Kölner Kreuzigung
halb unter einem Mantel verdeckt von einem uniformierten Beamten in ein Polizeiauto verfrachtet wurde. Im Hintergrund konnte Marius die bekannte Leuchtreklame des Arabella-Clubs erkennen, den Eingang verließ gerade eine Gruppe Prostituierter in Begleitung mehrerer Beamter in Zivil. Der Detektiv erkannte die Schwarze, mit der er Hochkirchen in der Bar gesehen hatte. Er las den Artikel zu Ende, offenbar war der Stadtrat in eine Razzia geraten. Ob diese zufällig stattfand, als Walter Hochkirchen im Club war, bezweifelte Marius.
Am Ende des Artikels las er den Namen der Autorin und musste so laut lachen, dass er erschreckt zur Kenntnis nahm, dass er die Aufmerksamkeit mehrerer Fahrgäste erregte. Schnell duckte er sich wieder hinter seine Zeitung. Aber Alba N. Vettore war ein zu schöner Name.
Drei Stationen später stiegen die beiden Mädchen endlich aus, aus dem Augenwinkel hatte Marius den Eindruck, als würden sie ihn noch einmal anschauen und über ihn reden. Er konnte nur hoffen, dass sie ihn nicht erkannt hatten. Am Gürtel stieg er aus, mittlerweile dämmerte es, die Dunkelheit kam ihm entgegen, erleichterte sie es ihm doch, unerkannt zu bleiben. Dennoch hielt er den Blick auf dem Heimweg konsequent gesenkt.
Fast hätte er deshalb den unauffällig geparkten Ford Mondeo vor seinem Haus übersehen. Erst im Vorbeigehen registrierte er die beiden Männer, die in dem Wagen saßen und warteten. Ohne sich eine Reaktion anmerken zu lassen, ging er an seiner Haustür vorbei. Wohin jetzt? Er könnte versuchen, ins Büro zu gehen, aber er war sich ziemlich sicher, dass auch dort jemand auf ihn wartete.
Als er wenige Minuten später vor dem Büro ankam, bestätigte sich sein Verdacht. Auch hier hatte er Glück, niemand beachtete ihn, als er an den Polizisten vorbeiging. Nachdem er um die Ecke gebogen war, blieb er einen Augenblick stehen, atmete durch und überlegte. Er könnte versuchen, über einen anderen Hauseingang in den Innenhof seines Wohnblocks zu gelangen, und über die Mauern in den Hinterhof seines Hauses klettern. Dann könnte er sich durch die Hoftür ins Haus und in die Wohnung schleichen. Allerdings war sich Marius nicht sicher, ob die Polizei diese Möglichkeit in Betracht gezogen hatte. Obwohl er nicht wusste, wie sie den Hof überwachen wollten. Immerhin war es möglich, dass sich jemand im Hausflur aufhielt. Er verwarf den Plan, stattdessen ging er die Straße weiter und schellte ein paar Minuten später bei Friederike Brock.
Dass sie nicht sonderlich erfreut war, ihn zu sehen, hatte er nach seinem letzten Besuch erwartet. Aber er wusste beim besten Willen nicht, wo er sonst hätte hingehen können. Außerdem war er sich ziemlich sicher, dass Friederike ihn nicht bei der Polizei verpfeifen würde. Um einer Abfuhr vorzubeugen, hielt er die Zeitung neben sein Gesicht, als sie die Tür öffnete. Die Künstlerin würde sicher keinen von der Polizei und der Boulevardpresse Gejagten im Stich lassen.
»Hab ich schon gesehen«, war alles, was sie dazu sagte. Aber wenigstens ließ sie ihn herein. Sie machte ihm einen Tee, dann setzten sie sich an den ramponierten alten Resopal-Küchentisch. »Was willst du jetzt tun?«
»Ich werde weiter nach dem Mörder deines Vaters suchen. Was sonst?«
»Du könntest dich stellen. Immerhin bist du unschuldig, und auch wenn die Bullen doof sind, verknacken werden sie dich schon nicht.«
»Ich will’s nicht drauf ankommen lassen«, erwiderte Marius und trank aus der Tasse, die er mit beiden Händen umklammert hielt, um möglichst viel von der Wärme des Getränks aufzunehmen.
»Hier kannst du jedenfalls nicht bleiben.« Marius hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, mit welcher Deutlichkeit Friederike Brock ihre Standpunkte vertrat. Auch wenn sie darin sehr ihrem Vater ähnelte. Mehr als ihr vermutlich lieb war.
»Was ist mit dem Atelier?« Friederike überlegte einen Augenblick und zupfte an ihrem langärmeligen schwarzen Kleid.
»Da kannst du übernachten. Wenn dich das Michael Jackson-Imitat nicht stört«, fügte sie grinsend an. »Aber auch das ist keine Dauerlösung. Es sei denn, du wärst mit einem der Bauwagen zufrieden.«
»Das ist mir gleich. Ich brauch nur einen sicheren Platz, um ein paar Stunden zu schlafen. Verdammt!« Marius klopfte sich mit der Faust auf die Stirn, zuckte aber sofort zusammen, weil er seine Wunde aus dem Stollen getroffen hatte.
»Was ist los?«
»Ich brauch den Laptop.«
»Und?«
»Der steht im Büro. Da komme ich nicht
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