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Kölner Kreuzigung

Kölner Kreuzigung

Titel: Kölner Kreuzigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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allerdings war nicht mehr bereit, sich abspeisen zu lassen. Kurz ging ihm der Gedanke durch den Kopf, hier erneut auf seinen Angreifer aus dem Stollen zu treffen, aber er schob die Angst beiseite, blickte rechts und links die Straße herunter, auf der keine Menschenseele zu entdecken war. Selbst aus den Nachbarhäusern war dieses Tor kaum einsehbar. Alle lebten hier zurückgezogen und versteckt hinter Mauern oder hohen Hecken. In kaum eines der Grundstücke konnte man hineinsehen, was bedeutete, dass man aus den meisten Häusern auch nicht auf die Straße hinaussehen konnte.
    Marius kam das entgegen, er stellte einen Fuß auf die untere Querstrebe des Eisengitters, umklammerte mit beiden Händen zwei Gitter kurz unterhalb der mit Falschgold bemalten stilisierten Speerspitzen, die ihren Abschluss bildeten, und zog sich hoch. Sein Rücken und seine Arme schmerzten, eine Erinnerung daran, warum er hier war. Dann schwang er sich über das Tor und sprang auf der anderen Seite hinunter.
    Ein gepflasterter Weg führte in einer sanften Kurve durch einen schlichten, aber akkurat gepflegten Gartenpark zu einer alten, gedrungen und abweisend wirkenden Villa aus den 30er-Jahren. An der Haustür gab es neben einer weiteren Klingel auch einen schweren eisernen Klopfer auf der Tür.
    Marius pochte mit ihm mehrfach fordernd gegen das Holz, statt die Klingel zu benutzen. Hinter der Tür hörte er trippelnde Schritte, die Tür ging auf und eine blonde Frau um die 50 blickte zu Marius auf.
    »Ich möchte Hermann Hochkirchen sprechen.« Marius ließ die Förmlichkeiten beiseite, aber die Frau blieb kühl. Sie sprach mit einem osteuropäischen Akzent.
    »Wie sind Sie hier hereingekommen?«
    »Das Tor war offen.«
    »Sie lügen.« Bevor Marius antworten konnte, erklang eine Stimme aus dem Inneren des Hauses. Eine alte, kratzige Stimme, deren Schärfe den Privatdetektiv kurz zusammenzucken ließ.
    »Wer ist da, Elena?« Hinter der Frau konnte Marius die Silhouette eines Mannes im Rollstuhl erkennen. Bestimmend schob der Detektiv die Frau, die nur schwach protestierte, beiseite und ging hinein. Der alte Mann sah ihn aus wässrigen, blauen Augen feindselig an. »Wer sind Sie und was wollen Sie hier?«
    Wenn auch der körperliche Verfall Hermann Hochkirchens offensichtlich war, hatte er doch nichts von seiner inneren Stärke und Autorität eingebüßt. Marius musste an Lutz Heilburg denken, der sich von der Autorität des jungen Rittmeisters hatte überwältigen lassen. Spätestens jetzt verstand er den ehemaligen HJler. Hochkirchen war auch im Alter und in all seiner körperlichen Schwäche eine beeindruckende Erscheinung, Rollstuhl hin oder her. Beeindruckend und beängstigend.
    »Ich will mit Ihnen über Lutz Heilburg sprechen, über Josef Meingold oder besser Peter Ring, über zwei erschossene Soldaten in einem Straßengraben im Jahr 1943 und über dieses Bild.« Er hielt dem alten Mann eine Fotokopie des Gekreuzigten Christus hin, die dieser ihm fast wütend aus der Hand riss.
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wovon Sie sprechen.« Die Kopie hielt er fest mit seinen mageren, von Altersflecken übersäten Fingern umklammert und wandte sich seiner Betreuerin zu. »Elena, rufen Sie die Polizei!« Elena bewegte sich zum Telefon, einem alten Wählscheibenapparat am anderen Ende des Flurs. Marius ließ sie gewähren. Stattdessen hielt er Hochkirchen ein anderes Bild hin, die Fotografie des Zimmers, in dem Lochners Kreuzigung in den 60er-Jahren gehangen hatte.
    »Tun Sie das. Dann können wir gleich nachschauen, wo in diesem Haus sich dieser Raum befindet.«
    Der alte Mann betrachtete das Bild und hob leicht die Hand. Elena blieb einfach mitten im Raum stehen und wartete auf weitere Anweisungen.
    »Was wollen Sie? Geld?«
    Marius schüttelte den Kopf. »Antworten will ich.«
    Hochkirchen lachte höhnisch. »Die wollen wir alle.«
    »Aber ich werde sie bekommen.«
    Hochkirchens Augen glänzten vor Feindseligkeit. Marius nahm dem Patriarchen das Foto aus der Hand, ließ den alten Mann stehen, und machte sich auf die Suche nach dem Raum. Er war sich sicher, ihn in diesem großen Haus zu finden, das früher einmal Wohnsitz und Repräsentationsort einer reichen Familie gewesen war. Marius kam es aber mittlerweile vor wie ein Mausoleum, ein Mausoleum mit nur einem einzigen, lebendigen Bewohner, dem Patriarchen, dem letzten Bindeglied einer zerrütteten Familie.
    Im Untergeschoss wurde Marius fündig. Der Raum sah aus wie auf dem Foto, die

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