßte sie die Kellnerin.
    »Jungens, die Polizei ist da.«
    »Gutes Auge.«
    »Schlechte Erfahrungen. Kölsch?«
    »Ein Wasser bitte.«
    »Ein dienstlicher Besuch also.«
    Paula Wagner nickte. »Nur ein paar Fragen.«
    »So fängt es immer an.«
    Paula Wagner drehte sich zu dem Mann um, der das gesagt hatte, ein kräftiger Kerl Mitte 30, etwas kleiner als sie, mit langen schwarzen Haaren. Er schaute zugleich offen und streitlustig drein.
    »Und wie geht es dann weiter? Ihrer Meinung nach?«
    Der Mann drehte sich zu seinen Saufkumpanen um. »Seht ihr, es geht schon los.« Die Männer lachten. Paula Wagner lächelte freundlich, die Kellnerin schob ihr das Glas Mineralwasser über den Tresen.
    Die Polizistin hatte lediglich Augen für den letzten Mann in der Reihe am Tresen. Als Einziger mied er Blickkontakt, saß zusammengesunken vor seinem Kölsch und lauerte förmlich auf jede ihrer Bewegungen. Wagner löste sich von der Theke und ging drei Schritte auf ihn zu. In diesem Augenblick rutschte der Mann von seinem Stuhl und versuchte, sich an ihr vorbei aus der Kneipe hinauszudrängen. Paula Wagner hatte damit gerechnet. Deswegen hatte sie sich mitten in den Gang gestellt, sodass der Mann sie beiseite schieben musste, um an ihr vorbeizukommen. Das reichte, um als Angriff auf eine Polizistin durchzugehen.
    Mit einem geübten Griff packte sie den Mann und drückte ihn mit dem Bauch fest an die Wand, seine Hände hielt sie auf seinem Rücken verdreht fest. Der Mann schrie kurz auf. Der Dicke mit den langen Haaren wollte sich einmischen und griff ihr an den Oberarm. Doch Paula Wagner reagierte lautstark und barsch.
    »Fassen Sie mich nicht an!« Meistens konnte sie sich auf die Kraft ihrer Stimme verlassen. So auch diesmal. Obwohl sie jedes Mal fürchtete, dass es ihr nicht mehr gelänge. Denn im Grunde hatte sie gegen die vier Männer keine Chance. Aber der Dicke ließ sich abschrecken, hob abwehrend die Hände und zog sich an die Theke zurück. »Wo soll es denn so schnell hingehen, mein Freund?«
    »Ich wollte nur mal an die frische Luft.«
    »Die Luft hier ist doch prima!« Das fand Paula Wagner tatsächlich. Sie hatte heute schon Schlimmeres

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